Um 18.39 kam der Regen …

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… aber da war schon alles fast vorbei. Eine schwere Unwetterwarnung bestand für den Tag und mehr als einmal ging ein hoffender Blick zum Himmel. Es hat genutzt – der Kunstmarkt der Generationen 2015 fand bei gutem Wetter, in schöner Stimmung und in der wunderbaren Atmosphäre des Schlossparks Lichterfelde statt. Nun bleiben noch die Erinnerungen …

Hey Anna, jetzt ist es schon einige Tage her, dass wir gemeinsam mit vielen, tollen Gästen, Freunden und Künstlern unseren „Kunstmarkt der Generationen 2015″ feierten und dauernd blitzen in mir die Erinnerungen an diesen zauberhaften Tag voller Kunst und Begegnungen auf. Schon allein wenn ich an die zig HelferInnen denke, die bereits am frühen Morgen – noch im Nieselregen – alles vorbereiteten.

Als ich gegen 9.00 Uhr ankam, war bereits dieses herrliche Gewusel der Künstler zu sehen, die an der Straße ihre Sachen auspackten und freudig in Richtung ihrer 100 Marktstände aufbrachen. Also, bei mir ging da so richtig die Vorfreude und sogar das Lampenfieber los.

kmdg_0001.03Hallo Basti, mir ging es genauso … ich war etwas früher dort und wollte gemütlich den Tag beginnen. Das war aber gar nicht mehr möglich, weil mich sofort die Stimmung und das Prickeln erfasste. Ich begann sofort meine Anmeldung aufzubauen und ehe ich mich versah, standen Künstler um Künstler vor mir. Die vielen Namen der E-Mail-Anmeldungen bekamen Gesichter – wie aufregend! Als dies geschafft war, konnten wir schon unsere Schirmherrin, die Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski, begrüßen, die unserer Sorge ums Wetter sehr sympathisch die Schärfe nahm. Und genauso sympathisch wurde ihre Begrüßungsansprache. Ihre Überleitung vom Breitensport zum Spitzensport bis hin zur Kunst fand ich sehr gelungen. Von den großen bezirklichen Kulturstätten Haus am Wannsee und der Galerie Schwartzsche Villa kam sie auf „unseren“ Kunstmarkt der Generationen und sagte: „Darüber hinaus gibt es jedoch sehr viele Kreative aus dem Bezirk, die nun hier einen Ort gefunden haben, um ihre Arbeiten anzubieten. Das wäre der „Breitensport“. Das Stadtteilzentrum Steglitz beweist mit diesem Markt, dass es seine Aufgabe als Nachbarschaftseinrichtung hervorragend erfüllt.“ Das hat mir sehr gefallen und ihr sicherlich der anschließende Besuch mit unserem Geschäftsführer Thomas Mampel über den Markt.

Wie hätte es ihr auch nicht gefallen können, Anna? Schließlich gab es an den Ständen über Malerei, Töpferhandwerk, Fotografie bis hin zu Digitalkunst oder auch Filzerei nahezu alles, was das Herz begehrt.

gemeinsamAuch deshalb bin ich so sehr stolz und glücklich darüber, dass ich auch wieder ein eigenes Graffiti-Bild beisteuern durfte. Zusammen mit den Werken der „Profis“ später versteigert zu werden, war eine riesen Auszeichnung für mich! Das eigentlich Besondere daran war und ist für mich aber dieser spezielle Austausch zwischen den Gästen und den Kunstschaffenden. Ich selbst habe – während ich mein Bild sprayte – mehrere, äußerst angenehme Gespräche mit interessierten Gästen führten können. Dies war ja auch unser Anliegen: Wir wollen Menschen mit Hilfe der Kunst einander näher bringen.

In der Zeit des Malens konnte ich selbst jedoch nicht so ausgiebig über den Markt schlendern, wie ich es vielleicht gewollt hätte. Deshalb freue ich mich auf deine ausführlichen Schilderungen vom bunten Markttreiben!

kmdg_0110Nun, Basti, dazu hatte ich ja reichlich Gelegenheit. Unter anderem mit den Belegen für die Standgebühr kam ich über den Tag verteilt an jeden Stand des Kunstmarktes. Und nicht nur an die Stände, auch ins Gespräch mit jedem teilnehmenden Künstler. Ungeachtet der sehr netten Gespräche hätte ich gerne mehrere Tage Zeit gehabt, um viel intensiver die Kunst zu bewundern, die sich mir schön dekoriert auf den Ständen anbot. Vornehmlich Bilder in allen Größen und Techniken, Kunsthandwerk von hochwertigen Lederarbeiten, Filzobjekten, Holzskulpturen, Papierobjekten und Schachteln, Papiermaché und Keramik, Schmuck in allen Varianten, Glaskunst … so sehenswert und vielseitig. Wunderbar, was Menschen mit Fantasie, Freude und Kreativität schaffen können. Alle Stände waren schön und bunt anzusehen und so manche Staffelei hat im Schlosspark eine besondere Stimmung gezaubert. Ich war begeistert. Wieder einmal.

kmdg_0073Zwei Stände möchte ich dennoch explizit erwähnen: Ein Stand gehörte dem KiJuNa, Kinder-, Jugend- und Nachbarschaftszentrum in der Osdorfer Straße. Tina Wagner präsentierte mit den Kindern der Einrichtungen u.a. gebastelte Blumen und Bilder. Ein richtiger Hingucker war ein türkisfarbenes gestrichenes Fahrrad, das mit Blumen bepflanzt jeden Vorgarten schmücken würde. So schön!

kmdg_0023Ein weiterer Stand wurde von Lena Maren belegt. Lena ist eine Flüchtlingsfrau aus Serbien. Das Stadtteilzentrum hatte sie eingeladen, ihr den Stand, eine Staffelei und Leinwände für diesen Tag zur Verfügung gestellt. Von den KollegInnen wurden Pastellkreide und andere Farben gesammelt und ihr geschenkt. So konnte auch sie, einen Tag unter Gleichgesinnten in einem für sie noch fremden Land erleben. Sie sah so glücklich aus! Es war klasse und durch die Stimmung unter den Besuchern und den wertvollen Gesprächen mit den KünstlerInnen, hatte ich einfach ein sehr gutes Gefühl! Was hast du an Aktionen, die weiter oben platziert waren, erlebt?

Hm, … klasse fand ich zum Beispiel die Bastelstände direkt am Gutshaus. Dort wurde – angeleitet von Kollegen des Stadtteilzentrums Steglitz aus der „Imme“, der 10. Integrierten Sekundarschule und des Schülerclubs „Memlinge“ – allerfeinste Recyclingkunst praktiziert. Aus alten Zeitungen wurden quietsch bunte Blümchen, Kinder wurden witzig bemalt und sogar alte Zweige erstrahlten bald in knallig bunten Farben. Schließlich wurden jene Kunstwerke dann sogar noch in dem „Kunst-Garten“ ausgestellt, der sich direkt in der Mitte des Parks befand und über den Tag verteilt immer vollständiger wurde. Ich selbst bin gelegentlich dorthin gegangen, um zu sehen, welche neuen Werke dort noch „gepflanzt“ wurden. Unsere kindlichen Gäste konnten sich schminken lassen, Kunstblumen herstellen, Filzen und Töpfe/Steine anmalen – Angebote von den KollegInnen der Kitas, die auch an den anderen Ständen geholfen haben. Schließlich wurde ja auch für das leibliche Wohl mit Cocktails, Grillwürstchen, Getränken und Kuchen gesorgt.

Während dessen begann ja schon das Bühnenprogramm. Ich kriege gar nicht mehr alles zusammen, was da geboten wurde. Ich kann mich jedenfalls noch sehr gut an den Qi-Gong-Meister erinnern, der so viele Menschen in seinen Bann zog. Kannst Du meiner Erinnerung vielleicht noch etwas auf die Sprünge helfen?

kmdg_0079Oh ja, kann ich: Begonnen hat das Programm mit den Damen der Kreistanzgruppe aus dem Gutshaus Lichterfelde. Deren Reigen lädt immer wieder zum Mitmachen und zu guter Laune ein. Wirklich empfehlenswert diese Gruppe! Dann, wie schon von dir erwähnt, Matthias Winnig und seine Kollegin mit der Qi Gong Vorführung. Ich staune immer wieder, wenn ich ihn sehe. Egal, ob Alltags im Schlosspark oder bei so einer großen Veranstaltung. Seine Bewegungen sehen immer anmutig aus und die Ruhe und Ausstrahlung fasziniert. So ähnlich auch bei den Tanzgruppen aus dem KiJuNa, den Mini Stars, Tanz-Zwergen und den Teenie Stars. Mit ihrer Tanzlehrerin Anjia beweisen sie immer wieder, dass Kinder Erwachsene in ihren Bann ziehen können und man sieht ihnen den Spaß an ihren Tänzen an. Schließlich durften wir alle noch dem „Gospelhouse“ lauschen – Mutter Sarah bot mit zwei Töchtern und Sohn eine wirklich imposante und mitreißende Show ihrer Sangeskunst! Klasse war auch die Vorführung unseren Kollegen Engin Vergili, der mit mehreren Kindern und Trommeln, Stimmung und Spaß in die Runde brachte. Sein Lachen und seine Lust an den Instrumenten übertrug sich sofort auf die Kinder und alle Umstehenden. Schließlich war ja die Versteigerung der von Künstlern gespendeten Bilder zugunsten der Kinder- und Jugendarbeit des Stadtteilzentrums an der Reihe. Aber obwohl ich die Ehre hatte, das erste Bild zu ersteigern, warst du hier näher am Geschehen. Wie hast du sie erlebt?

kmdg_0072Tja, liebe Anna, dass ich als Assistent direkt an der Auktion teilnehmen durfte, bei der fast zwanzig Exponate angeboten wurden, war für mich sicherlich eines der Highlights des Tages. Zusammen mit meinem Kollegen René gelang es, Bilder, die von einzelnen Künstlern dafür gespendet worden waren, für insgesamt über 800 Euro zu verkaufen. Dieser großartige Gesamterlös kommt nun – wie vorab den Künstlern und den Käufern versprochen – komplett der Kinder- und Jugendarbeit des Stadtteilzentrums Steglitz e.V. zugute. Ein Grund für diesen Erfolg ist sicherlich auch die ganz besondere Unterstützung durch unseren Geschäftsführer, Thomas Mampel, der zusammen mit dem Kollegen Andreas Oesinghaus dem interessierten Publikum jedes einzelne Kunstwerk vorführte und dabei aktiv um viele hohe Gebote warb. Nebenbei war dies dadurch wieder so ein Moment, wo Kunst Menschen einander näher brachte. Gern hätte ich bei dem ein oder anderen Werk mitgeboten. Als Co-Auktionator habe ich das jedoch lieber unterlassen. Wie erging es dir dabei?

Nun, ich ging insgesamt mit vier Bildern aus Verkauf und Versteigerung nach Hause. Aber nicht nur das. In meinem Kopf liefen viele Bilder des Tages Revue: Das Regal mit den, von den Künstlern, gespendeten Kuchen. Einer sah leckerer als der andere aus und über den Tag verteilt haben sie alle Marktbesucher erfreut. Auch dieser Erlös kommt nun der Kinder- und Jugendarbeit zugute, wofür wir uns wirklich sehr bedanken! Zudem hatte ich immer wieder die KollegInnen im Kopf, die uns den ganzen Tag über ehrenamtlich geholfen haben. Das war zum Teil recht anstrengend, aber von dem Zusammenhalt und dem schönen „Wir-schaffen-das-gemeinsam!“-Gefühl getragen. Und letztendlich die Gesichter, der KollegInnen, die diesen Markt mitorganisiert hatten. Ich sah Zufriedenheit und Glück … und ich gebe zu bedenken: Trotz Unwetterwarnung, hatte es den ganzen Tag noch nicht geregnet. Wie hast du das Ende des Kunstmarktes erlebt?

Ich hab’s genauso gesehen! Allerdings hatte ich eben auch selbst ein Dauergrinsen von einem Ohr zum Anderen. Dankende Künstler, die sich „bis zum nächsten Mal“ verabschiedeten, Kolleginnen, die mit echter Freude im Gesicht den ganzen Tag an allen Ecken und Enden helfen und schließlich das gemeinsame Kaltgetränk, als das Aufräumen geschafft war und ein kleiner Kreis von Organisatoren und Helfern sich auf der Terrasse des Gutshauses versammelte. In diesem Moment fiel bei mir die gesamte Aufregung ab. Mit jener fielen dann auch die letzten großen Tropfen zu Boden, die Petrus – offenbar auch ein Kunstfreund – in Form eines heftigen Platzregens extra und allen Prognosen zum Trotz an das Ende des Tages gelegt hatte. Noch heute bekomme ich täglich neue Fotos zu sehen, die die zauberhafte Erinnerung an den „Kunstmarkt der Generationen 2015“ noch sehr lange bei mir wach und lebendig halten werden.

KmdG_logo_original2014_webMittlerweile können wir ja dann schon bald von einer Tradition sprechen, wenn es auch im nächsten Jahr heißen wird: „Hiermit eröffnen wir den Kunstmarkt der Generationen 2016.“ Du hast doch da bestimmt schon sämtliche, brand heißen aktuellen Informationen. Ich freue mich jedenfalls schon tierisch darauf, denn „Nach dem Kunstmarkt ist“ – zum Glück auch – „vor dem Kunstmarkt!“

Bis bald und ganz liebe Grüße,

Dein Basti

Weißt du, ich habe in den vergangenen Tagen so viele schöne Rückmeldungen von den TeilnehmerInnen bekommen. Alle haben eins gemeinsam: „Ich würde mich sehr freuen, im nächsten Jahr wieder dabei zu sein!“. Der Termin für den 3. Kunstmarkt der Generationen steht fest. Es wird der 25. Juni 2016, wieder von 11.00 – 19.00 Uhr sein. Bis dahin werden wir ein paar Mal zusammensitzen, planen und organisieren, natürlich auch überdenken, was wir als Anregungen von TeilnehmerInnen und Gästen mit auf den Weg bekommen haben. Und wenn alle so toll, wie in diesem Jahr mitmachen – dann wird es wieder wunderbar!

Mitgemacht haben: Das Wetter – um 18.39 Uhr erst kam der Regen – Optimismus zahlt sich aus!  🙂 Das Grünflächenamt Steglitz-Zehlendorf, das uns u.a. großartig durch verschiedenste Parkarbeiten im Vorfeld unterstützt hat. Frau Richter-Kotowski mit einer wunderbaren Eröffnung. Der Marktstandaufsteller durch unkonventionellen und verlässlichen Einsatz. 98 KünstlerInnen mit ihren tollen Werken. (99 und 100 waren leider kurzfristig wegen Krankheit verhindert).

Mitorganisiert haben: Veronika Mampel als Arbeitsbereichsleiterin der nachbarschafts- und generationsübergreifenden Arbeit. Manuela Kolinski, Projektleiterin des Gutshaus Lichterfelde. Melanie Zimmermann, Projektleiterin der Kita Schlosskobolde. Renè Stürkat, Projektleiter des Schülerclub Memlinge. Katharina Zehner, EFöB an der 10. ISS.

Und wir beide!  🙂 Bis zum nächsten Jahr

Sebastian Unger, Projektleiter der EFöB an der 10. ISS und
Anna Schmidt, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Wir bedanken uns sehr herzlich bei Jörg Backes, Projektleiter des Kinder- und Jugendhaus Immenweg für den schönen Film über den Kunstmarkt der Generationen 2015 und bei Werner Luff, Projektleiter Kita Lankwitzer Maltinis, Feza Guschke, Projekleiterin Kita Lichterfelder Strolche und Roman Tismer, Netti 2.0 für die schönen Fotografien des Tages.

Ein „Fest der Nachbarn“ von Nachbarn für Nachbarn

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Es gibt viele Gründe, warum sich Menschen in ihrem Wohnumfeld wohl fühlen, auch in einer großen Stadt. Es kann die schöne Lage der Wohnung sein, die gute Anbindung im Stadtgefüge oder eine schöne Lage mit angrenzenden Grünflächen. Manche schätzen einen kinderfreundlichen Kiez, andere wiederum gute Einkaufs- oder Freizeitmöglichkeiten. Völlig unabhängig, was jeder für sich selber als Wohlfühlfaktor im Kiez definiert, kann der Grund ganz einfach sein: Der Nachbar ist bekannt, hat einen Namen und mit der Zeit trifft man bekannte Gesichter, kann Grüßen und nette Gespräche führen. Es gibt viele Möglichkeiten nette Nachbarn kennenzulernen. Eine davon ist das „Fest der Nachbarn“, das in allen Berliner Bezirken neben vielen anderen, am 29. Mai zum zweiten Mal auf dem Ludwig-Beck-Platz in Lichterfelde gefeiert wurde.

Am Runden Tisch in Lichterfelde-West entstand die Idee auch in diesem Jahr auf dem Platz ein Fest zu feiern. Das Fest vom letzten September war allen Beteiligten noch in schöner Erinnerung geblieben. Bei der Terminsuche bot sich das Fest der Nachbarn, der European Neighbours Day, an. Das europaweit gefeierte Fest steht unter der Schirmherrschaft des Europäischen Parlaments, erfreut sich jährlich steigender Beliebtheit und wird seit 2012 durch den Verband für sozial-kulturelle Arbeit in Berlin koordiniert. Gründe genug sich zu beteiligen und unter Organisation und Koordination des Stadtteilzentrum Steglitz e.V. wurde schließlich fleißig geplant und organisiert. Es sollte ein Fest werden, bei dem sich Vereine, Einrichtungen, Einzelhändler, Organisationen … alle die im Kiez eine Rolle erfüllen, vorstellen, präsentieren und mit den Nachbarn ins Gespräch kommen möchten. 20 Marktstände wurden bestellt, die sehr schnell vergeben waren, Plakate und Handzettel verteilt und Aktionen für alle Generationen vorbereitet. Bald stand nur noch eins im Raum: Gutes Wetter bestellen und die Vorfreude!

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Vorfreude war das hauptsächliche Gefühl, das allen anzumerken war, die am Festtag ihre Stände schmücken. Das Wetter versprach einen regenfreien Nachmittag und pünktlich um 16.00 Uhr eröffnete Manuela Kolinski vom Stadtteilzentrum Steglitz e.V. die Feierlichkeit. Nicht nur die Stände luden zu Information, Gespräch und Austausch ein, daneben versprach ein Ablaufplan viel Abwechslung für Augen und Ohren. Zwischen den Darbietungen verschiedener Gruppen konnten sich die teilnehmenden Stände mit ihren Anliegen vorstellen, was von den meisten auch gerne in Anspruch genommen wurde.

Die Kreistanzgruppe aus dem Gutshaus Lichterfelde machten mit mehreren Tänzen den Anfang. Mit rhythmischen Bewegungen brachten sie das Publikum sofort in die richtige Stimmung. Da konnte kaum ein Fuß stillhalten und begeistertes Klatschen begleitete die Bewegungen und Lieder der Damen. Auch eine Zugabe wurde gefordert und schließlich luden die Tänzerinnen alle ein doch mitzumachen. Das machten auch viele – von Kindern, Eltern und vielen Senioren begleitet, fuhr selbst eine Rollstuhlfahrerin die getanzten Runden mit im Kreis. Da fällt es nicht schwer, sich das Lachen und die Stimmung auf dem kleinen Platz vorzustellen, oder?

Die Tanzmäuse aus dem KiJuNa, Kinder-, Jugend- und Nachbarschaftszentrum in der Osdorfer Straße, zeigten ebenso ihr Können, das sie seit vielen Jahren mit ihrer Tanzlehrerin Anjia gerne bei solchen Festen zeigen. Matthias Winnig ließ die Gäste bei einer Qi Gong Vorführung staunen. Die Mädchengruppe aus der Jugendfreizeiteinrichtung Albrecht Dürer in der Memlingstraße zeigten, mit was für modernen Tänzen Jugendliche ihr Publikum begeistern können. Das Zentrum für Yoga ließ wieder Staunen und zeigte Bewegungen, die kaum jemand ohne gute Anleitung und Übung zustande bringt, aber die richtige Adresse dafür war ja am Ort. Zu guter Letzt zeigte der Bläserkreis der Paulusgemeinde einen schönen Ausschnitt aus seinem Repertoire. Alles in allem, von den Vorstellungen der Teilnehmenden in eigener Sache eingerahmt, ein sehr abwechslungsreicher Nachmittag, der das Publikum bis zum Ende auf dem Fest begeisterte.

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Information, Gespräch und Austausch, den Nachbarn kennenlernen – sich mit dem Händler, den Gemeindemitgliedern, dem Seniorenservice oder den MitarbeiterInnen des Schülerclubs einmal ungezwungen unterhalten, war ein großes Anliegen des Festes. An jedem Stand fanden gute Gespräche statt. Interessante Fragen konnten beantwortet werden, Tipps gegeben, Verabredungen getroffen werden. Kennenlernen, Gesicht zeigen, Barrieren abbauen und zeigen, dass ein Kiez durch Geschichten, durch Miteinander, gegenseitigen Ergänzungen und Unterstützungen lebenswert wird, das war ein sehr gelungenes Unterfangen an diesem Nachmittag. Eine Malerin aus dem Einwohnerheim in der Klingsorstraße zeigte am ganzen Nachmittag ihr Talent und lud zahlreiche Kinder ein, es ihr gleich zu tun. Die Sozialarbeiterin aus der Flüchtlingseinrichtung gab Informationen und, wo notwendig, die Übersetzungen dazu. Und gerade alle Kinder, ganz gleich woher, zeigten in ihrer Mischung, dass sie egal ob bei Malen, Schminken, Tanzen oder Luftballon fliegen lassen, alle den gleichen Spaß hatten.

Wir sind uns sicher, die Nachbarn und Gäste dieses Festes grüßen einander, wenn sie sich wiedersehen. Die Teilnehmer der Stände zeigten sich sehr zufrieden und uns hat es ganz einfach richtig viel Spaß gemacht! An Spenden kamen 330 Euro zusammen, die einem Zweck der Kinder- und Jugendhilfe zugute kommen, der noch bestimmt wird. Also aufgepasst, wenn wir auch 2016 wieder zum Fest der Nachbarn einladen. Bis dahin wollen Sie vielleicht gar nicht so lange warten. Müssen Sie auch nicht … wir freuen uns über jeden Nachbarn, der Lust hat am Runden Tisch in Lichterfelde-West mitzureden.

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Fest der Nachbarn Teilnehmer 2015:
JFE Albrecht Dürer, Schülerclub Memlinge, Netti 2.0, Seniorenresidenz Bürgerpark, Die Piraten, SPD, CDU, Qi Gong – M. Winnig, Mrs. Sporty, ev. Paulus Gemeinde, Familienzentrum der Paulus Gemeinde, ADFC, Radfahrclub Lichterfelde, Senioren Service Peschke/Pasedach, HIBUDA, Runder Tisch Lichterfelde-West, Stadtteilzentrum Steglitz e.V., Jung fragt Alt e.V., Wohnheim Klingsorstraße, ImZentrumSein – Joga + Ernährungsberatung, Heimatverein Steglitz.

Termine Runder Tisch Lichterfelde-West 2015:
16.6.15, 8.9.15, 20.10.15 + 1.12.15, Info Manuela Kolinski, Telefon 030 84 41 10 40

Leitartikel der Homepage des Stadtteilzentrum Steglitz e.V.
vom 11. Juni 2015

Es ist jedes Jahr das gleiche …

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Es fängt immer ganz unscheinbar an. Um die Weihnachtzeit ist es noch ruhig, weil alle glückselig die Harmonie der Feiertage genießen. Im Januar haben alle den Kopf voll mit Jetzt-wird-alles-anders-und-besser-Plänen und wenn man dann realisiert hat, dass der Alltag ja doch der gleiche wie vorher ist, geht’s langsam und schleichend los … nur noch Motzerei über zu kaltes, zu graues, zu dunkles Wetter. Als ob keiner mehr eine gescheite Jacke, Handschuhe und Schal hat und keiner mehr gemütliches Kerzenlicht zu schätzen weiß. Alle haben vergessen, wie wir letztes Jahr über die Hitze gestöhnt haben und die Sonnenanbeter kommen früher auf den Plan als es überhaupt einen Sinn hat!

Egal wo man ist, schleichen sich in die Gespräche die Sehnsüchte nach schönem Wetter ein. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht über die Wettervorhersage gesprochen wird oder die Wetter-App auf dem Smartphone flehentlich untersucht wird, ob nicht doch ein paar Grad wärmeres Wetter angesagt wird. Die Netzwerke sind voll mit „Winter – wir haben genug von dir!“ Sprüchen und der ein oder andere kramt in alten Fotoalben und postet vergangene Frühjahrsbilder aus dem Vorjahr. Ein Gänseblümchen beispielsweise, das die Gemeinde verzückt liked, als ob alle vergessen haben, wie es aussieht. Und wehe, wenn irgendjemand im Februar (viel zu früh) eine Knospe entdeckt – dann kommen gleich die „Wir haben es bald geschafft“-Jünger und predigen den Jungbrunnen ähnlichen Frühling.

Mal ehrlich. Wenn ich im Winter schlafen will und das heldenhaft natürlich mit offenem Fenster – ist Ruhe. Ein paar Monate später … schlafen, offenes Fenster, vier Uhr morgens – ein netter Piepmatz meint es ist Zeit für sein Morgenlied. Er trällert fröhlich und – hartnäckig – bis sein Kumpel vom nächsten Ast endlich antwortet. Fünf Uhr morgens … die Vogelgemeinde ist wach – und ich auch. Ich nehme mir allmorgendlich vor, endlich eine Packung Oropax zu kaufen, was ich natürlich immer wieder vergesse, oder erwäge ernsthaft unsere Katze auf dem Ast zu domestizieren.

Schuhwerk. Im Winter brauche ich dicke, warme Schuhe – ein oder zwei Paar. Gedeckte Farben, braun oder schwarz, völlig ausreichend. Möglichst wasserabweisend und schon bin ich bestens ausgerüstet. Die Erde ist gefroren und wenn es kalt genug ist gibt’s auch keine Matsche. Tierische Hinterlassenschaften sind leicht erkennbar und so hart, dass es keine Probleme gibt – alles schick. Ein paar Monate später … fängt das Problem schon am Kleiderschrank an und das nicht nur bei den Damen. Die Welt wird bunt und natürlich muss das Kleid/der Anzug zur neuen Sandale oder dem schicken Sneaker passen. Viele Damen beginnen den „Ich habe die glattesten, nackten und längsten Beine“ Wettlauf schon im März, wenn der gemütliche Normalbürger noch überlegt, ob sich die Anschaffung der Naturbaumwoll-Strumpfhose in diesem Jahr noch rentiert. Und mal Hand-aufs-Herz … wer braucht die jährliche Diskussion mit den Kindern, dass im März Flipp-Flopps und bauchfrei noch lange nicht angesagt sind.

Regelmäßig und spätestens im April werden wir sehr nett daran erinnert, dass die nächste Diät in Betracht zu ziehen ist. Natürlich nicht, weil wir zu dick sind, sondern weil die neuste Sommer-Bikinimode viel zu figurbetont geschneidert ist. Wer dem Diätendruck entgehen will hat eigentlich nur die Möglichkeit, sich aus allen Netzwerken abzumelden, Zeitungsläden zu meiden und Gruppierungen von mehr als zwei Personen zu umgehen. Wer das nicht kann, wird unweigerlich mit der neusten Methode konfrontiert, wie man 10 Kilo in drei Tagen verliert. Oder greift freiwillig zur Nulldiät, wenn er eben dieses neuste Bikinimodel in der Ankleidegarderobe im Spiegel von vorne, hinten, rechts und links betrachtet hat – Träger inbegriffen. DAS ist im Winter leichter … eine Hose, ein Pullover (zwei Nummern größer) und ein größenverstellbarer Gürtel … der Kühlschrank darf gefüllt sein. Zudem wird unser Blick in der kalten Jahreszeit von Graue-Socke-tragenden-Sandalenträgern oder 100%-Polyamid-Kittel-Trägerinnen verschont.

Und wer braucht einen Sonnenbrand? Reicht im Winter eine einfache Feuchtigkeitscreme, muss im Sommer teure, mittlerweile mindestens Faktor 50, Sonnencreme gekauft werden. Und nicht nur dies … nachdem wir alle Berichte über sonnenbedingte Hautkrankheiten verdaut haben, kommen die Berichterstattungen über Zecken und Mücken an die Reihe. Die neusten Produkte gegen Juckreiz werden vorgestellt und spätestens im Herbst haben wir wieder festgestellt, dass die gute alte halbe Zwiebel doch das beste Hilfsmittel ist.

… das sollte nun wohl reichen um die Lust auf Frühling/Sommer zu vermiesen, oder? Tut’s aber nicht.

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Zu viel Gartenarbeit, klebriges Eis, zu viele Fahrradfahrer oder überfüllte Wasserflächen – könnte ich auch noch auf’s Korn nehmen. Aber – Ich selber gehöre zu den Ersten, die schon im Januar im Garten Ausschau halten, ob sich ein gelber Winterling (ein Blümchen) aus der Erde drückt. Ich würde eher das Datum meines Geburtstages vergessen als den Frühlingsanfang verpassen. Selbst die Zeitumstellung, die ich eigentlich nicht mag, sehne ich herbei, ist sie doch unweigerlich der Einstieg in die hellere Jahreszeit. Ich freue mich ungemein über die Vogellieder, auf die Geräusche in den Gärten an den langen warmen Sommerabenden, auf die morgendliche Kaffeetasse auf der Terrasse und nerve meine Facebook-Freunde mit Blumenbildern in allen Variationen. Im Sommer habe ich um 18.00 Uhr das Gefühl „Was stelle ich jetzt noch an“, wenn ich zur gleichen Uhrzeit im Winter schon überlege, wo die Bettlektüre liegt. Die Vorfreude auf Sommerfeste, die jetzt schon geplant werden und Spaziergänge ohne dicke Jacke und Schirm, ist da.

Es wird endlich Frühling und Sommer – ich freue mich auf lachende Gesichter. Die Menschen wirken freier, fröhlicher und es hat den Anschein, als dass alle mehr Zeit haben. Parks und Plätze sind belebt und es wird bunt um uns herum. Trockenes Geäst wird mit einem leichten Hauch von grüner Farbe überzogen. Wir brauchen die Sonne um aufzutanken. Die Mückenstiche nehme ich gerne in Kauf und eine Diät mache ich sowieso nicht. Wetter-Apps habe ich, glaube ich, vier auf dem Handy und glaube immer der, die mir das gefälligste gute Wetter vorher sagt.

Es ist jedes Jahr das gleiche mit mir … ich freue mich auf den Frühling.

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Was ist „Alt“?

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Wir saßen in einer fröhlichen Runde in einem Restaurant und waren mit verschiedenen Themen beschäftigt, die wir sehr spaßig durchsprachen. Bis die Frage aufkam, was eigentlich „Alt“ ist. Da wurden die Gesichter plötzlich ziemlich ernst. Wer fällt nun in das Muster, schienen die Gesichter zu fragen – die Altersspanne der Runde lag zwischen geschätzten Mitte 30 bis Anfang 60 – alle Jahrzehnte vertreten. Ich habe mal frech behauptet, dass „Alt“ eine Sache des Kopfes ist und relativ früh anfangen kann. Das, weil ich Menschen kenne, jünger als ich, die ich aber schon als sehr alt empfinde. Wirklich wissen tue ich nicht, wie sich Alter definiert. Wie komme ich dem also nun näher? Eine Definition muss her. Deshalb: Google ist mein Freund – ich gebe „definition alt“ ein (Google interessiert sich nicht für Groß- und Kleinschreibung) und bekomme 67.200.000 Einträge. Dafür habe ich keine Zeit. Also versuche ich mal aus dem Bauch raus das Thema zu beleuchten und meine „Altersweisheit“ zu Rate zu ziehen.

„Alt“ werden wir wohl immer nach der eigenen Jahreszahl, dem persönlichen Standpunkt und beruflichen Hintergrund definieren. Ich weiß noch genau, dass ich mit 18 Jahren meine Eltern als ganz schön alt empfand. Meine Mutter war damals 38 Jahre alt. Aus heutiger Sicht – mit 38 Jahren hatte ich gerade mal zwei kleine Kinder – ist 38 Jahre so richtig volle Kanne mittendrin. Mir war erst ziemlich spät klar, dass ich mit sehr jungen Eltern gesegnet war. Heute stehe ich manchmal da und denke bei manchen Leuten: „Die sind ja noch ganz schön jung.“ Das hat aber weniger mit ihrem Alter als eher mit ihrem Verhalten zu tun. Wenn sich mal wieder ein eigener Geburtstag nähert, staune ich tatsächlich darüber wie viele Jahre ich schon geschafft habe und mich trotzdem noch so jung fühlen kann. Wie jung es sich in meinem Kopf anfühlt, kann ja keiner von außen sehen. Zugegeben, manchmal stehe ich morgens auf und ohne Kaffee in der Hand, fühle ich mich mindestens 30 Jahre zu alt – manchmal. Zum Glück nicht oft – das überwiegende Morgens-Gefühl ist Neugierde auf den Tag – das fühlt sich ziemlich jung an.

Aus Sicht der Soziologie werde ich mir in Bezug auf das Alter wohl die Frage stellen, welche Rolle ich in der Gesellschaft erfülle. Bin ich noch in der Entwicklung oder am Anfang des Arbeitsprozesses, bin ich jung. Trage ich Verantwortung, im Beruf oder für Kinder/Familie, habe ich eine tragende Rolle, bin also im „besten“ Alter. Gebe ich Verantwortung ab, die Kinder wachsen aus dem Haus heraus, junge Kräfte wachsen im Arbeitsprozess nach, bin ich auf dem Weg ins Alter. Der Biologe schaut sich den Körper an und fragt nach dessen Leistungsfähigkeit oder beginnenden Abbauerscheinungen. Der Psychologe macht alles am Zustand der Psyche fest – ein sehr komplexer und umfassender Bereich.

Der beste Gradmesser für das eigene Alter ist wohl das Selbstempfinden, auch wenn das durch die Sicht der anderen empfindlich gestört werden oder manchmal sogar peinlich werden kann. Ich selbst empfinde mich also noch als ganz schön jung … bis im Bus ein netter junger Mann für mich aufsteht und fragt, ob ich mich setzen möchte. Zwischen Rührung (Er nimmt auf mich persönlich Rücksicht) und Entsetzen (Wie kommt der denn da drauf – als ob ich so aussehe), lehne ich natürlich dankend ab. Natürlich empfinde ich ein gewisses Alter, durch das ich mich aber noch lange nicht alt fühle, sondern es genießen kann. Ich weiß heute zum Beispiel, was ich nicht mehr will. Da gibt’s eine ganze Menge Sachen … habe ich alles ausprobiert – muss nicht mehr sein. Ich weiß, dass ich mich nicht mehr beweisen muss – vor anderen – vor mir selber schon, aber das ist eine andere Geschichte. Ich weiß, was ich unbedingt noch machen oder erleben möchte – das ziemlich bewusst und als Antriebsfeder. Und ich weiß, welche Menschen mir gut tun und welche nicht. Und tatsächlich bin ich auch auf dem Weg „Nein“ sagen zu lernen – dafür musste ich allerdings ganz schön alt werden. Also hängt alt sein eigentlich von der jeweiligen Sache und meiner Tagesform ab – aus meiner Sicht.

Der Körper freilich lässt unser Alter nicht leugnen. Ich bewundere Bilder von superfitten Senioren, die in Fitness-Studios locker mithalten können mit allen, die unter 25 Jahre alt sind. Aber das ist Werbung, die uns genauso ein falsches Bild vermitteln möchte, wie das der ständig superschlanken Frauen. Gehen wir in ein Bildarchiv und geben das Wort „Alt“ ein, strahlen uns zu 95 Prozent Bilder mit lachenden Alten an. Selbst auf Krankenhausbildern oder wo Omas gefüttert werden – die lachen alle. Eigentlich müsste das was richtig schönes sein, so wie die sich alle freuen. Tja, nur will keiner so alt sein. Die Realität sieht  dann doch anders aus und ich behaupte mal, dass derjenige ein Lügner ist, der mit 50 Jahren noch kein Zipperlein an sich entdeckt hat. Im Alter scheiden sich die Geister in diejenigen, die immer mehr und teurere Schönheitscremes brauchen und diejenigen, die tapfer jede Falte als Trophäe sammeln. In diejenigen, die heroisch zur kurzgeschorenen, offenen Frisur stehen, weil einfach keine Haare mehr da sind oder diejenigen, die jedes, aber auch jedes Haarwässerchen ausprobieren und Strähnchen hoch toupieren und pflegen. Es gibt definitiv keinen Jungbrunnen nach dem die Menschheit seit Jahrhunderten sucht – oder war’s der Gral? Na gut … vielleicht gibt’s dafür ja irgendwann einmal eine App.

Die Jugend und die Gesellschaft sind diejenigen, die uns erbarmungslos unsere Altersgrenzen aus ihrer Sicht aufzeigen. Wenn ich meine Kinder auffordere, dass sie mal wieder deutsch mit mir sprechen sollen, bedeutet das, ich verstehe ihre Jugendsprache nicht. Besonders allergisch reagiere ich auf: „Ey, alter!“ was so ziemlich einem konstanten Satzende bei ihnen gleich kommt. Sobald ich ein Wort in ihrer Sprache gelernt habe, kommt ein „Mama, das ist peinlich.“ Pfff … was denn nun? Fangen wir „Alten“ an „chillen“ in unseren Wortschatz aufzunehmen, sagt das schon kein Jugendlicher unter 20 mehr. Man will sich ja abgrenzen … Tja, und die Gesellschaft – die ist nicht viel besser als die Jugendlichen – die grenzt uns Ältere ab. Ich lese von Angeboten „50+“, Senioren-Bonus-Heften, Seniorenresidenz, Freizeit-Angebote speziell am Vormittag … Die Wirtschaft hat uns als zahlungskräftiges Potential – allerdings nur im Freizeit- und Pflegebereich entdeckt. Hallo? Und seien wir ehrlich, ab dem gesegneten Alter von 40 Jahren müssen wir bei einem Wechsel der Arbeitsstelle entweder verbeamtet sein, in irgendeinem Aufsichtsrat sitzen und Millionen verdienen oder mindestens eine wichtige Fähigkeit haben, damit das klappt. Das Potential und die Erfahrung der Normalbürger zu nutzen, hat unsere Wirtschaft noch nicht verstanden. Normalbürger schicken wir lieber in Rente, sonst werden sie zu teuer und Rente zahlen ja unsere Kinder – wie auch immer sie das einmal machen werden.

Bei allen Überlegungen über das Alter komme ich zu der Überzeugung, dass ich dennoch eines nicht will: Noch einmal Jung sein und alle Erfahrungen, die ich heute habe, noch einmal machen müssen. So wie es ist, ist es auch gut. Ich fühle mich im „besten“ Alter, aller Zipperlein und schönen Erinnerungen zum Trotz. Alt sein bleibt für mich eine Frage des Kopfes. Wenn ich den Kopf kein Futter mehr gebe, wird das auch nix mit der fitten Alten. Krampfhaft jung bleiben wollen funktioniert nicht. Wenn ich aufgebe – mich für nichts mehr interessiere – mich von nichts mehr begeistern lasse und nur noch von negativen Dingen beeinflussen lasse. Wenn ich mich über die Jugend aufrege und früher alles viel besser fand – wenn ich jeden Tag damit beschäftigt bin, mir selber leid zu tun und die Schuld meines Dilemmas bei anderen vorgeschobenen Dingen suche – dann bin ich alt. Möge dieser Tag nie kommen! Und wenn mich andere als alt empfinden, dann möchte ich die Persönlichkeit haben, das mit Würde – und ganz  besonders mit Humor – zu tragen und hoffe, dass meine Erfahrungen für Jüngere zum Nutzen sind. Alt werden kann ziemlich entspannend, schön und lustig sein. Alt sein – auch!
 

Ein Euro

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Berlin ist riesengroß. Wenn man sich in dieser großen Stadt bewegen will, kommt man selbst als Autofahrer nicht drumrum, ab und zu mit der U-Bahn zu fahren. Auf den Bahnsteigen ist es meistens recht voll, wenn man nicht gerade spät fährt. Fährt die U-Bahn ein, achtet jeder auf sich selber, damit er einen guten Sitzplatz bekommt oder bequem an einer Wand stehen kann. Es beginnt die monotone Fahrt – man hängt seinen Gedanken nach, hört Musik, liest oder unterhält sich mit einem Partner. Im nächsten U-Bahnhof gehen die Türen auf, Leute steigen ein und aus, die Türen schließen sich und weiter geht es – dem Ziel entgegen.

Es ist „fast“ immer gleich. Manchmal gehen die Türen auf, Leute steigen ein und schon bevor die Tür wieder geschlossen ist, erhebt ein Mensch die Stimme. Wir sehen erschreckt hoch, versuchen zu erfassen, wer dort so mutig ist und kaum haben wir es erkannt, sehen wir auch schon wieder weg, nur um bloß nicht in Sichtkontakt des Sprechers zu kommen. Der Mensch, der dort steht, erzählt von seinen Lebensumständen, in Kurzform, und bittet um eine kleine Spende – um ein paar Cent, um das was wir übrig haben – nur eine Kleinigkeit. Betretenes Schweigen im Wagen. Die Fahrgäste versuchen unbeteiligt und verschämt zur Seite zu sehen, beobachten verstohlen, ob der Nebensitzer in seinen Geldbeutel schaut, versuchen unauffällig mitzubekommen auf welcher Höhe des Wagens der Spendensucher ist. Atmen auf, wenn er vorbeigegangen ist.

Auch der Spendensucher ist verschämt, geht meistens sehr rasch durch den Wagen. Bemüht sich schnell zu erfassen, ob sich ihm eine Hand mit ein paar Cent entgegenstreckt und versucht bis zum nächsten Bahnhof am anderen Ende des Wagens zu sein. So, dass er nicht warten muss. Nicht in die neugierigen Gesichter der Fahrgäste schauen muss, die wortlos fragen „Was hast du angestellt, dass du so tief unten gelandet bist!“ Manchmal kommen zwei Menschen in den Waggon, die zum Beispiel etwas Musik machen, manchmal haben sie eine Zeitung in der Hand … immer ist deutlich, dass sie nichts haben, Hilfe in Form von ein paar Cent erhoffen.

Wir steigen irgendwann wieder aus dieser U-Bahn aus, erledigen unser Vorhaben und machen uns auf den Weg ins sichere Zuhause. Vergessen den Vorfall in der U-Bahn recht schnell – bis zur nächsten Fahrt.

Wie oft sich diese Szene so oder ähnlich jeden Tag in Berlin wiederholt, weiß ich nicht. Ich erlebe sie fast jedes Mal, wenn ich U-Bahn fahre. So oft, dass ich meistens, nicht immer, schon etwas Kleingeld in der Hosentasche behalte. Und selbst, wenn ich Kleingeld in der Hosentasche habe, entscheide ich jedes Mal wieder neu. Ob ich den Mut habe, gegen die Blicke der anderen ein paar Cent zu geben, ob mir der Spendensucher sympathisch ist oder doch zu suspekt. Jedes mal kämpfe ich innerlich mit Überwindung oder Mitleid und jedes mal fühle ich mich schlecht. Jedes Mal ist es unangenehm, weil es uns deutlich macht, dass es Menschen gibt, die viel weniger haben, als wir. Menschen, denen ein paar Cent genügen um eine Mahlzeit möglich zu machen. Menschen, die ihren eigenen Stolz überwinden und sich vor anderen erniedrigen müssen um zu betteln. Menschen, die uns den Spiegel der Realität vor Augen halten. Hier mitten unter uns in dieser großen reichen Stadt.

„Die sollen doch arbeiten gehen!“  – „Ich unterstütze doch nicht den Alkoholkonsum von anderen!“ – „Dafür gibt`s Suppenküchen!“ – „Wenn ich jedem etwas geben würde, wäre ich schnell pleite!“ sind vorschnelle und bequeme Urteile, die nicht dem Verstand, nur der Gleichgültigkeit und Berührungsangst entspringen können. Kein Mensch erniedrigt sich freiwillig, keiner lebt ohne Grund auf der Straße, keiner ist vor psychischer Krankheit geschützt, die solch ein Leben verursachen kann. Niemand kann wirklich sicher sein, dass soziale Strukturen halten und vor einem Leben auf der Straße schützen. Armut ist real, hier in dieser riesengroßen Stadt und allgegenwärtig.

Im letzten Jahr haben wir im Oktober eine Zeitungsausgabe der  Stadtteilzeitung mit dem Leitthema „Armut“ zusammengestellt. Es war eine sehr gelungene Ausgabe mit wirklich lesenswerten Beiträgen zum Thema. Ein Beitrag hat es mir damals besonders angetan, weil sein Anliegen so klar, einleuchtend und einfach war. Und ich stoße jetzt immer wieder darauf, wenn ich einmal im Monat die Kontoauszüge prüfe. Bei der letzten U-Bahnfahrt habe ich deshalb beschlossen noch einmal auf diese wirklich gute Sache aufmerksam zu machen: Es geht um einen Euro – einmal im Monat. Einen Euro, der jeden Monat per Dauerauftrag vom Konto abgezogen wird. Einen Euro, der mir nicht weh tut und den ich kaum merke. Einen Euro, der sich wenig anhört, aber in der Summe der Dinge wirklich sehr helfen kann.

Thomas Gutsche hatte die Idee, ehrenamtlich etwas für die Gesellschaft zu tun. Während eigener Krankheit fasste er den Entschluss etwas für Menschen zu tun, die bei Krankheit nicht ohne weiteres Hilfe finden. In den Sinn kam ihm die Jenny De la Torre-Stiftung. Eine Stiftung, bei der Menschen niedrig schwellige ärztliche Hilfe finden ohne bürokratische Hürden überwinden zu müssen. Ziel der Stiftung ist aber nicht nur die ärztliche Versorgung der Obdachlosen, sondern eine dauerhafte Hilfe, die letztlich den Menschen hilft von der Straße wegzukommen. Die Idee von Thomas Gutsche der Stiftung zu helfen heißt „1000 mal 1 Euro“. Der Verein hat zum Ziel, mindestens 1000 Einzahler zu finden, die (wenigstens) einen Euro im Monat spenden. Das Geld wird an die Jenny De la Torre – Stiftung überwiesen, die es gemäß ihrer Stiftungsziele für Obdachlosenhilfe in Berlin einsetzt. Dieser Umweg über den Verein ist notwendig, damit die Stiftung nicht mit der Verwaltung vieler Kleinspenden belastet wird. Anders als einer Stiftung ist es dem Verein möglich, mit der Bitte um Verzicht auf eine Spendenquittung Geld zu sammeln. Die gesammelten Beträge werden ohne Abzug überwiesen, die Unkosten des Vereins werden von den Mitgliedern aus eigener Tasche getragen. Auf der Internetseite finden sich viele weitere Hinweise, wie man helfen kann und auch die Vertretung durch die Spendenplattform betterplace.org wird deutlich.

Es ist wenigstens ein Euro, der in der Summe der Spender etwas bewirken kann, beim einzelnen kaum ins Gewicht fällt. Natürlich entbindet es nicht von der Verantwortung auch bei anderen Möglichkeiten zu prüfen, wo man Menschen in Not und in unmittelbarer Nähe helfen kann. Ein Euro ist aber ein Anfang … ein ziemlich guter und mit wenig Zeitaufwand einmalig einzurichten. Thomas Gutsche kann man vielleicht auch in der Berliner U-Bahn treffen, genauso wie die anderen spendenwilligen Helfer. Sie bleiben unauffällig, … die Menschen, die unsere Hilfe brauchen nicht.

 

Natürlich möchte ich euch die Konto-Nummer des Vereins nicht vorenthalten und würde mich freuen, wenn ich den ein oder anderen überzeugen könnte einen kleinen Dauerauftrag einzurichten! Herzlichen Dank und Grüße 🙂

Kontoinhaber: 1000 mal 1 Euro e.V.
Zweck: Jenny De la Torre-Stiftung
Bank: GLS-Bank

BIC   GENODEM1GLS
IBAN DE44 4306 0967 1141 4807 00