Der Weg vom Blog zum Leser …

liebster-award

Ziemlich zögerlich und ganz langsam hat es angefangen, dass sich dieser Blog einen Weg in die weite Welt gesucht hat. Zu Beginn stand für mich mehr im Vordergrund bei anderen zu lesen, zu staunen, zu bewundern und neugierig zu beobachten. Bei einigen Blogs bin ich immer wieder zu Besuch gekommen, gefiel mir doch sehr die Art und Weise, wie sie es schafften ihre Leser zu fesseln – und mich!

Ein Blog war von Anfang an auf meiner Bestsellerliste, weil ich bis heute die Geschichten, Denkanregungen und den Schreibstil liebe und verfolge. Noch dazu (ganz wichtig!) schafft es dieser Blog immer wieder, mich mit den Gedankenspielen zwischen Großstadt (in der ich lebe) und den selbstgewählten Exil auf dem Land (wo sie lebt) zum Lachen zu bringen. Ausgerechnet dieser Blog, bzw. seine Schreiberin, hat mich nun in die Liste der Blogs eingereiht, die ihre Fragen für den „Liebsten Award“ beantworten dürfen. Also beantworte ich (nicht ohne Stolz … ehrlich bleiben! 😉 ) die Fragen von Friederike und ihrem LANDLEBENBLOG … mit einer herzlichen Leseempfehlung!

Ist das geschafft, bekommt ihr noch ein paar Leseempfehlungen zu anderen Blogs, die dann wiederum meine Fragen (vielleicht) beantworten. Es ist ein Spiel unter den Bloggern, macht Spaß und bringt so manche interessante Einsichten ans Licht. Denn – so ist das mit den Blogs … sie leben vom Austausch, der Kommunikation und Empfehlungen … und nicht selten trifft man gute alte Bekannte auf den anderen Seiten wieder!

Friederikes Fragen:

Warum hast Du angefangen zu bloggen?
Ganz am Anfang fand ich das Wort „Blog“ komisch, aber hörte es immer öfter und habe gegoogelt, was es bedeutet. Dort stand, dass es eine Art virtuelles Tagebuch sei. Das fand ich ziemlich komisch, denn – wer schreibt ein öffentliches Tagebuch … bis ich irgendwann mitbekam, dass mein Chef bloggt. Der Mann ist alles mögliche, keinesfalls aber komisch, und so war die Neugierde geweckt. Ich fing an (siehe oben) zögerlich zu lesen, zu staunen, zu … hatten wir ja schon. Es fing an mir zu gefallen und es entstand eine Idee. Seit 2003 entsteht eine Bezirkszeitung an meinem Computer und mit der Zeit schrieb ich den ein oder anderen Texte dafür. Über die Jahre verschwanden die Texte aber in den alten Ausgaben. Schade eigentlich und so fragte ich eben den Chef, ob er eine Idee hätte, wie ich diese Texte sammeln könnte und einen Überblick behalte. „Mach einen Blog!“ war die Antwort. Und da wir für unsere Arbeit in dieser Zeit eine neue Internetseite mit WordPress erarbeiteten, hatte ich das System schon lieb gewonnen. Also bastelte ich meinen Blog, stellte zwei Beiträge ein, lies es aber ein dreiviertel Jahr unberührt – der richtige Mut fehlte. Zu Weihnachten schrieb ich schließlich eine schöne Geschichte, die auf der Homepage der Arbeit veröffentlicht wurde. Da ich dort großen Zuspruch fand, traute ich mich endlich und ab dann purzelten die Beiträge nur noch so in meinen Blog … und ich bekam mit der Zeit einen Begriff, was Internet tatsächlich bedeutet!

Wissen Freunde und Familie von der Bloggerei?
Oh ja … und sie gehören zu den wichtigsten Kritikern! Ich teile immer fleißig in die Netzwerke oder Messenger. Viele Beiträge handeln von ihnen.

Und lesen die das etwa auch?
Ich denke ja – die Rückmeldungen zeigen es. Jeden Beitrag, in dem ich jemanden persönlich erwähne, lasse ich vorher von demjenigen lesen. Es ist mir wichtig, dass sie Bescheid wissen und sich ebenso damit identifizieren können. Töchter, Mann, Geschwister, meine Mutter, viele Freunde … da sind alle mit im Boot. Wenn ich mit einem Beitrag unsicher bin (was immer noch oft vorkommt) hole ich mir Rat (davon weiß u.a. der Chef ein Lied zu singen) – vier Augen sehen immer mehr als zwei! ;-).

Hast Du eine Bloggerbotschaft an die Welt?
Ja … viele … lest einfach. Das wichtigste wäre mir, jeden Menschen so zu akzeptieren, wie er ist und in der Toleranz und dem Kompromiss die größte Errungenschaft der Menschheit zu sehen!

Liest Du auch noch Zeitungen?
Ich lese sie nicht nur – ich mache auch eine – seit 12 Jahren – die Stadtteilzeitung Steglitz-Zehlendorf. Ich liebe sie und werde immer ganz grantig, wenn jemand Blättchen dazu sagt. Immerhin 12 Seiten und eine Auflage von 10.000 Stück. Die lese ich besonders intensiv – auch zur Korrektur. Ich lese auch viele andere Zeitungen … nicht mehr in den Mengen wie früher, aber an manchen Sonderheften komme ich nicht vorbei. Modezeitungen gar nicht und für Society-Lektüre müssen die seltenen Arztbesuche ausreichen.

Bist Du online und offline gleich?
Aaaaahhhhhh … nein … wenn ich ehrlich bin. Ich liebe online, kann offline aber bestens aushalten und mich problemlos beschäftigen. „Langeweile“ und „Anna Schmidt“ passt nicht auf einen Planeten – kenne ich nicht. Ich bin aber die Ohne-Fernseher-Handy-Computer-Kindheitsgeneration … schätze also beide Seiten sehr!

Hast Du schon mal Internetbekanntschaften im realen Leben getroffen?
Mehrere und es war jedes Mal ein absoluter Gewinn! 🙂

Was machst Du in computerfreien Zeiten?
Hungrige Kinder füttern, reale Bücher lesen, Garten genießen, Hund sozialisieren, den Gatten beschäftigen und Pläne schmieden, was ich noch so alles vor habe … und das ist viel!

Hast Du überhaupt längere computerfreie Zeiten?
Wenn ich ehrlich bin – nein. Im Sommer habe ich es im Urlaub sehr genossen, aber das Smartphone war doch immer irgendwo in der Nähe und ich bin grundsätzlich ein sehr interessierter Mensch. Das Seniorenheim bekommt mich irgendwann einmal nur mit der Zusage von uneingeschränktem WLan.

Wie gehts Dir, wenn Du momentan die Welt betrachtest?
Schwierige Frage – das wäre einen eigenen Beitrag würdig. Ich bin sehr realistisch und lebe nicht auf einem rosa Wölkchen. Dennoch weigere ich mich, zu glauben, die Welt und der Mensch sei schlecht. Miesmacher, Schlecht-Redner, Zukunfts-Paniker ertrage ich nicht in meiner Nähe. Wenn wir nur das Negative sehen würden, hätten wir keine Zukunft mehr. Und so bin ich auch überzeugt, dass ein Kind, dass selbstbewusst und positiv erzogen wird, die beste Investition in die Zukunft ist. Wenn ich zuhöre, wie meine Töchter sich mit Dritten über Toleranz und Weltoffenheit unterhalten, weiß ich, dass ich etwas richtig gemacht habe. Selbst, wenn mich mancher für meinen Optimismus belächeln mag, denke ich, dass ich für meinen Teil der Welt mehr erreiche, als andere die mit ihrem Wehgeschrei nerven.

Magst Du Schnitzel mit Pommes?
Ganz klar – nein! 50 % unserer kleinen Familie mag es sehr und ich esse es, wenn ich mich nur an den Tisch setzen muss. Offiziell habe ich beschlossen, dass ich beim Panieren die größte Pflaume bin und es nicht kann. Ich liebe Tintenfisch, esse Schnecken oder rohen Fisch, aber auch ein einfaches Spiegelei kann bei mir Begeisterung auslösen … es gibt wenige Dinge, die ich nicht esse … das Schnitzel ist ein Volltreffer in Bezug auf nicht mögen! 😉

 

Meine Leseempfehlungen wären folgende Blogs – neben vielen anderen, die ich sehr schätze:

Wortgepüttscher

Schnipseltippse

Modepraline

Mein Lesestübchen

keinbisschenleise

Kinder Unlimited

Ich habe nicht nachgeschaut, ob sie an diesem Award schon einmal teilgenommen haben – es lohnt sich in jedem Fall ein Klick auf ihre Seiten, wo ihr schöne, interessante Beiträge findet.

 

Meine Fragen an sie wären die Folgenden …

Alter ist ein relativer Begriff – gibt’s Momente, in denen du dich alt fühlst?

Ist Alter ein Problem für dich?

Würdest du noch einmal gerne von vorne Anfangen?

Welches Alter war das spannendste?

Gibt es Einstellungen oder Dinge, die sich bei dir im Laufe des Lebens geändert haben?

Wird man im Alter ein sozialerer Mensch?

Was möchtest du einmal machen, wenn du das Glück hast so richtig alt zu werden? 🙂

Was wäre deine Großmutter/Großvater-Botschaft an die Jugend?

 

Ich habe in Facebook einen wunderbaren Spruch
bei Irene Söding gelesen:

„Wenn ich alt bin,
will ich nicht jung aussehen,
sondern glücklich!“

So soll es sein! 🙂 Ich bin gespannt!

Eine Zeitung von Kindern

Stadtteilzeitung Steglitz-Zehlendorf Juli-August 2015

Ich gebe es ganz ehrlich zu: Nach 123 Ausgaben der kleinen Zeitung, die ich seit 2003 bearbeite, glaubte ich, schon mit allen Wassern in der Zeitungsarbeit gewaschen zu sein. War ich nicht, denn … Jede Ausgabe der Stadtteilzeitung Steglitz-Zehlendorf hat ein Leitthema. Diese werden einmal im Jahr bei der Klausurtagung der ProjektleiterInnen des Stadtteilzentrums Steglitz e.V., für das kommende Jahr beschlossen. „Flüchtlinge“, „Nachhaltigkeit“, „Senioren“ oder „Ehrenamt“ sind Beispiele für solche Themen – alle aus dem sozialen Bereich. Im letzten Jahr hatten meine KollegInnen eine besondere Idee für mich. Unter anderen Themen sollte die Nr. 124 eine Zeitung werden, die nur von Kindern geschrieben wird.

Ich war, zugegebener Maßen, skeptisch. Das Thema bedeutete nämlich auch, dass ich für diese Ausgabe den RedakteurInnen, die alle ehrenamtlich für die Zeitung arbeiten, den aktiven Schreib-Part absagen musste. Und da diese RedakteurInnen vornehmlich der zweiten Lebenshälfte angehören, war auch nicht zu erwarten, dass wir mit der aktiven Hilfe von deren Kindern oder Kindeskinden rechnen konnten. Woher diese ganzen Kinderbeiträge kommen sollten, war mir noch ziemlich unklar. Auch, wie eine Zeitung aussehen sollte, die auf Nachrichten und Hinweisen aus dem Bezirk verzichtete. Klar war nur, dass die geschalteten Anzeigen bestehen bleiben und die Seite 6 und 7, auf denen immer die Veranstaltungen des sozialen Vereins stehen. Gut, es war ja Zeit. Bis zum Juli/August war viel Zeit … Zeit für einen öffentlichen Aufruf über unsere sozialen Netzwerke. Zeit, die KollegInnen immer wieder an dieses nette Thema zu erinnern. Zeit selber immer mal wieder rum zuhören. Und dann war die Zeit ziemlich schnell rum – wie immer, wenn man denkt, man hat Zeit.

©iuneWind-Fotolia.com_web

Der öffentliche Aufruf war verbreitet und hier freute ich mich unheimlich, dass viele Freunde z.B. unserer Facebook-Seite, diesen Aufruf weiter teilten und verbreiteten. Leider kamen aus dieser Richtung keine Beiträge bei mir an. Dabei behaupte ich immer noch, dass jede Mutter, jeder Vater, irgendwo eine Schublade hat, in der sie und er vielleicht die erste Liebeserklärung oder den ersten bitterbösen „Du-bist-so-ungerecht!“-Brief des eigenen Kindes aufgehoben hat. Nun gut. Wir machten auch wie gewohnt unsere Redaktionsvorbereitungs-Sitzung zu dem Thema, bei der sehr gute Ideen entstanden. Wie es mit Beiträgen der Jugendfeuerwehr, des Jugend-DRK oder eines Schulchores aussehen würde. Schulen könnten angesprochen werden, die Pfadfinder kontaktiert werden und vieles mehr. Nur – da war wieder das Ding mit der Zeit und die hatten wir nicht mehr. Eine Redakteurin bereitete sogar ein Anschreiben an die Direktorin einer Grundschule hier im Bezirk vor, neben der sie wohnt. Sie ist an der, sagen wir freundlich, „Für-sowas-haben-wir-keine-Zeit“-Sekretärin gescheitert und hatte nicht einmal Gelegenheit, ihr Anliegen vorzutragen. Wäre ja vielleicht schick für die Schule gewesen, in einer Zeitung darzustellen, was für fitte Schüler dort sind. War also nicht.

Die Gelegenheit nutzte dafür eine andere Schule, die Montessori Oberschule. In einem Elterngespräch fragte ich die Lehrerin meiner Tochter, ob sie schreib freudige SchülerInnen hätte. Die wusste sofort zwei Schreiberlinge und auf diese Beiträge konnte ich mich verlassen. Immerhin zwei Beiträge – für zwölf Seiten – reichte noch nicht. Nun treffen sich ja die ProjektleiterInnen des Stadtteilzentrums nicht nur einmal im Jahr, sondern monatlich in einer sogenannten PL-Runde. In einer dieser Runden bekam ich Gelegenheit mein Anliegen vorzutragen, ordentlich zu jammern und alle daran zu erinnern, dass dieses Thema eben in dieser Runde entstanden ist. Und obwohl ich eigentlich ein schlechtes Gewissen, wegen des Jammerns hatte, wirkte es. In den darauf folgenden Tagen kam eine Nachricht nach der anderen an, dass ich mit dem ein oder anderen Beitrag rechnen könne. Und nicht nur das – ich merkte, dass diese KollegInnen anfingen Spaß an der Sache zu entwickeln. Merkte ziemlich schnell, dass nun die „Zeitung von Kindern“ wahr werden würde.

Und an dieser Stelle möchte ich zu dem Grund kommen, warum ich diesen Bericht schreiben möchte. Eine Kollegin, die in einer kleinen Schulstation arbeitet, steckte mich so langsam mit ihrer Begeisterung an. Erzählte mir immer wieder, was sich bei ihr mit den Kindern ergab und lud mich ein, die Beiträge abzuholen und die kleinen RedakteurInnen kennenzulernen. Ich fuhr hin und saß in ihrem Büro, erzählte mit den MitarbeiterInnen dort und dann klingelte es zur Pause. Es wurde lauter in der Umgebung, klingelte nochmal an der Tür und ehe ich mich versah, standen etwa 10 Kinder in dem kleinen Büro. Ich wurde als die Frau mit der Zeitung vorgestellt und die nächsten Minuten werden mir immer in Erinnerung bleiben. Mit großen neugierigen und gespannten Augen, stellten die Kinder ihre Beiträge vor und verschwanden zum Teil mit noch nicht fertig gestellten Geschichten. Zwei blieben im Raum. Ein Mädchen aus der vierten Klasse, die zwei sehr lange Beiträge fast fertig hatte und ein Junge aus ihrer Klasse, der sehr gut fotografieren konnte. Wir besprachen, was noch zu tun sei und der spürbare Stolz dieser Kinder, war ein unglaublich schönes Gefühl. Ihre Beiträge in einer richtigen Zeitung. Am Ende der Pause standen wieder so viele Kinder in dem kleinen Büro und jedes plapperte: „Ich brauche drei Zeitungen!“, „Ich brauche auch drei!“, „Geht auch vier?“ oder „Mama, Papa, Oma und mein Bruder!“. Schwer für die Kinder, zu verstehen, dass es aber noch etliche Tage brauchte bis die Zeitung gestaltet, gedruckt und geliefert werden würde. Meine Kollegin schickte sie in ihre Klassen zurück. Das Mädchen verabschiedete sich sehr höflich und ihr Klassenkamerad verpasste mir die erste „Ghetto-Faust“ meines Lebens, die ich glücklicherweise sofort parierte ohne mich vor ihm zu blamieren. Solche Sachen erleben normalerweise nur die KollegInnen, die direkt mit den Kindern arbeiten, nicht ich in meinem kleinen Büro. Ich fuhr ziemlich beeindruckt wieder zurück.

Von anderen KollegInnen kamen Beiträge für die Kinderzeitung und ich muss wirklich sagen, dass ich sehr angetan war. Oft musste ich schmunzeln, oft herzhaft lachen und sehr oft imponierte mir die Weisheit oder Wahrheit, die in diesen Beiträgen stand. Schließlich – und damit hätte ich nie gerechnet, hatte ich mehr Beiträge als ich auf 12 Seiten unterbringen konnte. Ich habe gelernt, ziemlich treffsicher einen Stapel Manuskripte einzuschätzen, um zu sagen wie viele Seiten es werden. Hier konnte ich es nicht. Denn viele Artikel waren kurz, sehr viele handgeschrieben und manche nur als Bild verwendbar. Ich hatte die Qual der Wahl, fing an die Zeitung zu gestalten und musste mich entscheiden bzw. passende Beiträge zusammenstellen. Wenn ich mit so einer Zeitung anfange, brauche ich immer schnell ein Titelbild – dann hat die Zeitung für mich ein „Gesicht“. Ich weiß nicht warum, aber das ist wichtig für mich. Und das hatte ich sehr bald – eine Kinderzeichnung – warum sollte diese besondere Zeitung auch unbedingt ein Foto als Titelbild haben. Der Rest ist eigentlich schnell erzählt, denn er ergab sich von selbst. Die Titelgeschichte stand recht zügig fest und alles andere war ein doch gewohntes großes Puzzle. Das wurde pünktlich fertig, allen beteiligten KollegInnen zur Korrektur geschickt, mit einem Vorwort unseres Geschäftsführers versehen und schließlich gedruckt.

Zum Inhalt sage ich hier nicht so viel, denn es soll eine Einladung zum Lesen sein. Schaut euch die Kinderzeitung einmal an. Ich finde sie großartig, finde klasse, was Kinder können. Wir haben bewusste Rechtschreibfehler nicht verbessert, den auch beim Schreiben muss erst einmal die Motivation gelegt werden. Die richtige Schreibweise kommt mit der Übung – und dem Spaß an der Sache. Ich hatte sehr viel Spaß an dieser Zeitung und freue mich über den Stolz der Kinder, deren Beiträge in dieser Zeitung stehen. Wenn die KollegInnen im nächsten Jahr wieder einmal eine Kinderzeitung haben möchten, werde ich sicherlich sagen: „Gerne – mit eurer Hilfe – ja!“

Stadtteilzeitung Steglitz-Zehlendorf - Juli/August 2015

Ein Klick auf die Zeitung und ihr könnt los lesen! 🙂

Einen besonders herzlichen Dank für ihre Mitarbeit und Vermittlung der Beiträge:
Bianca Zielinska – Schulstation „Schuloase“ an der Ludwig-Bechstein-Grundschule.
René Stürkat – Schülerclub Memlinge.
Saskia Valle und Juliane Langguth – Ergänzende Förderung und Betreuung an der Grundschule am Insulaner.
Kristoffer Baumann – KiJuNa – Kinder-, Jugend- und Nachbarschaftszentrum.
Mike  Haase – Ergänzende Förderung und Betreuung an der Peter-Frankenfeld-Schule.
Beate Mohnstein – Geschäftsstelle Stadtteilzentrum Steglitz e.V.
Kordula Proschitzki – Montessori Oberschule.

Soziale Arbeit und Kulinarisches – zwei Welten?

szs_schuelerclub_kijuna_sept2014

Essen ist insbesondere auch eine gesellschaftliche Angelegenheit, wie hier bei den Kindern aus dem Schülerclub im KiJuNa.

Warum ist „Kulinarisches“ ein großes Thema in einem sozialen Verein, wie dem Stadtteilzentrum Steglitz e.V.? Neben dieser Frage überlegen Sie sich vielleicht auch, warum sich eine komplette Ausgabe der Stadtteilzeitung damit beschäftigt. Ganz einfach: Weil Essen und Trinken, Leib und Seele zusammen hält, wie uns der geflügelte Satz vermittelt. Essen und Trinken spielt immer dort eine Rolle, wo mehr als zwei Menschen zusammentreffen und gemeinsame Zeit verbringen.

In erster Linie dient die Nahrungsaufnahme dem Erhalt und der Pflege des Körpers, der Nährstoffe und Brennwerte benötigt um existieren zu können. In zweiter Linie ist Essen immer verbunden mit sozialer Interaktion. Menschen tun etwas gemeinsam, haben ein gemeinsames Anliegen, ein gemeinsames Ziel – einen satten Körper zu schaffen um so auch das Gemüt in einen zufriedenen Zustand zu versetzen. In allen Einrichtungen des freien Trägers, der von der Kindertagesstätte über Kinder- und Jugendhäuser, Nachbarschaftseinrichtungen bis zum Seniorenzentrum, alle Altersgruppen im Blickpunkt hat, spielt Essen und Trinken, nicht die zentrale, aber eine wichtige Rolle.

In den Kindertagesstätten beginnt der Kita-Tag mit dem gemeinsamen Frühstück. Gemeinsames Essen vermittelt eine gemütliche Atmosphäre, die Kinder können zur Ruhe kommen, vom Vortag erzählen und meist gibt es einen Ausblick auf den beginnenden Tag. Hinter der gemütlichen Frühstücksrunde steht ein komplexer Arbeitsablauf. Das Frühstück muss organisiert werden, Absprachen mit den Kita-Eltern getroffen, Organisatorisches geregelt werden. Die Kinder bekommen von all den Hintergründen nichts mit. Für sie steht die Gemeinsamkeit im Vordergrund. Dabei lernen sie viele soziale Aspekte, wie Tischmanieren, Rücksichtnahme, den Umgang mit Mengen, gemeinsames Auf- und Abdecken und vieles mehr. Und wenn es nur das einfache „Mit vollem Mund spricht an nicht!“ ist, gemeinsames Essen bedeutet bei Kindern immer Vertrautheit zu schaffen sowie einen sorgsamen Umgang mit diesem zentralen Lebensthema zu erlernen. Das gleiche gilt für die Mittagssituation. Auch hier kommen alle zusammen, erleben Gemeinsamkeit, Gespräch und eine Unterbrechung des Tagesablaufes.

In allen schulischen Einrichtungen, Ergänzende Förderungen und Betreuung kurz EFöB oder Schülerclub genannt, gilt das gleiche. Die Kinder kommen nach dem Schultag in die Einrichtungen und überbrücken die Zeit zwischen Schule und Zuhause. Zu Beginn steht das gemeinsame Essen. In diesen Einrichtungen ist meist ein komplexerer Organisationsaufwand zu bewerkstelligen. Die Klassen müssen mit den Essenzeiten koordiniert werden, der Grad zwischen nährstoffreichem, gesundem Essen und dem Kostenaufwand sinnvoll gestaltet werden und zudem soll das Essen den Kindern schmecken, Spaß machen und auch hier Gemeinschaft fördern.

Ist in den Kita’s und schulischen Einrichtungen Essen und Trinken ein fester Bestandteil des Tagesablaufes, sieht es in den Freizeitbereichen der Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie den Nachbarschaftshäusern etwas anders aus. Hier ist das kulinarische Angebot eher Mittel zum Zweck. In den Kindereinrichtungen kommt der soziale Auftrag zur Geltung, mittels dem Kinder und Jugendlichen gesunde, regelmäßige Ernährung und die nicht trennbaren körperlichen Betätigungen, also Sport, näher gebracht werden sollen. Dies geschieht in Form von Projektwochen, speziellen Angeboten – wie Grill-Nachmittage, gemeinsame Koch-Events – beispielsweise Weihnachtsbacken oder oft in Zusammenhang mit fremden kulturellen Ereignissen. Über das Essen werden Inhalte vermittelt, weil es immer aktives Teilhaben und Gespräch mit sich zieht. Die Verbindung zwischen kulinarischem und kulturellem Erleben öffnet Kindern und Jugendlichen einen Blick in die Gesellschaft und ihrem unglaublichen Facetten-Reichtum. Eine Besonderheit stellt unter der Trägerschaft des Stadtteilzentrums das KiReLi – Kinderrestaurant Lichterfelde dar. Diese Einrichtung ist tatsächlich ein Restaurant, in dem Kinder für einen Euro und ihre Eltern für 1,50 Euro essen können. Ein Angebot, das sich schon viele Jahre bewährt hat.

Die Nachbarschaftseinrichtungen haben bei diesem Thema einen anderen Schwerpunkt. Sie bieten Raum für Begegnung. Im „kieztreff“ in der Celsiusstraße stellen wir die Räume der Nachbarschaft zur Verfügung um Menschen zusammen zu bringen. Der zentrale Raum ist mit Tischen und Stühlen ausgestattet und bietet beinahe Wohnzimmer-Athmospere. Man kann sich setzen, nach Belieben einfach lesen, ins Gespräch kommen oder an Angeboten teilhaben. Es ist praktisch ein Raum, der die Möglichkeit bietet mit fremden Menschen Gemeinsamkeit aufzubauen ohne gleich zu privat zu werden. Die Kolleginnen der Einrichtung stehen für die BesucherInnen bereit. Manche benötigen ein offenes Ohr, mache möchten einen Kurs oder Vortrag anbieten und brauchen organisatorische Hilfe, mache brauchen einen Rat, wohin sie sich wenden können, oder sie suchen eine Gruppe für ein spezielles Anliegen. In diese Einrichtungen kann man sich hineinsetzen, sich wohlfühlen, nach eigenem Bedürfnis mitmischen oder Freunde treffen.

So auch im Gutshaus Lichterfelde, das mit seiner sehr schöne Lage mit dem angrenzenden Schlosspark und dem sowieso schönen Ambiente des Hauses zum Wohlfühlen einlädt. Ein kleines Nachbarschaftscafé steht schon viele Jahre als ergänzendes Angebot zu den vielen Freizeitmöglichkeiten zur Verfügung. Es ist jedoch kein Kaffeebetrieb, sondern ein Ort an dem sich jeder eingeladen fühlen darf und nebenher die Möglichkeit hat für wenig Geld, ein Getränk, ein Brötchen oder Kuchen zu bekommen. Das Essen und Trinken soll Menschen verbinden, die Gemeinsamkeit unterstreichen, neue Ideen wachsen lassen und Vertrautheit schaffen. Zudem können die Besucher hier erfahren, was in den vielen Einrichtungen des Stadtteilzentrums geboten wird, wo besondere Ereignisse geplant sind oder man sich beispielsweise ehrenamtlich engagieren kann. Engagieren kann man sich unter anderem im Café der Einrichtung, was eine lange Tradition im Haus hat und schon so manche Freundschaften fördern konnte.

Im Sommer wurde die Küche des Cafés renoviert und komplett umgebaut, mit allem was dazu gehört. Im Zuge dieser Neu-Gestaltung hat sich auch das Angebot verändert. Das Frühstücksbuffet konnte aus organisatorischen Gründen nicht mehr wie gewohnt angeboten werden. Statt Frühstück zum Selbermachen stehen frisch zubereitete belegte Brötchen, Kaffee, Tee, Selter und Saft und ab 14.00 Uhr der täglich frisch gebackene Kuchen bereit. Die Umstellung war anfänglich ungewohnt, hat aber dem Sinn des Hauses – zusammenzukommen – keinen Nachteil entstehen lassen. Essen und Trinken ist eine nette Nebensache im Nachbarschaftscafé und unterstützt die Hauptsache: Menschen einen Ort der Erholung, der Ruhe und des Wohlfühlens zu bieten.

Manuela Kolinski ist Projektleiterin des Gutshaus Lichterfelde und ihre Aussage gibt Einblick, wie dieses Haus bei den Menschen ankommen möchte: “Ich arbeite nun schon seit insgesamt 15 Jahren hier an diesem wunderschönen Ort. Ich freue mich nach wie vor jeden Tag, wenn ich in das Haus komme, die Terrasse aufbaue und in den schönen Schlosspark schaue. Wenn dann noch am Vormittag der frische Kuchenduft das ganze Haus vernebelt, ist es wie ein Traum, den ich jeden Tag aufs Neue träume. Hätte ich einen Wunsch frei, würde ich mir wünschen, dass die Menschen, die zu uns kommen, sich natürlich über die frischen Brötchen und den leckeren Kuchen freuen, aber sich auch für die vielseitigen Angebote hier im Gutshaus und den anderen Einrichtungen begeistern.“ Das hört sich so an, als ob da jemand am richtigen Platz ist, oder? Sie sagt weiter: “Schauen Sie einfach mal vorbei. Ein kleiner Tipp von mir: Bei einem Pott Kaffee liest sich die Stadtteilzeitung  ganz besonders gut!“

Menschen mittels Essen und Trinken verbinden, sind keine zwei Welten in der Arbeit dieses sozialen Vereins.

Zeit1014

Stadtteilzeitung Steglitz-ZehlendorfNr. 181 • Oktober 2014

Warum machst du das eigentlich?

annaschmidt-berlin_stadtteilzeitung

„Warum machst du das eigentlich“, fragte mich eine Bekannte und ihr Unverständnis in der Stimme war deutlich zu hören. Im ersten Moment war ich verwirrt, bis ich verstand was sie meinte. Ich hatte mich beklagt, dass ich trotz Müdigkeit am Abend noch eine ehrenamtliche Arbeit für den Sportverein meiner Kinder fertig bekommen musste. Ja, warum macht man das eigentlich. Warum engagieren sich manche Menschen ehrenamtlich, obwohl vordergründig keine Vorteile daraus ersichtlich sind. Ein Ehrenamt hat immer etwas den Ruf, dass man mehr investiert als man zurück bekommt. Also muss es andere Gründe geben, warum sich viele Menschen engagieren und so einen wertvollen Beitrag in allen gesellschaftlichen Belangen leisten. Ehrenamtlich Engagierte als blauäugig oder Weltverbesserer abzutun wäre zu leicht.

In einem Bereich meiner Arbeit wechsele ich die Rolle der selbst Engagierten, in die Rolle derjenigen, die ein Ehrenamt anbietet. Mein Arbeitgeber ist das Stadtteilzentrum Steglitz e.V., ein sozialer Verein mit Einrichtungen von der Kita bis zum Seniorenheim. Mein Arbeitsbereich ist die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. In diesem Rahmen begleite ich ein Projekt, das ohne ehrenamtliche MitarbeiterInnen in dieser Form nicht denkbar wäre – die Stadtteilzeitung Steglitz-Zehlendorf. Die erste Stadtteilzeitung erschien im März/April 1996 und hieß damals noch “Nachbarschaftsbote”. Die ersten Ausgaben wurden auf einem Kopierer vervielfältigt, aber im Laufe der Zeit entwickelte sie sich zur Stadtteilzeitung und veränderte viele Male ihr “Gesicht”. Nach einer sieben monatigen Zeitungspause durfte ich an diesem Projekt ab April 2003 teilhaben. Schaut man in das Impressum der ersten Ausgaben 2003, so findet man vornehmlich MitarbeiterInnen des Stadtteilzentrums, was sich aber in den folgenden Ausgaben sehr schnell ändert. Das Impressum füllte sich sehr bald mit den Namen ehrenamtlicher RedakteurInnen, die uns nun zum Teil schon über sehr viele Jahre begleiten.

Die Gründe in diesem Bereich mit Ehrenamtlichen zu arbeiten sind vielfältig. Einer davon ist der zeitliche Aspekt. In der täglichen sozialen Arbeit ist zum einen viel zu tun und zum anderen fällt es MitarbeiterInnen schwer zu erkennen wie erzählenswert ihre Arbeit ist, die sie als Selbstverständlichkeit ansehen. Geht ein Kind glücklich nach der Hausaufgabenbetreuung nach Hause, ist das für „Zeitungsmacher“ eine Geschichte wert. Der Mitarbeiter sieht eher die erfüllte Pflicht, die schwer in Worte zu fassen ist. Der Blick des Ehrenamtlichen von außen, lässt es dann wiederum zu einem Bericht werden. Hinzu kommt die Vielfältigkeit der Stadtteilzeitung, die aus allen Bereichen des Bezirks berichtet. Nicht nur eigene Einrichtungen, auch Kooperationspartner, Initiativen, der Bezirk, Privatpersonen, Schulen, Aktionen, Projekte … jeder kommt zu Wort, der sich an die Redaktion wendet und die moralischen Grundsätze der Zeitung einhält. Diese Vielfältigkeit zu bedienen ist nur durch ehrenamtliche Redakteure möglich, die aus allen Bereichen des Bezirks kommen. Sie sind nicht nur die Berichtenden, sondern zugleich auch diejenigen, die Hinweise geben, worüber wir berichten sollten. Seit einigen Jahren arbeiten wir in der Redaktion in jeder Ausgabe mit Themenschwerpunkten, wie zum Beispiel Familie, Bildung, Jugend, Sport, Nachhaltigkeit. Auch diesbezüglich offerieren die RedakteurInnen die notwendige Vielfalt. Durch die Unterschiedlichkeit ihrer Persönlichkeiten bekommen die Themenschwerpunkte verschiedene Gewichtungen, die eine abwechslungsreiche Zeitung möglich machen.

Die Redaktionssitzungen sind spannend. Denn auch wenn sich das Team meist schon lange kennt, gibt es immer wieder Diskussionen, die verschiedene Standpunkte und Sichtweisen unter einen Hut bringen müssen. Es muss ein gemeinsamer Nenner gefunden werden, der eine gemeinsame Zeitungsausgabe möglich macht. Die Gründe über teils viele Jahre in diesem Team mitzuarbeiten sind unterschiedlich. Dank und große Wertschätzung hat einen hohen Stellenwert. Es ist eine fruchtbare Arbeit, abwechslungsreich und spannend und letztendlich erfüllt es ja auch mit Stolz, zu wissen, dass der eigene Artikel 10.000 mal im Bezirk gelesen wird. Es ist ein Team, das über die Zeit gelernt hat, die Eigenheiten, Schwächen und Stärken der anderen zu schätzen.

Meine KollegInnen erfreuen sich ebenso der Unterstützung durch Ehrenamtliche in ihren Arbeitsbereichen. Englischunterricht, Deutschunterricht, Lesestunden für Kinder, Bastelstunden, Hilfe im Nachbarschaftscafé, bei der Gartenarbeit, Hausaufgabenhilfe … sind einige Beispiele dafür. Und genauso wie die Ehrenamtlichen der Stadtteilzeitung, ermöglichen sie eine Angebotsvielfalt, die nur mit dem normalen Arbeitsaufwand personell nicht möglich wäre. Sie bringen den Gemeinschaftsgedanken, Freude am Umgang mit Menschen, Wertschätzung, Erfahrungen und viele andere menschliche Aspekte mit ein, die eine große Bereicherung und ganz besondere Hilfe sind.

In jedem Ehrenamt liegt ein egoistischer Aspekt. So engagiere ich mich in der GEV (Gesamteltervertretung) der Schule meiner Tochter und bin besser informiert, als die meisten Eltern. Ich engagiere mich im Sportverein und kann auch so indirekt den sportlichen Gedanken meiner Kinder fördern. Ich stelle mich an einen Info-Stand meines Vereins und kann meiner Neugier auf ein Event den nötigen Raum einräumen. Ich schreibe für eine Zeitung und finde meine Berichte in großer Vervielfältigung. Ich gebe Deutschunterricht und trainiere eine Weiterbildung. Ich helfe im Café und bin nicht mehr allein. Es ist ein gesunder Egoismus, der Menschen motiviert, sich zu engagieren. So müsste die Antwort auf die Eingangsfrage eigentlich eine Gegenfrage sein: „Warum machst du es noch nicht?“

Erschienen auf der Seite des Paritätischen Berlin für den Rundbrief August 2014
www.paritaet-berlin.de

Update – Toleranz und Anerkennung

februar-zeitung-2014

Man möchte bewegen, wenn man sich einem Thema annimmt und darüber schreibt. Die Richtung der Bewegung kann man allerdings kaum beeinflussen. Ich möchte bewegen, Aufmerksamkeit schaffen. Den Beitrag „Toleranz und Anerkennung – Zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ hatte ich für die Februar-Ausgabe der Stadtteilzeitung geschrieben. Das Leitthema der Zeitung hieß „Anderssein“. Als ich der Freundin meines Bruders damals erzählte, dass mein geplanter Beitrag nichts werden würde, schlug sie vor über sie selber zu schreiben. Darüber, was sie mit ihrer schwarzen Hautfarbe in den ersten Jahren hier in Deutschland erlebt hatte. Sie wollte anderen in gleicher Situation Mut machen. Der Artikel war das Resultat unseres Gesprächs und er ist bis heute einer meiner liebsten Beiträge in meinem Blog. Ich bekam durch das Gespräch mit ihr einen ganz anderen Blick auf die Situation der Menschen, die versuchen sich in Deutschland eine Existenz aufzubauen.

Einige Zeit nach erscheinen der Zeitung hatte sie Urlaub, den sie in einer anderen Stadt verbrachte. Als sie wieder zurück zur Arbeit kam, sprach keiner der KollegInnen mehr mit ihr. Der Umgang mit ihr wurde gemieden und erst nach einer Woche bekam sie ein Gespräch mit der Filialleitung zugesprochen. Dabei kam heraus, dass während ihres Urlaubs eine Kollegin diesen Artikel in der Zeitung gefunden hatte und der Filialleitung zu lesen gab. Nun durfte sie sich rechtfertigen, wie sie auf die Idee käme, so einen Artikel in eine Zeitung zu setzten. Als ich das hörte, war ich sehr erschüttert und auch völlig verwirrt. Nicht zuletzt, weil ich auch das Gefühl bekam an ihren Unannehmlichkeiten Schuld zu sein.

Letztendlich führten diese Unannehmlichkeiten dazu, dass sie in der anderen Stadt eine neue Arbeitsstelle gesucht und gefunden hat, mit meinem Bruder nun zusammen wohnt und sie sich ein gemeinsames Leben aufbauen werden. Das war zweifelsohne eh geplant, durch diese Vorgänge aber beschleunigt. Ich wünsche beiden alles erdenkliche Glück für ihr gemeinsames Leben!

Was mich nachhaltig an dieser Geschichte beschäftigt ist der Gedanke, wie notwendig das Werben um Toleranz und Anerkennung hier unter uns, in diesem Land und in unserem Umfeld ist. Und auch, wie aktuell dieses Thema ist. Wir sind eine multinationale Gesellschaft, die ihre Stärken eben aus der Mischung aller Menschen zieht. Wir können als attraktives Land nur bestehen, wenn wir Andersartigkeit zulassen und unsere Köpf dafür öffnen. Es gibt für mich keinen einzigen Grund, warum ein Mensch bei uns wegen eines ethnischen Merkmals eine andere Behandlung erfahren sollte als alle anderen oder über sein Erleben schweigen sollte.

Ich gebe gerne zu, dass auch ich oft Scheu spüre, wenn ich Menschen begegne, die aus fremden Ländern kommen, die ich nicht einschätzen kann, die eine mir unbekannte Religion haben oder zu denen ich aus sprachlichen Gründen nicht gehören kann. Ich gebe zu, dass ich mit einem komischen Bauchgefühl kämpfte, als in unmittelbarer Wohnnähe ein Wohnheim für Aussiedler eröffnet wurde. Es war so nah. Aber ich weiß, dass mein Gefühl aus Unkenntnis entsteht und Unkenntnis kann man nur entgehen, indem man darauf zugeht. Man muss Fragen stellen und versuchen zu verstehen, was diese anderen Menschen antreibt und beschäftigt. Damit habe ich noch nie schlechte Erfahrungen gemacht. Ganz im Gegenteil, viele wunderbare Freunde gewonnen und sehr viel für mich gelernt. Das Wohnheim habe ich mir angesehen, sprachliche Hürden kann man überwinden, Religionen und Länder kennenlernen.

Der Beitrag „Toleranz und Anerkennung“ klagt nicht an. Darum geht es nicht. Er zeigt ein Beispiel eines Menschen, der hier eine Existenz aufgebaut hat und sich als bewährtes Mitglied und als Bereicherung für unsere Gesellschaft entwickelt hat. Er zeigt ein Beispiel, wie sich jemand erfolgreich bei uns integriert und hier Freunde, Familie und ein erfülltes Leben findet. Der Hürden überwindet und Stärke zeigt.

Traurig ist die menschliche Seite, die sich zeigte, als der Beitrag erschien. Das sich Menschen nicht vorstellen können, mit welchen Hürden man kämpft, wenn man bei uns anders ist. Das diese „andersartigen“ Menschen nur toleriert werden solange sie „funktionieren“. Wenn sie aber auf sich aufmerksam machen, Menschlichkeit zeigen, uns den Spiegel der Intoleranz vor Augen halten, dann werden sie auf ein Minimum der Akzeptanz reduziert. Und es zeigte sich auch, das der Inhalt und Sinn des Beitrags in keiner Weise von diesen Menschen verstanden werden wollte. Es tut ja auch weh, wenn man den „Guten“ zeigt, dass sie gar nicht so gut sind.

Das war eine Bewegung, die so nicht gewollt war, aber doch zeigt, dass diesbezüglich viel zu tun ist. Ich habe lange überlegt, diese Geschichte hinter dem Artikel einfach so stehen zu lassen. Es ist mir jedoch ein Bedürfnis, für Offenheit anderen gegenüber, bei mir selber und bei anderen – jetzt und künftig – zu werben.