Eins bis Fünf plus Zwei macht Sieben

annaschmidt-berlin-com_1bis5plus2macht7Beim morgendlichen Hundespaziergang begegne ich einer Frau mit einem Welpen und ich komme mit ihr ins Gespräch. Wir kennen uns seit Jahren und unterhalten uns über die Kinder, denn unsere Ältesten waren in einer Grundschulklasse. Insgesamt hat die Frau sieben Kinder und als sie zum Ende kommt, habe ich das Gefühl, kaum etwas über meine Zwei erzählen zu können. Nun, ich kann doch mitreden, denn ich selber bin eins von fünf Kindern. Auf dem Rückweg denke ich über diesen Beitrag nach, der ebenfalls von einer Familie mit fünf Kindern handeln soll. In meiner unmittelbaren Nachbarschaft wohnen noch einmal drei Familien mit vier bzw. fünf Kindern. So selten scheint es also gar nicht zu sein, dass sich Eltern entschließen, dem gängigen Bild der Familie mit einem oder zwei Kindern zu widersprechen.

Ich mache mich schlau und finde verschiedene Zahlen. Im Schnitt sind es etwa 12 % der Familien, die in Deutschland als kinderreich, also mit drei und mehr Kindern, gelten. Dabei wird das Wort „kinderreich“ gerne vermieden, weil reich an Kindern oft mit wirtschaftlich schmalen Verhältnissen verbunden wird. Dies, weil man in den Köpfen davon aus geht, dass wenigstens ein Elternteil aufgrund der Kinderzahl nicht erwerbstätig sein kann. Der überzeugten Einzelkind-Mutter und anderen gelingt es kaum, die Vorstellung mit drei und mehr Kindern zu leben, nicht mit Stress, Chaos und viel Hausarbeit zu verbinden.

Stress erlebt sie nur durch die Lautstärke, wenn alle Kinder zuhause sind, sagt meine Interview-Mutter und fügt tröstlich dazu, dass das ja nur besser werden kann, je älter die Kinder werden. Die Ruhe am Vormittag täuscht. Sie sitzt mit mir entspannt bei einer Tasse Tee und erzählt aus dem Familienleben. Auf dem Schoß sitzt der jüngste Sohn. Entsprechend seines Sprachvermögens mit 9 Monaten beteiligt er sich lebhaft an der Unterhaltung. Ansonsten hat sie keinen Stress, denn es kommt ja sowieso so, wie es kommt und das muss man nehmen, wie es ist. Starke Worte, wenn man weiß, dass ab dem frühen Nachmittag Kind Nummer 2, 3, 4 und 5 nach Hause kommen. Dann ist es mit der Ruhe vorbei.

Die Alleinstellung der Familie kommt ihr lediglich ins Bewusstsein, wenn sie von anderen darauf angesprochen wird. Im normalen Alltag erlebt sie die Vielzahl der Familienmitglieder als Selbstverständlichkeit. Trotzdem nimmt sie wahr, dass die Menschen aufhorchen, wenn sie von fünf Kindern erzählt. Ob geplant oder nicht, der Vater ist eins von vier Kindern, die ebenfalls alle vier Kinder haben. Sie selber hatte früher die Vorstellung, einmal ein oder zwei Kinder zu bekommen. Die Reaktionen auf Schwangerschaften haben sich mit steigender Kinderzahl verändert. Von anfänglicher Begeisterung und Glückwünschen bis hin zu unpassenden Fragen, ob es nicht schon genug Kinder seien oder es ein Unfall ist, hat sie alles erlebt. Das Unverständnis mancher Leute, die Irritation und das Befremden, dass man gerne und bewusst mit vielen Kinder leben möchte, wird größer.   

Vom frühen Nachmittag bis frühen Abend ist Kinderzeit in der Familie. Bis halb Acht fordern die Jüngeren Aufmerksamkeit, danach ist noch Raum für die Älteren, bis diese schlafen gehen. Der Vater steht mitten drin, unternimmt und spielt viel mit seinem Nachwuchs, redet und beschäftigt sich mit ihnen. Jedes Kind hat seine eigenen Nischen, über die es sich seine besondere Aufmerksamkeit holt. Sieht der Außenstehende fünf Kinder, lebt die Familie sehr bewusst mit den individuellen Eigenheiten jedes einzelnen und geht, wo möglich, darauf ein. Der Mutter ist durchaus bewusst, dass sie nur begrenzt erziehen kann. Eher versteht sie sich als Begleitung nach den persönlichen Stärken und Schwächen ihrer Kinder. Dennoch geben die Eltern den formenden Rahmen. Gemeinsame Mahlzeiten sind für große Familien ein Muss und so legt besonders der Vater Wert darauf, dass beispielsweise alle am Tisch sitzen und Essmanieren gewahrt bleiben. Rituale und Regeln dienen nicht allein dazu, das Familienleben zu ordnen und organisieren, sie sind auch zugleich ein probates Mittel, das Gemeinschaftsgefühl der Kinder untereinander zu stärken. Die Kinder wachsen einerseits mit der stets schützenden Gemeinschaft auf, in der Begriffe wie Rücksicht, Teilen, für die anderen mitdenken genauso bedeutend sind, wie die Selbstverständlichkeit, früh zu lernen, eigene Wege zu gehen und Eigenverantwortung zu übernehmen – immer die Familie im Rücken.

Die Mutter ist weit entfernt davon, die gängigen Vorstellungen einer Hausfrau mit fünf Kindern zu erfüllen. Ohne ihre Arbeit hätte sie keine fünf Kinder bekommen, sagt sie. Beim dritten Kind war sie ein Jahr lang zuhause und konnte kaum den Arbeitsbeginn erwarten. Einen Krankheitstag wegen krankem Kind hat sie noch nie einreichen müssen. War einmal ein Kind krank, war es immer möglich, den Dienst zu tauschen oder zu verschieben. Gute Organisation und ein starkes Netzwerk ist ohne Zweifel bei so einer großen Familie erforderlich, was aber mit der Zeit wächst. So lebt im gleichen Haus eine Familie mit drei Kindern. Ergeben sich Überschneidungen bei Terminen, ist es mittels Babyphone immer möglich, kleine Lücken zu überbrücken. Zusammengerechnet (einschließlich Arbeitszeit) verbucht die Mutter zwei Tage in der Woche ohne Kinderbetreuung für sich. Genug Zeit, um zu entspannen und eigenen Interessen, wie Sport und Treffen mit Freunden, nachzugehen.

Natürlich gehen manche Dinge nicht so leicht, wie in kleineren Familien. Wollen die Kinder Angebote nutzen und Vereinssport machen, müssen sie Angebote in unmittelbarer Umgebung suchen. Sie kann keinen Fahrdienst einrichten und so müssen manche Dinge warten bis die Kinder selber das öffentliche Verkehrsnetz nutzen können. Elternabende versucht sie zu besuchen. Dabei ist es ihr wichtig, der Lehrkraft oder Erzieherin ihre Wertschätzung durch ihr Interesse auszudrücken. Die Kinder suchen sich ihre Lücken, in denen sie ganz speziell für sich Zeit mit den Eltern finden. Alles andere wird halt gemeinsam gemacht.

Wo bleibt das Paar? An dieser Stelle lacht sie: Zeit für ihren Mann und sich ist hart erkämpfte Zeit. Zum Glück sei der Vater sehr kommunikativ und unterhaltsam, weshalb sie immer das Gefühl der Verbundenheit hat. Er würde durchaus einmal ein paar Tage wegfahren, die Kinderbetreuung organisieren und abschalten. Aber da gesteht sie ein, noch nicht soweit zu sein … der 9 Monate alte Sohn auf dem Schoß macht es deutlich.

Kinderreiche Familien empfinden sich selber als selbstverständlich und tatsächlich auch reich. Reich im Sinne der Gemeinschaft, nie alleine sein zu müssen und kennen selten das Gefühl der Langeweile. Die Eltern wachsen in diese Rolle in natürlicher Weise hinein, müssen ein hohes Maß an Flexibilität und Offenheit einbringen. Wo fünf Kinder zuhause sind, kommen oft Freunde dazu … macht ja auch nichts – es kommt ja sowieso so, wie es kommen muss.


szs_mittelpunkt_februar-2017Ein Beitrag aus dem Magazin „Im Mittelpunkt“ Januar/Februar 2017 mit dem Leitthema „Eltern“
Das ganze Magazin kann als eBook oder interaktives Pdf heruntergeladen werden. Die gedruckte Version, einschließlich dem Einleger mit allen Veranstaltungen, bekommt man in den Einrichtungen des Stadtteilzentrum Steglitz e.V.

wellcome – Ehrenamt und Familie – ein entspanntes Miteinander

Foto © wellcome Frederika Hoffmann

Foto © wellcome Frederika Hoffmann

Es ist immer etwas ganz besonderes: Ein Kind wird geboren, nimmt seinen Platz in der Welt ein und verändert das Gefüge einer Familie vom ersten Tag an. Nichts ist mehr so wie es vorher war, obwohl man sich Monate lang darauf vorbereitet hat. Mit großer Vorfreude wurde die Erstausstattung zusammen getragen, der Name heraus gesucht, eventuell Elternratgeber gelesen, erfahrene Mütter und Väter wurden zu dem ein oder anderem befragt und man fühlt sich gut vorbereitet. Nur eins kann man nicht vorbereiten – das ist der Alltag mit dem neuen Kind. Und der kommt ganz sicher!

Wenn der Alltag mit den neugeborenem Kind beginnt, stehen junge Eltern unter einem ganz besonderen Druck. Zum einen müssen sie intuitiv mit vielen neuen Situationen zurechtkommen, ihre Zeit neu organisieren und schließlich auch ihren eigenen Anspruch, gute Eltern zu sein, auf einen sensiblen Prüfstand stellen. Denn – kein Kind lässt sich einplanen, verhält sich erwartungsgemäß und so wie es in allen Ratgebern steht. Kinder sind kleine Individuallisten, die den Müttern und Vätern das Leben ganz schön schwer machen können. Mehrlingsgeburten, Geschwisterkinder, gesundheitliche Probleme des Kindes können die jungen Eltern zudem vor besondere Belastungen stellen. Die Großfamilien, die vornehmlich der jungen Mutter in solchen Situationen früher zur Seite standen, gibt es kaum mehr und die heutige Arbeits- und Lebenssituation führt meist dazu, dass die Ursprungsfamilie aus Eltern, Geschwistern und Verwandten nicht am gleichen Ort leben. Freunde sind meist berufstätig. Junge Mütter oder Väter sind alleine mit dem Kind und der Alltagssituation. Unterstützung ist gefragt, nur woher soll die kommen?

Eine andere Situation: Eine Frau mittleren Alters hat den beruflichen Alltag hinter sich gelassen. Ihre Kinder sind eigene Wege gegangen und sie kann eigene Interessen und Vorlieben wieder ausleben. Hin und wieder möchte sie vielleicht reisen, Freunde für ein paar Wochen besuchen, eine VHS-Kurs machen. Sich in jedem Fall nicht festlegen, sondern flexibel, ggf. mit Lebenspartner, ihre Zeit und Unternehmungen planen. Aber so hin und wieder möchte sie doch irgendwo helfen, ihre Erfahrungen als Mutter nutzen, etwas Sinnvolles tun und Anerkennung finden. Sie möchte nur keine Verpflichtung eingehen, die sie zeitlich auf längere Zeit bindet und Unternehmungen einschränkt. Also ist ein kurzzeitiges Ehrenamt gesucht, nur wo findet man das?

Foto © wellcome Frederika Hoffmann

Foto © wellcome Frederika Hoffmann

Vermittlung ist gefragt: Katrin Reiner ist wellcome-Koordinatorin und Elternlotsin Frühe Hilfen im Familienstützpunkt in Lankwitz. Sie verbindet, koordiniert und begleitet sowohl jungen Mütter als auch ehrenamtlichen Kräfte, die beide in Ergänzung einen guten Start ins Familienleben erleichtern. Was ist wellcome? wellcome engagiert sich dafür, dass alle Familien die Unterstützung erhalten, die sie brauchen, um den Wunsch nach Kindern zu realisieren und sie in einem sicheren Umfeld gesund aufwachsen zu lassen. Das Angebot spricht alle Familien an – unabhängig vom sozialen Hintergrund. Es soll individuell, unbürokratisch, effizient und nachhaltig geholfen werden. wellcome ist praktische Hilfe nach der Geburt im Rahmen moderner Nachbarschaftshilfe für alle Familien, die im ersten Jahr nach der Geburt eines Kindes keine familiäre Unterstützung haben. Dazu werden über die Koordinatoren junge Mütter mit ehrenamtlichen Helferinnen verbunden, die sich so ergänzen. Die Familien finden Entlastung und Unterstützung, die ehrenamtlichen Helfer hohe Anerkennung und ein erfüllendes Ehrenamt ohne längerfristige Verpflichtung.

Das System ist einfach: HelferInnen, die sich für dieses Ehrenamt interessieren melden sich bei der wellcome-Koordinatorin. Sie bespricht die Möglichkeiten und Erwartungen mit den Interessierten. Die Aufgabe ist es während der ersten Monate nach der Geburt, ein bis dreimal in der Woche für ein- bis zwei Stunden in die Familie zu gehen. Dort betreut sie das Neugeborene, spielt mit den Geschwisterkindern oder hört der Mutter oder dem Vater ganz einfach zu und hilft ganz praktisch. Das Ehrenamt ist zeitlich begrenzt, hat aber einen hohen Anspruch. Die HelferInnen werden fachlich begleitet, können eine Aufwandsentschädigung oder Fahrtkosten erstattet bekommen. Katrin Reiner, als wellcome-Koordinatorin, vermittelt in die Familien, arrangiert das Kennenlernen beider Seiten und begleitet in Gesprächen den erfolgreichen Verlauf der Hilfe.

Die Familie, bzw. jungen Eltern melden sich ebenso wie die HelferInnen bei der wellcome-Koordinatorin, die im Gespräch herausfindet, welche Form und Intensität der Hilfe erforderlich ist. An diesem Punkt kommt der Vorteil zur Geltung, dass sie ebenso Elternlotsin der Frühen Hilfen ist und über ein großes Netzwerk aller Stellen im Bezirk verfügt, die eine nachhaltig gesunde Entwicklung von Kindern fördern. Aber – sie ist keinem Amt unterstellt, sondern Angestellte des Stadtteilzentrum Steglitz e.V., dem freien Träger unter anderem des Familienstützpunktes. Die Frühen Hilfen legen den Fokus auf Familien von der werdenden Mutter an bis etwa einem Kindesalter von ein bis drei Jahren. So ist das wellcome-Projekt ideal in ein Netzwerk von Hilfemöglichkeiten eingebettet, dass Familie, Kindern und Müttern ideal und unkonventionell mit viel Herz und Menschlichkeit ansprechen kann. Ist einfach nur Entlastung im Rahmen von nachbarschaftlicher Hilfe gefragt oder sind darüber hinaus psychosoziale Unsicherheiten auszuräumen, wird in einem sensiblen, streng vertraulichem Gespräch geklärt und das Gefühl des Alleingelassenen kann gar nicht erst entstehen. Jeder, der auf die Erziehungszeiten seiner Kinder zurückblickt weiß, was es bedeutet, wenn man sich einfach mal in die Badewanne legen kann um zu entspannen. Einen Arztbesuch machen kann ohne sich zu überlegen, ob die Stillzeiten des Kindes es zulassen. Oder auch einfach mal mit dem Partner ein ungestörtes Gespräch führen kann.

Logo_wellcome_PH_4c_gross_150dpiDie offizielle Eröffnung des wellcome-Projektes im Familienstützpunkt ist der 10. Februar 2016. Katrin Reiner ist im Vorfeld schon eine ganze Weile aktiv. Hat die erste Mutter mit einer ehrenamtlichen Helferin in Kontakt gebracht und freut sich ungemein auf die vor ihr liegenden Aufgaben. Dafür sucht sie nun HelferInnen. HelferInnen, die Spaß im Umgang mit Kindern haben, Erfahrungen gerne weitergeben möchten, jungen Müttern und Vätern helfen Luft zu holen, zu entspannen und ihre neuen Aufgaben zu meistern. Wenn sie sich für dieses Ehrenamt interessieren, rufen sie Katrin Reiner an. Sie werden schnell begeistert sein, denn das Herzstück von wellcome sind die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Familien ihre Zeit schenken und sich so für eine familienfreundliche Gesellschaft einsetzen!

Informationen und Kontakt:
Katrin Reiner • wellcome-Koordinatorin
und Elternlotsin Frühe Hilfen

im Familienstützpunkt, Malteser Straße 120, 12249 Berlin
Telefon 0160 96 20 94 72E-Mail berlin.steglitz@wellcome-online.dewww.wellcome-online.de

Leitartikel der Homepage des Stadtteilzentrum Steglitz e.V. vom 18. Januar 2016

Ola Eibl … sensible Töne zu großer Kunst

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Sie denkt gerne zurück, wenn sie vom Kunstmarkt der Generationen im letzten Jahr erzählt. Alles wäre so liebevoll organisiert worden und die ganze Atmosphäre zum Wohlfühlen gewesen. Der Umgang, die Leute – alles hätte sich friedvoll und leicht angefühlt. Der Tag auf dem Markt war ein Gewinn für sie und eine Dame, die eine von ihren ausgestellten Druckgrafiken kaufte, fragt sie, ob sie denn einmal im Gutshaus Lichterfelde ausstellen wolle. Das wäre für die Dame so schön nah und eine gute Gelegenheit auch die Malerei von Ola Eibl kennenzulernen. Diese Anregung hat sie in die Tat umgesetzt und kehrt wieder ins Gutshaus Lichterfelde zurück. Diesmal nicht am Marktstand, sondern in eigener Ausstellung vom 12. Mai bis 17. Juli. Die Umgebung sei so positiv – etwas was sie trägt und beflügelt … ein guter Platz für ihre Bilder, sagt die junge Künstlerin.

Die Malerei, die Kunst, gehört zu Ola Eibl wie für den Magier der Zauberstab. Schon als ganz kleines Kind hätte sie nur einen Stift und Zettel gebraucht um für lange Zeit in die Welt der Farben, Striche und Formen abzutauchen. Das konnte sie schon früh besonders im österreichischen Teil der Familie ausleben aus der ihr Vater stammt, in dem traditionelles Kunsthandwerk fester Bestandteil war. Früh lernte sie durch die Tante Gegenstände genau zu betrachten, zu studieren und ihr Wesen zu erfassen um es sorgfältig auf Papier zu bringen. Das Zeichnen und Malen gehört zu ihr und doch reichte es irgendwann in der autodidaktischen Form nicht mehr aus. Sie lernte zeitig, dass jeder Kunst ein Handwerk zugrunde liegt. Lernen wollte sie um dem, was sie sah und auf Leinwände bringen wollte, die erforderliche Wertschätzung und Wirkung zu geben.

Die Universität der Künste ist die erste Station des Studiums der freien Kunst und des Lehramtes, Großfach Kunst. Es führt sie unter anderem über ein Erasmus-Stipendium weiter nach Milano/Italien und Sao Paolo/Brasilien. 2008 besteht sie das erste Staatsexamen und wird 2009 Meisterschülerin. Auch da ist noch nicht genug gelernt … wobei das Lernen nun eher dem Wunsch nach weiterem Wissen und Verfeinerung der Techniken nachkommt. Ein Bildhauerprojekt, die Deutsche Kinemathek, ein Gaststudium in Lublin/Polen und ein Stipendium, eine finanzielle Atelier-Förderung, durch die Dorothea-Konwiarz-Stiftung sind weitere Stationen, die ihren Werdegang begleiten. Die permanente Neugierde das Handwerk zu erfassen, zu verfeinern, sind für Ola Eibl der Türöffner ihre Ideen, Bildvisionen und ihr Erleben mit Talent und Technik umzusetzen. Ola Eibl besucht Werkstätten von Kunst- und Kunsthandwerke-Kollegen (z.B. Keramiker, Vergolder, Kupferstecher), die ihr eigenes Wissen für ihre künstlerische Arbeit zu Verfügung stellen.

Es war eine bewusste Entscheidung das Leben ihrer Kunst zu widmen. Dabei ist ihr besonders wichtig, dass sie sich frei entwickeln und wirken kann, an keine Konventionen und Vorgaben gebunden ist. Dies zeigt sich insbesondere in der Internationalität, die ihren Wirkungskreis bereichert. Von Kindheit an ist die geborene Berlinerin mit Österreich durch den Vater und Polen durch die Mutter verbunden. Heute hat sich ihr Netzwerk von Freunden und kreativer Arbeit über Italien und Brasilien erweitert. In diesem Netzwerk der großen Familie und dem internationalen Freundeskreis findet die sensible Künstlerin ihren Halt.

Ola Eibl erzählt, dass sie nicht viel zum Leben braucht. Sie lebt reduziert, hat dennoch das Gefühl sehr reich zu sein. Durch die Reduktion bewahrt sie sich die Freiheit spontan über ihre Zeit zu entscheiden, welche nächsten Schritte die richtigen sind. Für ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Kreativität und Pflichten musste sie sich eine für sie passende Struktur erarbeiten, die es möglich macht, der Kreativität zu folgen, wenn das Gefühl, die Idee und Stimmung gerade passt. Wie jeder Werkschaffende auch, steht sie morgens auf und geht ins Atelier um zu arbeiten. Dennoch bewahrt sie sich die Freiheit, ein Bild, und wenn es bis spät in die Nacht dauert, ohne Unterbrechung zu beenden und den nächsten Tag später zu beginnen. Spontane Besuche oder Reisen ermöglicht sie sich durch diese Freiheit, die für ihr Wirken so wichtig ist. Vorhaben, Vorstellungen, Ideen ja – aber ohne große Pläne oder Bindungen, so dass sie der Neugierde auf neues Erleben, neue Erfahrungen und Eindrücke stets nachgeben kann.

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Die Sensibilität der Künstlerin spiegelt sich in ihren Bildern. Malerei, Zeichnungen und Druckgrafiken sind ihre vornehmlich Ausdruckstechniken, wobei sie jederzeit offen ist andere Bereiche und Materialien einzubeziehen und zu erfahren. Sie möchte mit ihren Bildern jeden erreichen und den Blick für Feinheit und Nuancen öffnen. Sie liebt Polaritäten. Versucht die Bereiche die zwischen Gegensätzen liegen zu erreichen und sichtbar zu machen. Dynamiken faszinieren sie unter Verwendung der Strukturen, die sie in der Natur findet. Gegenständlichkeit im Kontrast zur Abstraktion, feine zu groben Strukturen, Farbe zu Kontrasten in Schwarz und Weiß … Ola Eibl denkt und arbeitet gerne mit den Polaritäten, die sich im Leben finden. Und genauso kontrovers wie das Leben manchmal ist, sind auch die Bilder, von denen man jedes einzelne lange betrachtet in dem Bemühen kein Detail zu verpassen. Man folgt dem Schwung des Pinsels, des Zeichenstiftes nur um dem Ende nicht zu entgehen.

Gelegenheiten die Werke und die Künstlerin kennenzulernen gibt es vielfältig. Am 12. Mai eröffnet die Ausstellung „Flora, Fauna, Zivilisation“ – Malerei und Druckgrafik, im Gutshaus Lichterfelde. Von 17.00 – 20.00 Uhr sind Sie am 16. Mai 2015 herzlich zur Vernissage eingeladen. Bis zum 17. Juli können Sie die Ausstellung zu den Öffnungszeiten des Nachbarschaftscafés besuchen. Dazwischen bietet sich eine zweite Möglichkeit beim 17. Kulturfestival – 48 Stunden Neukölln. Vom 26. bis 28. Juni 2015 öffnet Ola Eibl ihr Atelier mit der Ausstellung „be colorful with me“. Und wer weiß … vielleicht dürfen wir sie beim 3. Kunstmarkt der Generationen 2016 wieder in den Reihen der KünstlerInnen begrüßen. An Plätze, an denen sie sich wohl fühlt, kommt sie immer wieder gerne zurück.

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Ausstellung – Ola Eibl
„Flora, Fauna, Zivilisation“ – Malerei und Druckgrafik
12. Mai – 17. Juli 2015, Öffnungszeiten: Montag – Freitag, 9.00 – 17.00 Uhr
Vernissage 16. Mai 2015, 17.00 – 20.00 Uhr
Gutshaus Lichterfelde, Hindenburgdamm 28, 12203 Berlin

17. Kulturfestival – 48 Stunden Neukölln
be colourful with me – Offenes Atelier mit aktueller Malerei und Grafik
26. bis 28. JUNI 2015, Öffnungszeiten: Fr., 19.00 – 23.45, Sa., 11.00 – 22.00, So., 11.00 -19.00 Uhr
Atelier Ola Eibl, Mahlower Str. 3, Seitenflügel 1. OG, 12049 Berlin-Neukölln.

Künstlerkontakt: Ola Eibl,
web@ola-eibl.de, Telefon 0172 390 26 88
http://www.ola-eibl.de/ 

„Nur“ ein gelbes Bobbycar

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Es hat eigentlich ganz einfach angefangen: Eine Kollegin fragte in einer Besprechungsrunde, ob irgendwer noch ein ungenutztes Bobbycar im Keller hätte. Sie hätte in ihrer Einrichtung viele Mütter mit kleinen Kindern, denen solch ein Spielzeug nicht zur Verfügung stehen würde und sie es sich auch gar nicht leisten könnten. In dieser Runde konnte jedoch keiner dem Wunsch entsprechen. Ein paar Tage später fragte die Kollegin über ein vereinsinternes Netzwerk aber noch einmal nach. Der Wunsch danach war offensichtlich groß. Also gab’s eine kleine Anfrage in einem großen Netzwerk (das mit F) und innerhalb weniger Stunden meldeten sich zwei Freundinnen und drei Gefährte wurden zur Abholung versprochen.

Ein paar Tage später drehte ich nach der Arbeit eine Runde mit dem Auto und holte das erste Bobbycar ab. Quitschgelb und im einwandfreien Zustand. Die Spenderin sagte nur: „Was gibt es schöneres als ein Kinderlachen und wenn sich darüber noch ein Kind freut, wäre ihr das Dank genug.“ Dann brachte ich das kleine Auto in die Einrichtung. Als ich dort ankam, waren eine ganze Gruppe Mütter dort und auch genau das kleine Mädchen, für das dieses Auto gedacht war. Die Kollegin freute sich unheimlich als sie das Auto sah, zeigte es den Müttern und die Schwester des Mädchens setzte sie auf das Bobbycar. Anfängliche Skepsis zeichnete sich im Gesicht des Kindes ab, wandelte sich ganz schnell in die Erkenntnis, dass es sicher und gemütlich sitzen konnte und in Windeseile hatte das Kind verstanden, wie das Auto zu bewegen war. Das Lachen und die Freude des Kindes und der Erwachsenen war meinen Weg wert. Zufrieden und mit einem Lächeln ging ich wieder zum Auto und fuhr nach Hause.

Es hat mich aber noch eine Weile beschäftigt. Es war so einfach hier eine Freude zu machen und bei mir ein gutes Gefühl zu hinterlassen. Warum machen wir so etwas eigentlich nicht öfters? Wie viele Spielzeuge liegen ungenutzt in Kellern oder sind in irgendwelchen Ablagen in Kartons verstaut? Und warum? Aus Bequemlichkeit, damit sie erst einmal aus dem Weg sind? Aus Nostalgie-Gründen, weil die eigenen Kinder damit ja gespielt hatten. Oder weil vielleicht, eventuell, gegebenenfalls … noch die potentiellen Enkelkinder damit spielen könnten. Oder weil man einfach nicht weiß, wo man es abgeben könnte und es zum Wegschmeißen ja doch zu schade ist.

Wir haben zuhause so gut wie alle Spielzeuge abgegeben. Zum einen, weil die Kinder groß sind und wir einfach keinen Platz haben das alles aufzuheben. Zum anderen, weil ich eh aus einer Familie komme, die Dinge immer dort zur Verfügung stellt, wo sie besser gebraucht werden können. Entsprechend dem Alter der Kinder wurde immer getauscht, verteilt und verschenkt. Das lernt man einfach in großen Familien so. Aber eine große Familie hat nicht jeder und auch nicht das Geld, ständig neues Spielzeug zu kaufen.

Wenn man im Moment durch die Supermärkte läuft, weiß man schon automatisch, was in ein paar Wochen wieder los ist. Die Weihnachtssüßigkeiten stehen seit September in den Regalen, gleich neben den Halloween-Sachen – es lebe der Konsum. Der Handel macht uns freundlicherweise darauf aufmerksam, was wir kaufen sollen und wo unsere Bedürfnisse sind. Das finde ich persönlich übel – Altweibersommer will in meinem Kopf einfach nicht zu Lebkuchen und Spekulatius passen. Aber ich will nicht undankbar sein und freue mich über die rechtzeitige Erinnerung Weihnachtsgeschenke zu besorgen. Klappt nur nie und die Geschenke in letzter Minute stehen bei mir jährlich hoch im Kurs. Gut, darum geht’s mir hier nicht. Der Gedanke Weihnachtsgeschenke besorgen zu müssen, verursacht vielen Eltern schlaflose Nächte. Denn auch wenn sie es gerne täten, können sie es nicht, weil das Geld dafür fehlt. Und so mancher Wunsch, den sie gerne erfüllen würden, muss sich in einem Nichts oder einer halbherzigen Alternative auflösen. Das kennt wohl jeder, der Kinder hat – Millionäre sind eher die wenigsten von uns. Glücklich sei derjenige, der es einigermaßen gut hinbekommt und die Kinder glücklich machen kann, ohne das Dispo in eine schwere Krise zu stürzen.

Und mit den Weihnachtssüßigkeiten kommen auch bald die Spendenaktionen, die für gute Zwecke sammeln und werben, was das Zeug hält. Im Fernsehen, im Radio, mit der Post … Möglichkeiten und Angebote gibt es unzählige. Man kann überall spenden und sich selber ein gutes Gefühl vermitteln. Ich habe schon oft gehört, dass mir Leute sagten, sie spenden jedes Jahr an die gleiche Organisation. Dann hätten sie etwas getan, könnten bei den anderen absagen „Ich habe ja schon …“ und das gute Gewissen ist für ein Jahr ruhig. Es ist richtig und wichtig, dass gespendet und geholfen wird, ganz ohne Zweifel. Was ich schade dabei finde ist, dass man eben im Fernsehen, im Radio und in der Post nur die großen Organisationen findet, die sich den Werbeaufwand leisten können. Die kleinen Projekte, Vereine und Einrichtungen können das nicht, weder personell noch finanziell.

Wenn ich mich – unabhängig davon, dass ich für einen sozialen Träger arbeite – in meinem unmittelbaren Wohnumfeld umsehe, fallen mir sofort mehrere Möglichkeiten ein, wo man helfen kann. Nur ist das nicht ganz so bequem, wie ein Überweisungsformular auszufüllen. Man muss einmal hingehen und fragen, was gebraucht wird – schauen, ob man’s verwirklichen kann und noch einmal hingehen um es zu bringen. Ich bin mir sehr sicher, dass so gut wie jeder in seiner Nähe eine Möglichkeit findet, bei kleinen Einrichtungen zu helfen und zu spenden. Es müssen nicht die großen sein. Die kleinen Sachen, gleich um die Ecke, brauchen es meistens viel mehr als große Organisationen, nur muss ich dann auf eine glamouröse Fernsehgala verzichten. Gewinnen tue ich dabei allerdings den Dank der Menschen, die versuchen mit ihrer Arbeit mein Umfeld ein bisschen besser zu machen. Vielleicht den Dank einer Mutter, die sonst kein Geschenk fürs Kind hätte. Sicherlich den Dank der Menschen, deren Arbeit mit ihrer Spende unterstützt wird.

Der Blick in den eigenen Keller lohnt sich sicherlich einmal. Vielleicht finden man ja Sachen, die woanders besser aufgehoben wären und anderen Freude machen. Nicht verkehrt ist es in jedem Fall, sich jetzt schon Gedanken zu machen, ob man in der Weihnachtszeit helfen kann und wie man es machen möchte. Ob es wirklich die großen Spendenaktionen sein müssen oder ob sich nicht ganz in der Nähe etwas anbietet, was die ganze Aufmerksamkeit wert wäre.

Ich werde in den nächsten Tagen noch die beiden anderen Autos abholen und an den versprochenen Platz bringen. Und dann mache ich mir meine Gedanken, wo ich selber einen sinnvollen und guten Beitrag in der Weihnachtszeit leisten kann. Oder noch besser – wo ich auch zwischendurch mal, zum Beispiel bei der Vermittlung eines Bobbycars, helfen kann.

Ich bedanke mich herzlich bei Feza Guschke und Dorothée Wiese für die Bobbycars und den Trecker
– damit habt ihr den Kindern im „kieztreff“ eine große Freude gemacht!

Mein digitaler Chef

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Jeder kennt einen, arbeitet mit einem, hat sich schon mal über einen geärgert, muss sich wohl (-überlegt) mit ihm arrangieren, muss ihm seine Arbeitsleistung bestmöglich verkaufen und freut sich über sein Lob. Jede Firma, Institution, jedes Amt, jeder Verein hat einen. Jeder Arbeitsprozess und jedes Arbeitsverhältnis wird durch ihn beeinflusst – vom Chef. Und so unterschiedlich die Arbeitsbereiche sind, sind auch die Chef’s. Großer Chef, mittlerer Chef, kleiner Chef. Unter ihnen die Gelassenen, die Choleriker, die Kontrolleure, die Kumpels, die Despoten, die Innovativen, die Wortgewaltigen, die Darsteller und viele, viele andere mehr. Und jeder von uns kann seine persönliche Chef-Geschichte erzählen – ich auch … ich hab nämlich einen digitalen Chef!

Was ein digitaler Chef ist? Ein Mensch aus Fleisch und Blut, wie alle, nur mit einer unverbesserlichen Energie bei allen digitalen Entwicklungen in der ersten Reihe mitzumachen. Eigentlich hat das bei ihm ja ganz harmlos angefangen. Am Anfang gab’s einen Computer – Arbeitsmittel, E-Mail – Kommunikationsmittel und so ein Internet mit Homepages – Informations- und Selbstdarstellungs-Tool. Er erkannte wohl ziemlich schnell deren Vorteile gegenüber Schreibmaschine, Brief und Visitenkarte. Das ging alles schneller und bequemer und wie jeder gute Chef, hat er auch schnell die Vorteile für unsere Arbeitsprozesse und den Bekanntheitsgrad im Netz realisiert. Folglich war die unmittelbare Auswirkung des Ganzen, dass wir ein Verein sozial arbeitender Menschen geworden sind, die sich mit solchen technischen Sachen auskennen – müssen! (Anm. d. Red.: Der Verein ist das Stadtteilzentrum Steglitz e.V. – ein sozialer Träger mit Einrichtungen von Kindertagesstätten bis zum Seniorenzentrum – Infos: Link anklicken.)

Wo war ich stehen geblieben? Ach ja – sozial und technisch … Passt nicht? Passt doch, denn bei so vielen Menschen, mit denen wir tagtäglich zu tun haben, entsteht ein erheblicher Verwaltungsaufwand, der auf diese Weise effizient bewältigt werden kann. Sowohl personaltechnische Angelegenheiten, als auch die Verwaltung z.B. aller Kinder, die unsere Kitas, Schul- oder Jugendeinrichtungen besuchen, sind bestens eingetacktet. Chef beobachtete wohlwollend – vorerst.

Na, jedenfalls hat der Chef wohl was richtig gemacht, denn der Verein wurde größer und größer und aus einer Handvoll Mitarbeitern und Einrichtungen, wurde bald ein ganzer Bienenkorb. Die Folge war Zeitnot, denn anders als bei der Bienenkönigin bringen die Bienen nicht nur alle was, die wollen auch alle was. Gar nicht mehr so einfach das Ganze zu managen, weshalb Chef sich mit Arbeitseffizienz auseinandersetzen musste. So begründet hat er seine Bibel gefunden (Keine Sorge – es geht nicht religiös weiter). Bibel heißt bei ihm GTD – „Getting things done“ von David Allen. Auf deutsch: „Wie ich die Dinge geregelt kriege“. Ich behaupte mal, wir finden kaum einen Kollegen bei uns, der nicht weiß, was das ist. Alle Arbeitsprozesse werden in eine bestimmte Reihenfolge gebracht, die immer einen guten Überblick und ein ruhiges Gewissen verschaffen. Gar nicht so verkehrt die Idee, die er uns sehr ans Herz gelegt hat. Klagt mal einer über Chaos am Arbeitsplatz, ernten wir ein müdes Lächeln vom Chef.

GTD war denn der letzte Auslöser für die chefliche Digitalisierung. Sehr bald war er der E-Mail-Flut überdrüssig und fand eine Internetseite, die ein innerbetriebliches Netzwerk anbot. Mein Pech war dabei nur, dass ich an der Presse- und Öffentlichkeitsstelle sitze – also war es mein Job das Teil auszuprobieren. Ok – anmelden, KollegInnen einladen und hartnäckig darüber kommunizieren. Es hat, schätze ich mal, ein Jahr gedauert, bis auch der letzte Zauderer geglaubt hat, dass das Netzwerk wirklich nur für uns ist und – dass tatsächlich weniger E-Mails von KollegInnen zu beantworten waren. Nun konnten wir Sachverhalte, Projekte, AGs oder einfach mal Spaß gleich mit allen Mitarbeitern teilen. Gut so … Chef zufrieden – kurzfristig.

Ich spreche jetzt mal nicht von den ganzen Netzwerken, in denen ein moderner Verein heutzutage vertreten sein sollte – Chefmeinung. Meine zweijährige hartnäckige Weigerung in ein sehr bekanntes Netzwerk mit F einzutreten, scheiterte am Chefwunsch, dort eine Vereinsseite zu haben. Angemeldet und – hm – Spaß dran gewonnen. Auch in den anderen Netzwerken sind wir prima vertreten. Einen Überblick, wo ich überall angemeldet bin, kann ich spontan nicht geben. Anmelden, ausprobieren, schauen, ob das was für uns ist. Wir sind dabei und machen mit – wo’s sinnvoll ist und nutzt und – Chef gefällt – einstweilen.

Immer wieder kommt er mit neuen schönen Programmen, die uns die Erfüllung und Erleichterung unserer Arbeitswelt geloben. Haben wir eins begriffen und gelernt, integriert oder verworfen, hat er schon wieder eine neue Idee. Aufmerksamkeit ist immer geboten, wenn ich in einem Netzwerk von ihm lese: „Hat jemand schon mal Sowieso ausprobiert und kann mir dazu was sagen?“ Das bedeutet mit ziemlicher Sicherheit, dass er nicht lang danach um die Büro-Ecke kommt und sagt: „Probier mal“. Zugeben muss ich dabei: Hab ich eine Frage dazu oder bekomme ich irgendetwas nicht gleich hin, er weiß es. Also, was er uns zumutet, hat er auch probiert, studiert und eingesetzt. Chef bloggt, postet, schreibt, kommentiert, netzwerkt und ist digital an vorderster Front – früher nannte man die Pioniere. Neulich hatte er Urlaub – das bedeutet Luft im Netz zu suchen. Ganz gefährlich bei digitalen Chefs. Und wie erwartet, stand dann auch bald zu lesen, wie begeistert er von einem neuen Aufgabenprogramm ist. Und wie erwartet … wer probiert es jetzt aus? Wir … Chef freut sich! 🙂

Ok, zugegeben, der Nutzen ist sehr groß und letztendlich machen viele Programme ganz einfach Spaß. Auch ist es ein gutes Gefühl, für einem Verein zu arbeiten, der diesen Dingen sehr aufgeschlossen ist, optimalen Nutzen daraus zieht und eine sehr modere Einstellung dazu hat. Ich stelle mir insgeheim immer vor, dass seine erste Frage bei potentiellen Bewerbungsgesprächen nur heißen kann: „Lieben Sie ihren Computer?“. Tue ich und sitze eigentlich am richtigen Platz, probiere auch gerne aus. Aber nun hat er es doch einmal geschafft, mir den Angstschweiß auf die Stirn zu treiben … Da hat er gepostet (so nennt man das): „Hypereffizienz hätte er noch nicht in seiner Zielplanung gehabt“ und einen Artikel dazu von einer Seite, die sich mit Arbeitseffizienz beschäftigt. – Hypereffizienz – Chef bitte … du musst nicht alles ausprobieren!

Zur Person: Thomas Mampel ist Sozialarbeiter und Unternehmer und versteht sich als social entrepreneur. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer des Stadtteilzentrum Steglitz e.V., Mitgründer und Mitbetreiber des sozialen Netzwerkes “socialNC – soziales engagement 2.0″ und geschäftsführender Gesellschafter der .garage berlin GmbH und Gründungsmitglied und Vorstand des gemeinnützigen Vereins Computerbildung e.V.. In seinem Blog „mampel’s welt“ will er seine Sicht auf die Welt – insbesondere zu den Themen “Soziale Arbeit und soziale Netzwerke”, “soziales Unternehmertum” und “Entwicklung der sozialen Arbeit” – zur Diskussion stellen. Außerdem ist er …

… mein Chef! 🙂