Perspektivwechsel

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Jeder, ausnahmslos jeder, hat es früher gedacht: „Wenn ich groß bin, erziehe ich meine Kinder einmal ganz anders!“ Der Grund lag meistens darin, dass man sich von Mutter oder Vater ungerecht behandelt fühlte, etwas nicht durfte oder nicht bekam. Nur kam man aus seinem „kleinem“ Dilemma nicht heraus. Musste sich fügen und fand ganze die Welt ungerecht. Viele Jahre später – man ist inzwischen erwachsen geworden und hat eventuell eigene Kinder – stellt man an gewissen Punkten fest, dass die Eltern mit ihrer Erziehung gar nicht so verkehrt gelegen haben. Man erkennt den Sinn mancher Regeln, Grundsätze, Verbote und Gebote und gesteht sich leise ein, das ein oder andere nun doch, genau so, wie die Eltern zu handhaben. In manchen Punkten zumindest, denn auch Erziehung muss sich wandeln und den zeitlichen Gegebenheiten anpassen.

Fühlt sich ein kleiner Mensch in Kindertagen, im Idealfall, von seinen Eltern beschützt und begleitet, will sich der etwas größere Mensch in der Jugend gerade von eben diesen, oft mit Protest, abgrenzen. Die Eltern verlieren ihre Vorbildfunktion und das eigene Profil will gefunden werden. Hat er die Abgrenzung geschafft, genießt er ein paar Jahre erwachsene Freiheit um eines Tages festzustellen, dass er nun selber die Seite wechseln muss und in die Rolle des Erziehenden rutscht. Vorbereitet ist kaum einer wirklich, da Elternwerden weder zur Allgemein- noch zur Schulbildung gehört. In der Euphorie des Elternwerdens, wird oft vergessen, wie der Alltag mit Kind wirklich aussieht, welche Kraftreserven hin und wieder gefordert werden und man auf Jahre hinaus oft auf manche Freiheiten verzichten muss. Dabei wäre eine etwas nüchterne Betrachtungsweise hilfreich. Junge Eltern sollten früh wissen, nicht perfekt sein zu müssen und Hilfe beanspruchen eher ein Zeichen von Stärke ist. Die Idealfamilie, immer entspannte Eltern, einen problemlosen Alltag mit Kind gibt es nicht.

Ratgeber für Eltern gibt es zahlreich. In Buchform oder Internetseiten zu allen Themen die Eltern bewegen. Nur wird dort oft erst gesucht, wenn ein Problem schon gegeben ist. Ratgeber in Form von Älteren, die die Erziehung hinter sich gelassen haben, oft eine Rückschau der eigenen Erlebnisse geben und weniger den objektiven Blick auf das Problem legen. Soziale Einrichtungen, Ämter und Selbsthilfegruppen bieten Hilfe, was voraussetzt, sich ein Problem vor Fremden einzugestehen. Es ist nicht leicht, in der Realität der Elternwelt anzukommen und festzustellen, dass die Bilderbuch-Familie nur in den wettbewerbsfähigen Müttergesprächen auf dem Spielplatz oder auf der Mattscheibe besteht.

Der beste Ratgeber von allen ist und bleibt das eigene Bauchgefühl und der ehrliche Umgang mit sich selber. Was dem Kind nicht möglich ist, kann der Erwachsene bewusst für seine Erziehung nutzen. Das Kind kann nicht in die Zukunft blicken oder sich die Gedankenwelt der Eltern vorstellen. Der Erwachsene hingegen ist in der Lage zurückzublicken und die Aussage „Wenn ich groß bin, erziehe ich meine Kinder einmal ganz anders!“ für sich umzukehren. Was wollten wir damals anders machen? Was hat uns an den Eltern gestört und was hätten wir uns gewünscht. Der Trick ist, sich auf die Augenhöhe des Kindes zu begeben, die Perspektive zu wechseln und versuchen zu verstehen, wie unsere Vorgaben auf das Kind wirken. Wir können die Perspektive wechseln – das Kind nicht.

Am Beispiel erklärt: Die Kinder kommen nach Hause, schmeißen die Jacken auf die Haken und die Schuhe verlassen die Füße dort, wo sie gerade sind. Die Mutter kommt nach Hause, vollzieht einen Balanceakt, bis sie erst einmal an den Kleiderhaken ankommt, um dann ihre Schuhe akkurat in das leere Schuhregal zu stellen. Dicke Luft ist im Haus. Die Mutter ärgert das Chaos, die Kinder verziehen das Gesicht – wäre doch noch Platz für weitere Schuhpaare in dem Flur gewesen. Viele Jahre später trägt eins der Schuhchaos-Kinder das Enkelkind nachts im Dunkel die Treppe herunter. Auf der vorletzten Stufe stolpert es über ein Paar Schuhe. Im Bemühen, das Enkelkind zu schützen, zieht es sich eine schmerzende Zerrung zu – und die Erkenntnis, dass es der Mutter damals nicht um das Chaos, sondern um dem sicheren Weg durch den Flur ging. Natürlich ist die Erkenntnis kein Heilmittel gegen Schuhchaos, aber doch die Möglichkeit, dem Kind zu erklären, warum man Ordnung im Flur möchte und kein Schuh mitten im Gehweg stehen sollte.

Noch ein Beispiel: Der Vater arbeitet, zuhause und im Büro – immer. Das Kind möchte ihm erzählen, was es erlebt hat, was es für Sorgen hat und seine Meinung hören. Der Vater sagt: „Jetzt nicht!“ Das ist es immer, was das Kind hört und das „Jetzt nicht!“ prägt sich dem Kind ein. Es weiß nichts von dem Bemühen des Vaters gute Arbeit zu machen um die Existenzgrundlage der Familie zu sichern. Es weiß nichts vom Zeitdruck, dem der Vater unterliegt oder von den Hindernissen, die der Vater bewältigen muss. Hier wäre es besser, der Vater würde sich die Zeit nehmen, dem Kind zu erklären, was es mit dem Arbeiten auf sich hat und feste Gesprächszeiten mit dem Kind aushandeln. Der Vater kann sich in die Bedürfnisse des Kindes hineindenken. Das Kind in die des Vaters nicht.

Diesen Perspektivwechsel können wir für alle Bereichen, die uns Eltern wichtig sind, durchdenken. Kinder verstehen nicht erst, wenn sie erwachsen werden. Sie verstehen durchaus, kindgerecht erklärt, sehr früh, was die Eltern bewegt. Wie verhält es sich mit Anstand und Höflichkeit, Gehorsam und Gefahr, Lob und Tadel, Pflichten und Privilegien? Was hat uns an unseren Eltern gestört? Was machen wir bewusst anders und in wie vielen Bereichen geben wir ihnen – aus der heutigen Perspektive – recht? Voraussetzung ist immer, das wir bereit sind unser Familienmodel nicht als hierarchisches Gebilde, sondern als Lebensgemeinschaft mit gleichberechtigten Partnern zu sehen. Bereit sind die ehrliche Mitsprache von Kindern zuzulassen und eine Position von oben vermeiden. Regeln, Grundsätze, Verbote und Gebote lassen sich mit Kindern aushandeln.

Nicht zu vergessen ist, dass die heutige Rolle der Eltern einem Wandel unterlegen ist. Waren Eltern in früheren Zeiten meist das bestimmende Vorbild, oder eben das Gegenteil dessen, spielen heute viele andere Erziehungsfaktoren eine entscheidende Rolle. Der Einfluss der technischen Möglichkeiten und Medien beeinflusst nicht nur die Berufswelt, auch das Privatleben ist in allen Bereichen betroffen. Kinder und Jugendliche unterliegen viel früher fremden Einflüssen, die sowohl meinungsbildend als auch erzieherisch wirken. Umso erforderlicher ist es, mit den eigenen Kindern und Jugendlichen immer im Gespräch zu bleiben. Nur im Gespräch erfahren wir, was den Nachwuchs bewegt und beschäftigt. Erziehen ist heute weit mehr als gebieten und verbieten und der Erfolg hängt unter anderem von der Ehrlichkeit uns selbst gegenüber ab. Das entgegenkommende Gespräch und echte Interesse an seiner Erlebniswelt ermöglicht es uns, den Faden zu Kind und Jugend nicht zu verlieren.

Klar ist: Auch wenn wir uns auf Augenhöhe der Kinder bewegen, die Perspektive wechseln und unsere Kinder als Partner sehen, sind wir, die Erwachsen, diejenigen, die die Geschicke vorgeben. Wir bestimmen das Maß in dem wir uns auf unsere Kinder einlassen, die Zeit, die wir ihnen heute widmen und die Intensität, die unser Verhältnis bestimmt. Den Satz „Wenn ich groß bin, erziehe ich meine Kinder einmal ganz anders!“ denken unsere Kinder trotzdem wie wir damals. Denn ebenso ist klar – auch wir sind „nur“ Mensch und mit Fehlern behaftet – aber auch das können wir unseren Kindern erklären.

 

Das Thema „Eltern“ steht im Mittelpunkt des nächsten Magazins des Stadtteilzentrums. Dort sind Beiträge aus dem Bereich des Schulsozialarbeit, Beiträge über junge oder kunstvolle Eltern sowie Beiträge aus der Arbeit mit unbegleiteten Flüchtlingen zu finden.

#VielfaltJa und Wahrnehmung … oder doch nicht?

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„In der Zeit, in der ich Grenzen und Halt gebraucht hätte, haben sie sich scheiden lassen. Hätte ich Grenzen gespürt, wäre vieles für mich einfacher gewesen.“ Eine Frau spricht etwas aus, was sich wie ein Widerspruch in sich selbst anhört. Sie erzählt davon, dass sie als Jugendliche tun und lassen konnte, was sie wollte, weil die Eltern mit sich selber beschäftigt waren. Erzählt, dass niemand da war, der ihr in ihrer Freiheit Einhalt bot. Niemand da war, der ihr vermittelte, was gut oder schlecht ist oder sie an Pflichten erinnerte. Niemand, der ihr einen Rahmen gab. Was sie nicht ausspricht: Es gab keinen, der sie, die junge Frau, wahrgenommen hat.

Diese Unterhaltung kommt mir immer dann in den Sinn, wenn ich als Mutter eine Auseinandersetzung mit meiner Tochter habe. Sie argumentiert hart und unerbittlich. Meine, in meinen Augen, Vernunft gesteuerten und auf Erfahrung beruhenden Argumente kommen nicht bei ihr an. Ein Konsens muss manchmal warten, bis Mutter und Tochter es schaffen die Emotionen wieder herunterzufahren. Aber ich weiß – denn ich bin ja die Erwachsene – ich darf es nicht persönlich nehmen und ein Kinderpsychologe sagte mir einmal, dass es legitim ist, wenn ich wütend werde, denn die Tochter will durch meine Reaktion wahrgenommen werden.

Für die meisten Erwachsenen ist es zuweilen schwer zu verstehen, was in Jugendlichen vorgeht. Das eigene Erwachsen werden wird oft und gerne verdrängt. Selber hat man es ganz gut überstanden. Übrig bleiben die besonders schönen, witzigen oder grenzwertigen Situationen, an die wir uns Trophäen ähnlich erinnern. Der innere Zwiespalt, der oft jahrelang das Älterwerden erschwert, gehört nicht zu den angenehmen Erinnerungen. Zu gerne geben wir Älteren dennoch den Jüngeren Ratschläge, die sie nicht wollen und ihnen nichts nutzen. Sie wollen sich abgrenzen, nicht etabliert sein, die Welt neu erfinden, sowieso alles einmal anders machen. Alleine entscheiden, Erfahrungen selber machen, keine Warnungen hören, keine Einschränkungen spüren und Freiheiten genießen. Und doch wollen sie dies alles nicht ohne Widerstand oder eben – wahrgenommen zu werden. Was nutzt ein erkämpftes Privileg, wenn es niemand bemerkt hat. Wer gibt die Anerkennung, wenn sich neue Rechte und Möglichkeiten öffnen, die noch Jüngeren verschlossen sind. Wer bemerkt, dass sie – eben – erwachsen werden.

Eigene, geschützte Räume und Bereiche für Jugendliche werden wichtig für ihre Entwicklung, mindestens ebenso wichtig, dass diese geschützten Bereiche bemerkt, besprochen und beachtet werden. Eltern verlieren in dieser Zeit die Position der Beschützer und Bestimmenden. Sie müssen lernen, dass der Jugendliche jetzt einen Partner braucht, der auf Augenhöhe kommuniziert und akzeptiert, dass kein Kind mehr vor ihm steht. Eltern verlieren, was der Jugendliche begehrt, was im Kern das Erwachsen werden erklärt. Kontrolle und Selbstbestimmung wechselt die Position – loslassen wird zur Herausforderung. Oft funktioniert das „Aufgeben-und-Gewinnen“-Spiel zwischen Eltern und Kind über Jahre nicht, weshalb Kinder und Jugendliche andere suchen, die Wahrnehmung, Anerkennung und Gehör bieten können.

Kinder und Jugendliche gehen aus dem Haus, suchen sich neue Räume, in denen sie sich entfalten und erfahren können. Plätze, die die Möglichkeit bieten unter sich zu sein. Idealerweise Plätze, die zudem ein Angebot eröffnen, das genau auf ihre Bedürfnisse und Interessen stößt. Diese Plätze finden sie in Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit. In Berlin sind es weit mehr als 400 Einrichtungen, die ein Spektrum von Angeboten eröffnen, von dem die Elterngeneration geträumt hätte. Staatliche und freie Träger, Vereine, kulturelle Projekte und vieles mehr kümmern sich jeden Tag um ein Heer von Jugendlichen, das entweder freiwillig oder gar nicht kommt. Sie kommen, wenn die Atmosphäre stimmt, die Freiräume groß genug sind, die Beschäftigungsmöglichkeiten passen und die Regeln des Hauses akzeptabel erscheinen. Sie kommen, wenn die Mitarbeitenden der Einrichtung irgendwie cool sind, nicht zu sehr an die Eltern erinnern und kommen wieder, wenn sie das Gefühl haben, dort gesehen – und wahrgenommen zu werden.

Es ist die Hauptaufgabe der Mitarbeitenden dieser Einrichtungen die jungen Besucher wahrzunehmen. Zuzuhören, Regeln vorzugeben, Anregungen zu geben, Potentiale zu entdecken und zu fördern. Sie tun das professionell und geplant, oft spontan, aber nie unüberlegt. Und sie tun es – unter normalen Umständen – entspannt, denn die persönliche Ebene und das Spannungsfeld von Eltern und Kind fehlt. Diese Mitarbeitenden sind diejenigen, die Zeit haben coole Spiele zu machen, die Lachen und auch mal verrückte Vorschläge machen. Es sind Erwachsene, die nicht mit Ratschlägen oder Benimmregeln Einfluss nehmen wollen. Erwachsene, die den Jugendlichen in den Vordergrund stellen, bemerken, ansprechen, wertschätzen … in einer Art, die den Eltern oft lange versagt bleibt.

Ich bin Mutter und dankbar, dass es Kinder- und Jugendeinrichtungen gibt. Einrichtungen in denen meine KollegInnen arbeiten und ich in vielen Gesprächen erfahre, was sie von ihrer Arbeit erzählen. Wie sie sich organisieren, wie sie planen, mit welchen Hürden sie immer wieder kämpfen. Was sie von Weiterbildungen erzählen, über zu wenig Zeit klagen oder Mangel an Unterstützung staatlicherseits andeuten. Besonders gerne höre ich zu, wenn sie von gelungenen Projekten erzählen oder stolz bemerken, dass eigentlich schon erwachsene ehemalige Einrichtungsbesucher wieder kommen. Ich sehe ihre Augen, die strahlen, wenn sie mir eine CD eines Musikprojektes schenken oder ich einen Bericht von einem besonderen Event veröffentlichen kann. Ich bin ihnen dankbar, dass sie Jugendliche, ähnlich wie meine Tochter, auffangen und wahrnehmen. Dankbar, dass sie ihre Arbeit und die Sache mit der Wahrnehmung der Jugendlichen, genauso wie ich – ja doch persönlich nehmen!

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Aus Anlass des bundesweiten Kongresses zur Kinder- und Jugendarbeit in Dortmund (26. – 28.09.) und die Vorbereitung der nächsten Legislaturperiode in Berlin rief jugendhilfe-bewegt-berlin.de zum Social-Media-Marathon #VielfaltJA über twitter, Facebook und Co. und dieser Blogparade auf. Ein Social-Media-Marathon, der zeigt wie wichtig und vielfältig Jugendarbeit ist. Jugendarbeit, die oft unbemerkt von der Öffentlichkeit, präventiv und nachhaltig ein enorm wichtiger Baustein unseres gesellschaftlichen Lebens ist.

Anna Schmidt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Stadtteilzentrum Steglitz e.V.

Der Traum von der Musik-Kita mit dem Hund

Feza Guschke März 2015

Feza Guschke

Als sie eines Tages ihrer Arbeitsbereichsleiterin erzählt, dass sie von einer Kita mit einem Hund träumt, bekommt sie als Antwort gesagt: „Warum nicht!“ Genau damit hatte sie nicht gerechnet, da die Antwort mehr aussagte, als dass allein die Vorstellung möglich ist. Die Antwort bedeutete ebenso, dass man empfänglich für ihre Visionen und Vorstellungen ist. Hier werden Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet und neu Perspektiven bereitgestellt. Das hatte sie fasziniert – ein Arbeitsplatz, der nicht in einem starren Muster verharrt, sondern wo es gewünscht ist an neuen Entwicklungen aktiv teilzuhaben und mitzuarbeiten. Zum 1. März hat Feza Guschke die Leitung der Kita Lichterfelder Strolche übernommen. Sie übernimmt damit die Verantwortung für eine der drei Kita’s des Stadtteilzentrum Steglitz e.V., aber eine neue Kollegin ist sie dennoch nicht.

Feza Guschke war Erzieherin im Team der Lankwitzer Maltinis, eine relativ neue Einrichtung des Stadtteilzentrums, die im August 2013 eröffnete. Hier konnte sie von Anfang an den Kita-Alltag, die Atmosphäre und die Teambildung mit gestalten. Recht schnell war deutlich, welches kreative Potential sie dafür mitbrachte. Feza erzählt lächelnd, dass sie einmal von einem Dozenten als ein Fass voll Kreativität bezeichnet wurde. Es ist ihr bewusst und sie sagt, dass sie Möglichkeiten braucht um all das loszulassen und zu teilen, was in ihr steckt. Mit wem könnte sie dies nun wieder besser teilen als mit Kindern. Kinder kennen für sie keine Grenzen. Sie sind bereit, sich und ihre Umwelt auszuprobieren und unvoreingenommen allem zu begegnen, was sie spannend und interessant finden. Unvoreingenommenheit zu erhalten und so wenig Grenzen als möglich zu setzen sind Dinge, die sie den Kita-Kindern erhalten möchte. Voraussetzung dafür ist, dass Kinder Regeln lernen, Pflichten einhalten und durch Verlässlichkeit wiederum Freiheiten erhalten. Klingt schwierig? Ist es nicht, denn wenn man die Ruhe und Überzeugung spürt, die Feza ausstrahlt, wenn sie das sagt, spürt man auch, dass sie die Persönlichkeit hat, dies umzusetzen.

Feza Guschke lernt gerne, für sich selber, von Kindern, von den Menschen, die ihr begegnen. In diesem Jahr wird sie ihre Zusatz-Ausbildung zur Facherzieherin für Musik und Rhythmik beenden. Musik gehörte von Kindheit an zu ihrem Leben dazu, ist etwas, was sie ihren eigenen Kindern mitgibt und auch den Kita-Kindern vermitteln möchte. Die Möglichkeiten zusätzliche Fachausbildungen zu machen, schätzt sie sehr an ihrem Beruf. Je nach Neigung und Fertigkeiten kann man Kompetenzen erlangen, sich in alle Richtungen weiterbilden und entwickeln. Sie selber musste immer lernen, sich neuen Situationen anzupassen und sich in neuen Begebenheiten zurecht zu finden. In Berlin geboren, erlebte sie ihre ersten drei Lebensjahre bei der Großmutter in der Türkei. In Berlin wieder bis zu ihrem 12 Lebensjahr, um dann bis zum 28. Lebensjahr in der Türkei zu leben. Dort absolvierte sie die erste Ausbildung und das Studium zur Deutschlehrerin. Als Lehrerin machte sie ihrer ersten Erfahrungen mit der Art und Weise, wie Kinder lernen und lernte die verschiedenen Wege kennen, Kindern etwas beizubringen. Durch Heirat und Geburt der eigenen Kindern wurde Feza endgültig in Berlin sesshaft. Das frühere Lehramt wollte sie nicht mehr ausüben. Kinder zu bewerten gehörte nicht zu der Vorstellung von Förderung die sie wollte. Sie entschloss sich nach der Elternzeit zur Erzieherausbildung. Diese Ausbildung bezeichnet Feza als Reise zu sich selber. Sie sei für Dinge sensibilisiert worden, die sie persönlich bereichert hätten. Es sei einer Reflexion der eigenen Person nahe gekommen, von der sie in vielen Bereichen bis heute profitiert und nicht zuletzt die Themenvielfalt und -vertiefung hätte sie an dieser Ausbildung geschätzt.

Nun hat die nächste Veränderung begonnen und sie wird ein Team von ErzieherInnen in der Kita leiten. Das Wort Leitung mag sie noch nicht besonders und muss sich daran gewöhnen. Als Begleitung sieht sie sich lieber, denn auch die Weiterentwicklung der Kolleginnen liegt ihr sehr am Herzen. Die Entscheidung ist ihr nicht leicht gefallen, war sie doch fest in ihre Arbeit der Kita Maltinis integriert. Dort hinterlässt sie wertvolle Kontakte zu Kindern, Eltern, Kolleginnen, die sie vermissen wird. Letztendlich war die Neugierde und Herausforderung stärker. Die Möglichkeit selber Perspektiven und Ziele zu entwickeln, eine Kita zu gestalten, Kolleginnen in ihren Ideen zu fördern und von ihren eigenen Ideen zu begeistern. Ausschlaggebend für den Zuspruch die Projektleitung zu übernehmen, war letztendlich das Vertrauen, das Arbeitsbereichsleitung und Geschäftsführung in sie setzten und besonders die Zusicherung jeglichen Rückhalt zu haben, den sie braucht.

Feza Guschke liebt Kommunikation in jeglicher Form, gleichgültig ob über Musik, Gestik oder Worte. Sie vermittelt das Gefühl, zuzuhören, was ihr Gegenüber sagt. Mit den Kita-Eltern möchte sie auf Augenhöhe arbeiten, möchte, ihr Vertrauen gewinnen und hofft auf wertschätzende Zusammenarbeit. Es ist ihr wichtig, Situationen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, offene Gespräche zu suchen und so für alle optimale Lösungen zu schaffen, die einen achtsames Miteinander ermöglichen. Das sind ihre ersten Ziele in der „neuen“ Kita, die sie von nun an leiten wird. Oder doch eher begleiten? Alles ist offen, denn diese Frau lernt schnell – und wer weiß, vielleicht berichten wir an dieser Stelle einmal von der Musik-Kita mit dem Hund

Wir wünschen Feza einen wunderschönen Beginn und den Erfolg, den sie sich wünscht. An ihrem neuen Arbeitsplatz beim alten Arbeitgeber, der sich besonders freut, eine Kita-Leitung mit einer bewährten Kollegin aus den eigenen Reihen besetzen zu können. 

Leitartikel der Homepage des
Stadtteilzentrum Steglitz e.V. vom 2. März 2015