Der Traum von der Musik-Kita mit dem Hund

Feza Guschke März 2015

Feza Guschke

Als sie eines Tages ihrer Arbeitsbereichsleiterin erzählt, dass sie von einer Kita mit einem Hund träumt, bekommt sie als Antwort gesagt: „Warum nicht!“ Genau damit hatte sie nicht gerechnet, da die Antwort mehr aussagte, als dass allein die Vorstellung möglich ist. Die Antwort bedeutete ebenso, dass man empfänglich für ihre Visionen und Vorstellungen ist. Hier werden Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet und neu Perspektiven bereitgestellt. Das hatte sie fasziniert – ein Arbeitsplatz, der nicht in einem starren Muster verharrt, sondern wo es gewünscht ist an neuen Entwicklungen aktiv teilzuhaben und mitzuarbeiten. Zum 1. März hat Feza Guschke die Leitung der Kita Lichterfelder Strolche übernommen. Sie übernimmt damit die Verantwortung für eine der drei Kita’s des Stadtteilzentrum Steglitz e.V., aber eine neue Kollegin ist sie dennoch nicht.

Feza Guschke war Erzieherin im Team der Lankwitzer Maltinis, eine relativ neue Einrichtung des Stadtteilzentrums, die im August 2013 eröffnete. Hier konnte sie von Anfang an den Kita-Alltag, die Atmosphäre und die Teambildung mit gestalten. Recht schnell war deutlich, welches kreative Potential sie dafür mitbrachte. Feza erzählt lächelnd, dass sie einmal von einem Dozenten als ein Fass voll Kreativität bezeichnet wurde. Es ist ihr bewusst und sie sagt, dass sie Möglichkeiten braucht um all das loszulassen und zu teilen, was in ihr steckt. Mit wem könnte sie dies nun wieder besser teilen als mit Kindern. Kinder kennen für sie keine Grenzen. Sie sind bereit, sich und ihre Umwelt auszuprobieren und unvoreingenommen allem zu begegnen, was sie spannend und interessant finden. Unvoreingenommenheit zu erhalten und so wenig Grenzen als möglich zu setzen sind Dinge, die sie den Kita-Kindern erhalten möchte. Voraussetzung dafür ist, dass Kinder Regeln lernen, Pflichten einhalten und durch Verlässlichkeit wiederum Freiheiten erhalten. Klingt schwierig? Ist es nicht, denn wenn man die Ruhe und Überzeugung spürt, die Feza ausstrahlt, wenn sie das sagt, spürt man auch, dass sie die Persönlichkeit hat, dies umzusetzen.

Feza Guschke lernt gerne, für sich selber, von Kindern, von den Menschen, die ihr begegnen. In diesem Jahr wird sie ihre Zusatz-Ausbildung zur Facherzieherin für Musik und Rhythmik beenden. Musik gehörte von Kindheit an zu ihrem Leben dazu, ist etwas, was sie ihren eigenen Kindern mitgibt und auch den Kita-Kindern vermitteln möchte. Die Möglichkeiten zusätzliche Fachausbildungen zu machen, schätzt sie sehr an ihrem Beruf. Je nach Neigung und Fertigkeiten kann man Kompetenzen erlangen, sich in alle Richtungen weiterbilden und entwickeln. Sie selber musste immer lernen, sich neuen Situationen anzupassen und sich in neuen Begebenheiten zurecht zu finden. In Berlin geboren, erlebte sie ihre ersten drei Lebensjahre bei der Großmutter in der Türkei. In Berlin wieder bis zu ihrem 12 Lebensjahr, um dann bis zum 28. Lebensjahr in der Türkei zu leben. Dort absolvierte sie die erste Ausbildung und das Studium zur Deutschlehrerin. Als Lehrerin machte sie ihrer ersten Erfahrungen mit der Art und Weise, wie Kinder lernen und lernte die verschiedenen Wege kennen, Kindern etwas beizubringen. Durch Heirat und Geburt der eigenen Kindern wurde Feza endgültig in Berlin sesshaft. Das frühere Lehramt wollte sie nicht mehr ausüben. Kinder zu bewerten gehörte nicht zu der Vorstellung von Förderung die sie wollte. Sie entschloss sich nach der Elternzeit zur Erzieherausbildung. Diese Ausbildung bezeichnet Feza als Reise zu sich selber. Sie sei für Dinge sensibilisiert worden, die sie persönlich bereichert hätten. Es sei einer Reflexion der eigenen Person nahe gekommen, von der sie in vielen Bereichen bis heute profitiert und nicht zuletzt die Themenvielfalt und -vertiefung hätte sie an dieser Ausbildung geschätzt.

Nun hat die nächste Veränderung begonnen und sie wird ein Team von ErzieherInnen in der Kita leiten. Das Wort Leitung mag sie noch nicht besonders und muss sich daran gewöhnen. Als Begleitung sieht sie sich lieber, denn auch die Weiterentwicklung der Kolleginnen liegt ihr sehr am Herzen. Die Entscheidung ist ihr nicht leicht gefallen, war sie doch fest in ihre Arbeit der Kita Maltinis integriert. Dort hinterlässt sie wertvolle Kontakte zu Kindern, Eltern, Kolleginnen, die sie vermissen wird. Letztendlich war die Neugierde und Herausforderung stärker. Die Möglichkeit selber Perspektiven und Ziele zu entwickeln, eine Kita zu gestalten, Kolleginnen in ihren Ideen zu fördern und von ihren eigenen Ideen zu begeistern. Ausschlaggebend für den Zuspruch die Projektleitung zu übernehmen, war letztendlich das Vertrauen, das Arbeitsbereichsleitung und Geschäftsführung in sie setzten und besonders die Zusicherung jeglichen Rückhalt zu haben, den sie braucht.

Feza Guschke liebt Kommunikation in jeglicher Form, gleichgültig ob über Musik, Gestik oder Worte. Sie vermittelt das Gefühl, zuzuhören, was ihr Gegenüber sagt. Mit den Kita-Eltern möchte sie auf Augenhöhe arbeiten, möchte, ihr Vertrauen gewinnen und hofft auf wertschätzende Zusammenarbeit. Es ist ihr wichtig, Situationen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, offene Gespräche zu suchen und so für alle optimale Lösungen zu schaffen, die einen achtsames Miteinander ermöglichen. Das sind ihre ersten Ziele in der „neuen“ Kita, die sie von nun an leiten wird. Oder doch eher begleiten? Alles ist offen, denn diese Frau lernt schnell – und wer weiß, vielleicht berichten wir an dieser Stelle einmal von der Musik-Kita mit dem Hund

Wir wünschen Feza einen wunderschönen Beginn und den Erfolg, den sie sich wünscht. An ihrem neuen Arbeitsplatz beim alten Arbeitgeber, der sich besonders freut, eine Kita-Leitung mit einer bewährten Kollegin aus den eigenen Reihen besetzen zu können. 

Leitartikel der Homepage des
Stadtteilzentrum Steglitz e.V. vom 2. März 2015

 

In Freundschaft …

Foto: ©-Ciaobucarest-Fotolia.com

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Sie hat mich am frühen Abend abgeholt. Zusammen sind wir eine große Kanalrunde gelaufen und als der Hund glaubte, jetzt geht’s nach Hause, sind wir einfach umgedreht und die gleiche Runde noch einmal gelaufen. Dann ging es aber immer noch nicht nach Hause. Eine Parkbank kam uns gerade recht, auf die wir uns setzten und weiter erzählten … erzählten, erzählten und weiter erzählten. Wir hatten uns lange nicht gesehen, zwischenzeitlich viel erlebt und mussten nun das alles austauschen, besprechen und beratschlagen – auf einer Ebene und mit einer Nähe, die ich nur bei wenigen Menschen zulasse. Ich war mit meiner Freundin unterwegs und als ich wieder zuhause war, vollkommen zufrieden, besänftigt, bestätigt und ruhig – eine Gefühlsmischung, die man eben nur bei der Freundin erlebt.

Ich habe immer Probleme damit „meine Freundin“ oder „meine beste Freundin“ zu sagen. Denn sie ist ja nicht „meine“, sie ist „eine“ Freundin, aber eben eine ganz besondere. Es ist eine sehr alte und vertraute Freundschaft, die unabhängig von Zeit und Ort immer weiter besteht und sich durch die Jahre entwickelt und verändert hat. Diese Freundschaft ist immer ein paar Monate älter als unsere älteren Kinder. Wir waren damals beide Neulinge in Berlin und schwanger. Durch die Schwangerschaftsgymnastik und einen Geburtsvorbereitungskurs haben wir uns und unsere Männer kennengelernt und es passte einfach. Neu in Berlin und schwanger ist eine gute Mischung um noch mehr Mütter kennenzulernen. So kamen wir gemeinsam in der PEKiP-Gruppe an und erlebten stundenlange Spaziergänge mit den Kinderwagen, bei denen wir uns austauschen konnten und Junge-Mütter-Geschichten debattierten. Die Schwangerschaft der Zweigeborenen erlebten wir fast gleichzeitig und auch den ersten Kindergarten besuchten unsere Kinder gemeinsam. Das trennte sich eine Weile, bis sich unsere größeren Kinder in der ersten Klasse wieder trafen. So ging es immer weiter. Mit der Zeit fingen wir beide wieder an zu arbeiten und im letzten Jahr besuchten wir den gleichen Abiturball unserer Kinder. Wir verabreden uns schon lange nicht mehr, damit die Kinder miteinander spielen können. Daran mussten sich zeitweilig auch die Kinder gewöhnen, dass sich die Mütter verabreden einfach um ihrer selbst willen. Nur sehen wir uns heute seltener, jeder hat seine Kreise, seine Arbeit, unterschiedliche Interesse.

Es ist eine Freundschaft, die alles erfüllt, was ich mir von Freundschaft erhoffe. Das Vertrauen, mich öffnen zu können. Den Respekt, in meiner Situation verstanden zu werden. Die Sicherheit, eine ehrlich und keine gefällige Meinung zu hören. Die Verschwiegenheit, sehr persönliche Dinge erzählen zu können und das Gefühl in Freude wie auch Schmerz aufgehoben zu sein. Wenn wir merken, dass es dem anderen nicht gut geht, können wir fragen und helfen. Wenn einer von beiden etwas sehr Schönes erlebt, die Freude vorbehaltlos teilen. Das alles – es sind ja hohe Ansprüche – ohne das Empfinden gefangen oder verpflichtet zu sein und ohne Erwartung.

Das ist die eine Freundschaft, die in dieser Form nur funktionieren kann, weil sie frei ist. Frei von Absolutheitsansprüchen und frei von Eifersucht. Wir haben beide viele andere Freundschaften, die mit unserer nichts zu tun haben. Ich pflege einige andere Freundschaften, die einen völlig andern Stellenwert und Inhalt haben. Jeder Freund, jede Freundin belegt einen anderen Platz in mir und erfüllt ein anderes Bedürfnis. Keine von ihnen ist mehr oder weniger Wert als die andere. Es gibt Freunde, mit denen ich philosophieren kann, Freunde für Unternehmungen, Freunde aus meinem Arbeitskreis, Freunde durch die Familie, Freundschaften durch den Hund, alte Schulfreundschaften, Brieffreundschaften, ganz alte Wegbegleiter, Freundschaften, die sich über Gefühl definieren, durch gemeinsame Hobbies, durch Sport oder sonst welche Umstände. Jede davon ist mir gleich wichtig und wertvoll. Aber doch ist es nur eine Handvoll, die sehr innig, beständig, zeitlos und wertfrei – eben so, wie diese besondere Freundschaft, sind.

Neben den Freundschaften gibt es das Heer von Bekanntschaften. Auch die sind mir wertvoll und ich freue mich über Jeden, dem ich begegne, mit dem ich etwas erlebt oder eine Gemeinsamkeit habe. Jedes freundliche Lächeln, wenn man sich begegnet und grüßt, ein paar Worte tauschen kann. Unter den Bekanntschaften sind viele Menschen, die ich so interessant finde, dass ich es schade finde nicht mehr Zeit zu haben um sich intensiver kennenlernen zu können. Es gibt so spannende Menschen.

Den Umgang mit Freundschaften muss man erlernen. Es ist ein hartes Stück Arbeit, sie aufrecht zu erhalten und nach Bauchgefühl zu entscheiden, was richtig für die jeweilige ist. Ist es für Kinder und Jugendliche oft wichtig viele Freunde zu haben, lernt man mit der Zeit, dass nicht die Anzahl sondern die Tiefe den Wert bestimmt. Und nicht unbedeutend ist der schöne Satz: „Sei der Freund, den du dir wünscht!“ … es gibt so schöne Zitat über Freundschaft. Freunde muss ich nicht unbedingt um mich haben. Sie geben mir Halt und es reicht, zu wissen, dass sie da sind und erreichbar wären, wenn ich sie bräuchte. Manchmal freue ich mich über einen Anruf, ein Bild oder eine Kleinigkeit – besonders aber hin und wieder über solche Aussichten wieder eine Runde am Kanal zu laufen und alles Erlebte vertraut zu tauschen.

Ein Brief für mich!

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Ob schöne Karten, besondere Briefe, kleine Zettelchen oder geheime Nachrichten, wie hier, in der Tablettendose versteckt … sie sagen immer – ich habe nur an dich gedacht!

Der kleine Schlüssel dreht sich einmal im Schloss und die Klappe vom Briefkasten ist geöffnet. Ich nehme den ganzen Stapel Post heraus, schließe wieder und trage meine „Beute“ ins Haus. Auf dem Tisch sortiere ich. Rechnung, Werbung, Rechnung, Werbung, Werbung, Infopost, Rechnung, Brief, Werbung, … stopp … ein Brief dazwischen. Ich werde neugierig und schaue mir den Brief genauer an. In Handschrift steht meine Adresse darauf und hinten ebenso der Absender. Ein Brief von meiner Freundin, nur für mich oder besser – extra für mich. Ich öffne ihn und lese, bin gerührt und freue mich ganz besonders über diese gelungene Überraschung. 

Ein Brief im Zeitalter der Digitalisierung und dabei stehen auch dieser Freundin und mir sämtliche Kommunikationswege via Internet und Smartphone offen. Wir haben oft Kontakt über sogenannte Messenger, schicken uns Nachrichten oder Bilder, grüßen kurz oder erzählen etwas von den Kindern. Wir wohnen in unmittelbarer Nähe. Und nun dieser Brief. Ich hatte ihr zwei Tage zuvor einen Link geschickt und mich gewundert, dass sie sich dazu nicht äußerte. Die Antwort auf meine Nachricht war ihr so wichtig, dass sie sich die Mühe machte, einen schönen Briefbogen zu nehmen, zu schreiben, ihn in den Umschlag zu stecken und in meinen Briefkasten zu legen. Welch eine Wertschätzung – ich war überwältigt.

Ich gehöre nicht zu der „Früher war alles viel besser“-Fraktion, aber die Gefühle, die sich bei mir um diesen Brief zeigten, machen mich doch etwas nachdenklich. Mein Umgang mit Nachrichten und Briefen war früher anders. Früher habe ich viel geschrieben, nein, ich habe immer viel geschrieben. Doch früher hatte ich kein Smartphone, keinen Computer, keine Technik und keine Autokorrektur, die das Schreiben viel schneller, effektiver, leichter machen. Früher habe ich mir schönes Papier genommen, habe Briefe und Botschaften geschrieben und verschickt. Viele Briefe und lange Briefe. Ich war auf jeden Brief stolz und immer glücklich, wenn ich einen in den Briefkasten stecken konnte. Und wie groß war die Freude, wenn eine Antwort kam – nur für mich.

Dabei spielten Briefe immer eine besondere Rolle. Als ich zum Beispiel meinen Mann kennengelernt habe, wohnte er an der Nordsee und ich im Schwabenland. Damals gab es nur Telefon und Briefe. Telefonieren war teuer, also schrieben wir Briefe, über zwei Jahre lang. Wunderbare, lange Briefe. Er schrieb immer so, wie er sprach und da er immer schon ein Mensch war, der andere zum Lachen bringen kann, waren auch seine geschriebenen Briefe so zum Lachen. Ich fuhr manchmal in der Mittagspause meiner Ausbildung nach Hause um zu sehen, ob ein Brief von ihm da war. War einer da, steckte ich ihn ein und musste schnell wieder zum Unterricht. Dort las ich die Briefe heimlich unter der Bank – warten ging nicht – und musste manchmal so lachen, dass ich manchen Toilettengang vortäuschen musste. Später verloren wir den Kontakt zueinander, das sollte aber nicht auf Dauer so sein. Sieben Jahre später erzählte mir mein Cousin wieder von diesem Mann und ich schrieb wieder einen kleinen Brief, vollkommen belanglos und kurz. Er könne sich ja melden, wenn er Lust hätte … hatte er. Wir schrieben wieder Briefe und telefonierten zwei Monate lang. Als die Telefonrechnung dann um die 1600,- DM betrug, war mein Umzug in den Norden beschlossen. Das war vor 21 Jahren – wir schreiben keine Briefe mehr – aber lachen oft, wenn wir an diesen Briefwechsel denken müssen.

Ganz besondere Briefe und Botschaften waren die kleinen Zettelchen meiner Kinder. Jede Mutter, jeder Vater könnte vor Rührung fast umfallen, wenn sie oder er das erste Mal einen Brief vom Kind bekommt. Kleine, große, bunte und krumme Buchstaben, die Worte formen, Sätze bilden und die Welt der Eltern in ein Meer von Gefühlen eintauchen lassen. So schön, wertvoll und wichtig die Botschaft des Kindes! Später, wenn das mit dem Schreiben bei den Kleinen dann schon besser geht, werden auch ihre Briefe wichtiger. So fand ich einige Botschaften an strategisch wichtigen Stellen. Kinder haben ein punktgenaues Gespür dafür, wo sie Botschaften für Eltern hinterlegen müssen. Dabei waren unter anderen lebenswichtige Appelle, bittere Entschuldigungen, herzergreifende Wünsche oder auch mal ein „Ich kann nicht schlafen!“ (funktionierte immer – Kind schlief). Ganz oft fand ich die schlichten Botschaften „Ich hab dich lieb!“, die mich immer wieder ermahnten, ob ich das meinen Kindern im Gegenzug auch deutlich zeige. Ich habe alle aufgehoben.

Handgeschriebene Briefe sind mehr als Nachrichtenübermittler. Sie sind die direkte Auseinandersetzung mit meinem Gegenüber. Kein Korrekturprogramm hilft mir und ich muss die Worte bewusst und überlegt wählen, die ich verwenden will. Ich muss acht geben, was ich schreibe, wie ich schreibe und was ich nicht nur im Wort, sondern auch im Gefühl transportieren will. Solche Briefe sagen immer aus „Ich habe mir Zeit genommen – nur für dich!“. Handgeschriebene Briefe sind auch nicht so schnell gelöscht, wie eine E-Mail oder verschwinden in dem Meer der Kurznachrichten. Sie sagen immer aus, dass mir eine Sache so wichtig ist, dass ich mir die Zeit dafür nehme. Der Brief liegt beim Empfänger und selbst, wenn er unter einem Stapel Papiere oder einer Schublade verschwindet, taucht er wieder auf und erinnert an eine besondere Begebenheit.

Oftmals habe ich Briefe geschrieben, bei denen für mich von Anfang an klar war, dass ich sie nicht abschicken würde. Diese Briefe haben mir geholfen, mir über eine Begebenheit klar zu werden. Mit etwas ins Reine zu kommen, etwas für mich zu verarbeiten und abzuschließen. Und ich habe immer ein schönes Papier und einen gute Stift gewählt. Die Wahl des Papiers und des Schreibmittels trägt sehr zur Freude und Wertigkeit der Sache bei. An schönem Schreibpapier kann ich kaum vorbeigehen.

Für mich habe ich beschlossen, wieder mehr – handgeschriebene – Briefe zu schreiben und zu verschicken. Ich möchte wieder bewusster entscheiden, welche Nachrichten eine besondere Form wert sind. Es muss ja kein seitenlanger Brief werden, auch eine schöne Karte kann viel ausdrücken. Zu oft nehme ich die mangelnde Zeit als Ausrede, schnell eine E-Mail zu schreiben oder anzurufen. Besondere Menschen, besondere Freunde, besondere Anlässe und besondere Gedanken sind es wert, diese Form der Wertschätzung nicht zu vergessen. Ich selbst finde Besinnung beim Schreiben und bei der Vorstellung, wie mein Brief bei dem anderen ankommt. Auch ist das handgeschriebene Wort bewusster gewählt, als das der E-Mail, dass eh gleich wieder von der Korrektur gelöscht werden kann. Der erste Brief geht an die Freundin, die jetzt im Urlaub ist. Mal sehen, was sie sagt, wenn sie ihren kleinen Briefkastenschlüssel bei der Heimkehr in den Briefkasten steckt. Dort einen Brief findet auf dem steht: „Nur für dich!“