Türen öffnen …

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Ich ging durch eine Winterstraße und kam an einer Tür vorbei,
die wirkte fest und auch sehr sicher, ging sicherlich nicht schnell entzwei.
Sie war sehr schön und gut beleuchtet, der Anblick lies mich nicht mehr los,
doch stand ich zweifelnd auf dem Weg – was ist denn ihre Botschaft bloß?

Wird sie sich öffnen, mich empfangen, darf ich der Gast des Hauses sein?
Bleibt sie verschlossen, weist mich ab, lässt keine Fremden dort hinein?
Was ist dahinter? Wie ist der Mensch, der hinter dieser Türe lebt?
Wie ist sein Geist, was ist das Ziel, das hier durch diese Räume schwebt.

Viel weiter führte mich mein Weg durch diese ruhige Winternacht,
Offen die Tür oder verschlossen – ich habe noch viel nachgedacht.
Bevor ich deine Tür betrachte, wie sieht’s mit meiner eig’nen aus?
Was denkt der fremde Mensch, der steht vor meinem Haus?

Was siehst du, wenn du meine Tür von außen musst betrachtest?
Fühlst du dich eingeladen wohl oder sogar verachtet.
Steht meine eigene Tür zuhaus‘ dem Fremden auf und lässt ihn rein,
Oder leb’ ich doch lieber hier für mich und ganz allein?

Und so verglich ich dann – den Mensch, ja mich, mit meiner Türe.
Was steht als erstes wohl bei mir, wenn ich den Türgriff führe?
Ist es die Neugier und das Öffnen, das meine Tür bewegt
Oder die Angst und Sicherheit, die mein Gefühl hier regt?

Ob Tür, ob Tor, ob der Gedanke, der Wissensdurst oder mein Herz,
Ich möchte offen sein für alles – Verweigerung bringt mir Schmerz.
Ich möchte hören, fühlen, sehen, was dich wohl mag bewegen,
Mit dir gemeinsam mag ich hier den Grundstein für die Zukunft legen.

Die Türen, da sind sie alle gleich, haben ein Schloss und einen Griff,
Es ist der Mensch, der dieses nutzt, der Tür gibt ihren letzten Schliff.
So lassen wir, wer will, hinein ist er in seinem Denken gut,
Dann können wir das Anderssein, betrachten mit viel Mut …

… und schöpfen aus dem Topf des anderen, der dann – ist seine Zeit gekommen,
Auch seine Tür wird öffnen mir – ganz frei und unbenommen!

 

Dieses Jahr war ganz ohne Zweifel von den vielen Menschen geprägt, die bei uns Zuflucht und Schutz gesucht haben. Es war aber auch dadurch geprägt, wie unterschiedlich die Bereitschaft aller hier lebenden Menschen ist, sich auf neue Dinge und Fremdes einzulassen. Gerade zur Weihnachtszeit, die mit einer Flüchtlingsgeschichte begann, ist es wichtig, sich selber zu hinterfragen und seine eigene Bereitschaft zu prüfen, neuen Entwicklungen den Raum zu geben, in dem sie sich entfalten können. Fremden Menschen die Möglichkeit zu geben ihr Können und Vermögen zu zeigen und in die Gemeinschaft mit einzubringen. Gewinnen tun letztendlich unsere Kinder, wenn wir uns für eine offene, multikulturelle und moderne Gesellschaft einsetzen.

Ich wünsche allen ein wunderschönes Weihnachtsfest, ganz gleichgültig, ob in der Religion oder einem anderen Glauben verwurzelt. Wichtig ist, dass wir überhaupt etwas glauben … zum Beispiel an eine gute, erfüllte Zukunft!

Frohe Weihnachten!

In Freundschaft …

Foto: ©-Ciaobucarest-Fotolia.com

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Sie hat mich am frühen Abend abgeholt. Zusammen sind wir eine große Kanalrunde gelaufen und als der Hund glaubte, jetzt geht’s nach Hause, sind wir einfach umgedreht und die gleiche Runde noch einmal gelaufen. Dann ging es aber immer noch nicht nach Hause. Eine Parkbank kam uns gerade recht, auf die wir uns setzten und weiter erzählten … erzählten, erzählten und weiter erzählten. Wir hatten uns lange nicht gesehen, zwischenzeitlich viel erlebt und mussten nun das alles austauschen, besprechen und beratschlagen – auf einer Ebene und mit einer Nähe, die ich nur bei wenigen Menschen zulasse. Ich war mit meiner Freundin unterwegs und als ich wieder zuhause war, vollkommen zufrieden, besänftigt, bestätigt und ruhig – eine Gefühlsmischung, die man eben nur bei der Freundin erlebt.

Ich habe immer Probleme damit „meine Freundin“ oder „meine beste Freundin“ zu sagen. Denn sie ist ja nicht „meine“, sie ist „eine“ Freundin, aber eben eine ganz besondere. Es ist eine sehr alte und vertraute Freundschaft, die unabhängig von Zeit und Ort immer weiter besteht und sich durch die Jahre entwickelt und verändert hat. Diese Freundschaft ist immer ein paar Monate älter als unsere älteren Kinder. Wir waren damals beide Neulinge in Berlin und schwanger. Durch die Schwangerschaftsgymnastik und einen Geburtsvorbereitungskurs haben wir uns und unsere Männer kennengelernt und es passte einfach. Neu in Berlin und schwanger ist eine gute Mischung um noch mehr Mütter kennenzulernen. So kamen wir gemeinsam in der PEKiP-Gruppe an und erlebten stundenlange Spaziergänge mit den Kinderwagen, bei denen wir uns austauschen konnten und Junge-Mütter-Geschichten debattierten. Die Schwangerschaft der Zweigeborenen erlebten wir fast gleichzeitig und auch den ersten Kindergarten besuchten unsere Kinder gemeinsam. Das trennte sich eine Weile, bis sich unsere größeren Kinder in der ersten Klasse wieder trafen. So ging es immer weiter. Mit der Zeit fingen wir beide wieder an zu arbeiten und im letzten Jahr besuchten wir den gleichen Abiturball unserer Kinder. Wir verabreden uns schon lange nicht mehr, damit die Kinder miteinander spielen können. Daran mussten sich zeitweilig auch die Kinder gewöhnen, dass sich die Mütter verabreden einfach um ihrer selbst willen. Nur sehen wir uns heute seltener, jeder hat seine Kreise, seine Arbeit, unterschiedliche Interesse.

Es ist eine Freundschaft, die alles erfüllt, was ich mir von Freundschaft erhoffe. Das Vertrauen, mich öffnen zu können. Den Respekt, in meiner Situation verstanden zu werden. Die Sicherheit, eine ehrlich und keine gefällige Meinung zu hören. Die Verschwiegenheit, sehr persönliche Dinge erzählen zu können und das Gefühl in Freude wie auch Schmerz aufgehoben zu sein. Wenn wir merken, dass es dem anderen nicht gut geht, können wir fragen und helfen. Wenn einer von beiden etwas sehr Schönes erlebt, die Freude vorbehaltlos teilen. Das alles – es sind ja hohe Ansprüche – ohne das Empfinden gefangen oder verpflichtet zu sein und ohne Erwartung.

Das ist die eine Freundschaft, die in dieser Form nur funktionieren kann, weil sie frei ist. Frei von Absolutheitsansprüchen und frei von Eifersucht. Wir haben beide viele andere Freundschaften, die mit unserer nichts zu tun haben. Ich pflege einige andere Freundschaften, die einen völlig andern Stellenwert und Inhalt haben. Jeder Freund, jede Freundin belegt einen anderen Platz in mir und erfüllt ein anderes Bedürfnis. Keine von ihnen ist mehr oder weniger Wert als die andere. Es gibt Freunde, mit denen ich philosophieren kann, Freunde für Unternehmungen, Freunde aus meinem Arbeitskreis, Freunde durch die Familie, Freundschaften durch den Hund, alte Schulfreundschaften, Brieffreundschaften, ganz alte Wegbegleiter, Freundschaften, die sich über Gefühl definieren, durch gemeinsame Hobbies, durch Sport oder sonst welche Umstände. Jede davon ist mir gleich wichtig und wertvoll. Aber doch ist es nur eine Handvoll, die sehr innig, beständig, zeitlos und wertfrei – eben so, wie diese besondere Freundschaft, sind.

Neben den Freundschaften gibt es das Heer von Bekanntschaften. Auch die sind mir wertvoll und ich freue mich über Jeden, dem ich begegne, mit dem ich etwas erlebt oder eine Gemeinsamkeit habe. Jedes freundliche Lächeln, wenn man sich begegnet und grüßt, ein paar Worte tauschen kann. Unter den Bekanntschaften sind viele Menschen, die ich so interessant finde, dass ich es schade finde nicht mehr Zeit zu haben um sich intensiver kennenlernen zu können. Es gibt so spannende Menschen.

Den Umgang mit Freundschaften muss man erlernen. Es ist ein hartes Stück Arbeit, sie aufrecht zu erhalten und nach Bauchgefühl zu entscheiden, was richtig für die jeweilige ist. Ist es für Kinder und Jugendliche oft wichtig viele Freunde zu haben, lernt man mit der Zeit, dass nicht die Anzahl sondern die Tiefe den Wert bestimmt. Und nicht unbedeutend ist der schöne Satz: „Sei der Freund, den du dir wünscht!“ … es gibt so schöne Zitat über Freundschaft. Freunde muss ich nicht unbedingt um mich haben. Sie geben mir Halt und es reicht, zu wissen, dass sie da sind und erreichbar wären, wenn ich sie bräuchte. Manchmal freue ich mich über einen Anruf, ein Bild oder eine Kleinigkeit – besonders aber hin und wieder über solche Aussichten wieder eine Runde am Kanal zu laufen und alles Erlebte vertraut zu tauschen.