Ansporn in der Veränderung – Eine Zeitung wird Magazin

Stadtteilzeitung Steglitz-Zehlendorf

Beginnen wir mit einem Zitat: „Das Stadtteilzentrum Steglitz e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich der Geschichte und Tradition der deutschen und internationalen Nachbarschaftsheim-Bewegung verpflichtet fühlt. Ziel unserer Arbeit ist es, für und gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern gute Lebensbedingungen im Stadtteil zu gestalten und sie bei der Umsetzung ihrer Ideen und Ziele bestmöglich zu unterstützen. In diesem Sinne verstehen wir uns als Dienstleister und Partner von Kunden, Nutzern und Besuchern unserer Einrichtungen, Projekte und Angebote.“ Dieses Zitat stammt aus dem Leitbild, welches in Zusammenarbeit mit allen MitarbeiterInnen des sozialen Vereins 2014 erarbeitet wurde. Um diese Arbeit, die Lebensbedingungen im Stadtteil, die Ideen und Ziele in die Bevölkerung zu tragen, entstand im März 1995 der Nachbarschaftsbote, der sich im Laufe der Zeit zur Stadtteilzeitung Steglitz-Zehlendorf entwickelte. Nun, im April 2016 steht der nächste Entwicklungsschritt der Zeitung bevor.

NachbarschaftsboteEs ist Zeit für etwas Neues, weshalb die April-Ausgabe der Zeitung die letzte in dieser Form sein wird. Klar ist, dass dies viele bedauern werden und zunächst bestürzt sind, hat man sich doch mit der Zeit an die kleine Zeitung gewöhnt und sie als Informationsquelle genutzt. Klar ist aber auch, dass wir alle treuen Leser in ein neues Medium mitnehmen möchten und die Entscheidung zur Weiterentwicklung keine leichte war. Warum dann? Nun, wenn der Mensch im Mittelpunkt einer Arbeit steht, bekommt man ein Gefühl für Entwicklungen und Veränderungen, die sich im Zusammenleben und der Kommunikation vieler ergeben. Das Stadtteilzentrum kümmert sich nicht allein um die Menschen in den eigenen Einrichtungen, sondern nimmt auch aktiv an Veränderungen im Stadtteil und am Gemeinwesen teil. Dies zum Beispiel durch die Beteiligung an Runden Tischen, an zahlreichen Gremien des Bezirks und durch eine starke Vernetzung mit vielen wertvollen Partnern. Ein besondere Merkmal des Vereins war es schon immer, dass eine große Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Medien und neuen Kommunikationsformen bestand. Dies nicht nur aus dem Wunsch, größtmögliche Transparenz in der Arbeit zu zeigen, sondern auch effektiv und sinnvoll zu kommunizieren, was eine große Arbeitserleichterung darstellt. Sowohl intern als auch nach außen hin sind neue Kommunikationswege fester Bestandteil der Arbeit.

Auftrag der Stadtteilzeitung war es schon immer, von der Arbeit des Vereins zu berichten und Leser für Inhalte und Themen zu interessieren und zu sensibilisieren. Das werden wir auch weiter tun. Die Art der Weitergabe von Inhalten möchten wir jedoch den zeitlichen Entwicklungen anpassen. Immer mehr Nutzer lesen Zeitungen nicht mehr in Papierform, sondern nutzen zahlreiche Möglichkeiten, Publikationen online zu erhalten und bequem auf Tablets, Handys oder Computern zu lesen. Natürlich darf man dabei nicht außer Acht lassen, dass die treuen Papierfreunde weiterhin ihren Tribut fordern. Das schon so oft totgeglaubte Buch füllt weiterhin die Buchhandlungen und Regale. Aber wir möchten auch die vielen modernen Möglichkeiten nutzen können, die neue Kommunikationswege eröffnen. Wir möchten mehr Leser auf unterschiedlichsten Wegen erreichen. Es ist und bleibt uns wichtig, die Bürgerinnen und Bürger, Gäste unser Einrichtungen, Nutzer unserer Angebote, Kooperationspartner und Freunde des Vereins weiterhin darüber zu informieren, mit was wir uns beschäftigen, für was wir uns einsetzen und so alle auf unserem Weg mitzunehmen.

Ab Mai 2016 werden wir Ihnen ein Magazin anbieten. Es wird im Format Din A 5 erscheinen und mehr Seiten als die Stadtteilzeitung haben. Auch dieses Magazin wird, wie die Zeitung in den letzten fünf Jahren, Themen gebunden sein. Zusätzlich zu jedem Magazin erscheint ein Einleger, der über unsere aktuellen Angebote und Veranstaltungen informiert. Dieses Magazin bieten wir Ihnen alle zwei Monate, also in sechs Ausgaben pro Jahr, an. Der Vorteil des neuen Formates besteht darin, dass wir die gedruckte Form weiterhin in den Einrichtungen anbieten, die Online-Fassung jedoch vielfältige Möglichkeiten bietet, Sie zusätzlich mit Ergänzungen zu bereichern. Denkbar sind dabei viele Varianten: Wir werden in der Lage sein, unsere Berichte zu vertonen und so zum Beispiel Menschen mit Sehbehinderungen besser erreichen. Wir können Videofilme einbinden und wir haben die Möglichkeit, in weiterführenden Links Themen zu vervollständigen, auf Hilfeangebote oder kooperierende Partner hinzuweisen. In diesem Bereich werden wir uns ausprobieren und wir können Ihnen versichern, dass wir dies mit viel Spaß und Interesse tun werden. Was wir uns in besonderem Maße erhoffen und wünschen, ist dabei, dass Sie sich einmischen, mitreden, uns Rückmeldungen geben und uns mittels der verschiedenen Kommunikationswege begleiten.

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So bleibt uns hier nur noch, uns zu verabschieden, dies nicht ohne uns zu bedanken. Bedanken möchten wir uns in erster Linie bei den Lesern, die uns in all den Jahren begleitet haben. Wir wünschen uns sehr und würden uns sehr freuen, Sie als Leser des neuen Magazins wieder begrüßen zu dürfen. Ein großes Dankeschön geht an die treuen Anzeigenkunden, die uns teils über viele Jahre begleitet haben. Danke an alle, die uns Rückmeldungen gaben und uns durch die ein oder andere Kritik motiviert haben, besser zu werden. Ein besonderer Dank geht an alle ehrenamtlichen RedakteurInnen, die nie mehr als – eben ein Dankeschön erwartet haben und oft viel Zeit und Energie in wunderbare Beiträge investiert haben. Danke an die Berliner Zeitungsdruckerei für die stets unkomplizierte Zusammenarbeit. Danke an alle Kolleginnen und Kollegen, die das Stadtteilzentrum mit ihrer wertvollen Arbeit immer wieder in die Zeitung brachten. Und danke an alle bezirklichen Stellen, Vereine und Organisationen, die durch ihre Berichte die Stadtteilzeitung bereichert haben.

Zum Schluss ganz persönlich: Ich bearbeite die Stadtteilzeitung seit April 2003. Ich bekam damals als Kindergartenmutter die wunderbare Gelegenheit, zuhause an einem festen Auftrag zu arbeiten und so trotzdem immer für meine Kinder da zu sein. Damals war Hagen Ludwig der leitende Redakteur der Zeitung. Als er den Verein 2008 verlies, rutschte ich in seine Rolle hinein und übernahm ebenso die redaktionelle Arbeit. Seither bin ich im Stadtteilzentrum feste Mitarbeiterin und Kollegin. Hagen Ludwig, und dafür bin ich sehr dankbar, steht bis heute bei jeder Ausgabe beratend im Hintergrund zur Verfügung und wird auch weiterhin das Magazin begleiten. Wer mich kennt weiß, dass ich die kleine Zeitung liebe. Ich durfte im Laufe der Jahre so viele bemerkenswerte Menschen kennenlernen und empfand diese Arbeit immer als Bereicherung. Als sich das Ende dieser Form der Publikation abzeichnete, kämpfte ich zwischen zwei Gefühlen: Zum einen hatte auch ich das Empfinden, dass es Zeit für etwas Neues ist, zum anderen hänge ich doch sehr an dieser gewohnten Form. Die künftige Form wurde im Kreis einiger Kolleginnen und Kollegen erarbeitet. Das Format, das wir künftig anbieten, bietet Herausforderungen und Möglichkeiten, die weiterhin eine abwechslungsreiche und interessante Arbeit garantieren. Ich freue mich sehr darauf und hoffe, dass wir Sie sehr bald davon begeistern können, denn – bei uns steht immer der Mensch im Mittelpunkt!

Anna Schmidt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Stadtteilzentrum Steglitz e.V.

Wir gehen davon aus, dass wir die Welt verändern können!

20-Jahre_SzS20 Jahre Stadtteilzentrum Steglitz e.V.

Es passiert alles gleichzeitig: Die Tür öffnet sich und eine Frau kommt mit einem Brief in der Hand herein. Im hinteren Raum der Einrichtung sitzt eine Gruppe Senioren und frühstückt gemeinsam. An der nächsten Bushaltestelle steigt eine Gruppe Kinder in den Bus um einen Ausflug zu machen. Als alle im Bus sind steigen noch eine ältere Frau und ein Mann mit ein. Zwei Häuserblocks weiter sammeln sich viele MitbürgerInnen um ihre Solidarität in einer Kundgebung zu zeigen. So unterschiedlich diese Situationen sind, haben sie alle einen gemeinsamen Nenner – alle Situationen passieren im Rahmen der Nachbarschaftsarbeit. Nachbarschafts- und generationsübergreifende Arbeit, Stadtteilarbeit, sozial-kulturelle Arbeit sind aus dem Stadtbild der Bezirke nicht mehr wegzudenken. In Steglitz-Zehlendorf wird der nachbarschaftliche Gedanke unter anderem durch das Stadtteilzentrum Steglitz e.V. getragen, das im November 2015 seinen 20. Geburtstag feiert.

Mehr als 50 Nachbarschaftsvereine und Stadtteilzentren sind in den Berliner Bezirken aktiv. Das ganze Stadtgebiet wird von freien Trägern abgedeckt, die den Mittelpunkt ihrer Arbeit auf die individuelle Betrachtung des einzelnen Menschen und ihrer nachbarschaftlichen Vernetzung und gegenseitiger Hilfsangebote setzen. Begonnen hat diese Entwicklung Ende des 19. Jahrhunderts in England, wo 1884 die Toynbee-Hall in London als eines der ersten Nachbarschaftshäuser gegründet wurde, das heute noch aktiv ist. Der Grundgedanke dieser Gründung war Bildungs- und Begegnungsangebote sowie gegenseitige Hilfemöglichkeiten in die Bevölkerung zu tragen. Nachbarschaftliche Arbeit sollte der Überwindung von Klassenunterschieden dienen und fürsorgliche Aufgaben übernehmen – dort wo der Staat nicht mehr hinkommt. In der weiteren geschichtlichen Entwicklung sind diese freien Träger und Nachbarschaftsheime starke sozialen Träger der Gesellschaft geworden. Dort, wo Behörden die Hände gebunden sind, schaffen Nachbarschaftsvereine die Nähe zum Menschen und können weit unkonventioneller und mit mehr menschlicher Nähe arbeiten.

Die Arbeitsbereiche der Träger und Vereine sind vielfältig: Kindertagesstätten, Kinder- und Jugendliche, Familien, Senioren, pflegerische Tätigkeiten, Beratungen in akuten oder präventiven Angelegenheiten, Betreuungen, schulische Unterstützungen und auch Freizeit und Kultur sowie Stadtteilarbeit steht in den Arbeitsbeschreibungen. Die Arbeit wird von Fachkräften geleistet, die nicht selten besondere Ausbildungen und Zusatzqualifikationen mit sich bringen. Zudem zeichnen sie sich dadurch aus, dass sie persönliche Interessen, wie beispielsweise musikalisch und künstlerische Talente und Fähigkeiten, in ihre Arbeit mit einbringen. Nicht zu unterschätzen ist die starke Verwurzelung und Vernetzung der Träger und Vereine in ihren Stadtteilen und Bezirken, die schnelles und bedarfsorientiertes Handeln möglich machen. Ein Aspekt, der nicht zuletzt auf Senatsebene bei der Bewältigung der Flüchtlingsarbeit erkannt wurde.

Die Arbeitsweise der sozialen Arbeit stellt sich vornehmlich aus drei Grundsäulen zusammen: Die Einzelfallhilfe, die Gruppenarbeit und letztlich die Gemeinwesenarbeit. Alle drei Bereiche greifen unmittelbar ineinander und bilden eine Einheit, die alle Bevölkerungs-Schichten und -Gruppen erreicht. In der Einzelfallhilfe kommen wir zu der Frau, die mit einem Brief in der Hand in die Einrichtung kommt. Sie hat einen Antrag für Kinderbetreuung vom Amt bekommen und versteht alleine nicht, was sie ausfüllen muss. In der Einrichtung findet sie AnsprechpartnerInnen für ihr Anliegen. Entweder wird ihr Hilfe geboten, den Antrag zu verstehen und selber auszufüllen oder sie bekommt die Adresse einer Stelle, die ihr fachkompetent weiterhelfen kann. Die ältere Frau, die mit dem Mann in den Bus steigt, ist eine geschulte ehrenamtliche Helferin, die den Mann begleitet um sich erstmalig bei der Meldestelle vorzustellen. In beiden Fällen wird individuell geschaut, was das Anliegen ist, ob es alleine bewältigt werden kann und schließlich, wie es gelöst wird. Ungeachtet des sozialpädagogischen Ansatzes passiert dies in persönlicher und menschlicher Ansprache, die dem jeweiligen Bedürfnis des Hilfesuchenden gerecht wird. Sein persönliches Anliegen wird mit den Hilfsquellen der Gemeinschaft verbunden und so das Umfeld des Einzelnen gestärkt und verbessert.

Gruppenarbeit geht in allen Altersgruppen vonstatten, auch wenn es manchmal vordergründig nicht wie Gruppen-Arbeit aussieht. Die Senioren, die gemeinsam in der Einrichtung frühstücken, erleben einen lebendigen und geselligen Vormittag. Ziel ist es der Vereinsamung älterer Menschen entgegenzuwirken, sie miteinander bekannt zu machen und Kontakte herzustellen, die über dieses Frühstück hinaus Aktivitäten entstehen lassen. Die Kinder, die gemeinsam in den Bus steigen erleben vielfältige Ansätze der pädagogischen Arbeit. Sie lernen Gemeinschaft, das Kennenlernen der Stadt über ihr Umfeld hinaus, lernen sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewegen und vieles mehr. Gruppenangebote sind für allen Altersklassen, für alle Interessensgebiete und für alle persönlichen Belange zu finden. Eine Gruppe dient immer der Bildung, der Reife und dem Wachstum, der Heilung oder Eingliederung eines Einzelnen in eine Gemeinschaft. Soziale Kompetenzen der Einzelnen werden in einer Gruppe durch vorher festgelegte Inhalte oder Ziele gestärkt.

Die Gemeinwesenarbeit dient im Allgemeinen der Verbesserung des unmittelbaren Wohnumfeldes. Das Stadtteilzentrum Steglitz e.V. hat beispielsweise dem Leitbild des Vereins einen prägenden Satz vorangestellt: „Wir gehen davon aus, dass wir die Welt verändern können!“ und proklamiert weiter: „Wir sind bereit Verantwortung für Aufgaben und Prozesse im Bezirk zu übernehmen. Zu wichtigen Themen melden wir uns zu Wort und mischen uns ein.“ Die Mitbürger, die sich zu einer Kundgebung versammeln, um Solidarität gegenüber Geflüchteten zu zeigen, folgten einem Aufruf des Trägers zur Gegendemo. Dabei geht es nicht darum, politische Ziele oder Richtungen zu verfolgen, sondern schlicht, die Haltung der Bevölkerung für individuelle Schicksale zu sensibilisieren und eine klare und offene Haltung gegenüber fremden Menschen zu zeigen. Vertreter sozialer Träger und Vereine sitzen in den Gremien des Bezirks, in Arbeitsgruppen und Fach-Foren. Sie beobachten gesellschaftliche Entwicklungen und melden sich zu Wort. Beispielsweise werden viele Runde Tische von sozialen Trägern gefördert, die wiederum mittels Präventionsbeirat Gehör bei Bezirksstadträten und Bürgermeister finden. Gemeinschaftliches Leben wird mit gestaltet, verändert und zum besseren für den einzelnen Bürger verändert.

Ausnahmslos jeder ist von der Arbeit der sozialen Träger und Vereine betroffen. Ob man seine Kinder in die Kita bringt, die Älteren in die Ergänzende Förderung und Betreuung in der Schule, die Jugendlichen nachmittags ein Kinder- und Jugendhaus besuchen, Erwachsene sich zu Gruppen oder einer Tasse Kaffee im Nachbarschaftshaus treffen oder Senioren gemeinsame Ausflüge machen – es betrifft jeden. Ehrenamtliche HelferInnen werden in allen Bereichen der Arbeit eingebunden und entsprechend ihres Vermögens eingesetzt. Bezirklich Entwicklungen werden durch diese Arbeit mit gestaltet und verändert. Damit sind noch nicht die vielen besonderen Aufgaben angesprochen, wie zum Beispiel „Frühe Hilfen“ oder SRL-Projekte, um nur zwei zu nennen. Im Mittelpunkt steht immer und besonders der einzelne Mensch – derjenige, der schon immer hier wohnte oder derjenige, der aus fremden Ländern hier integriert werden muss. Das Stadtteilzentrum Steglitz e.V. tut dies nun seit 20 Jahren in Steglitz-Zehlenndorf – mit viel Engagement, großartigen MitarbeiterInnen und vielen Menschen, die den Verein auf seinem Weg begleiten. Wir wünschen „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“ – mit allen, die den Verein begleiten, mit ihm vernetzt sind, kooperieren, manchmal auch kritisch betrachten oder ganz einfach von ihm profitieren!

Es kam ganz anders …

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Wir waren bestens vorbereitet: In den Wochen vorher wurde überlegt, geplant, alle Eventualitäten durchgesprochen. Informationsmaterial wurde ausgedruckt, zusammengestellt, Pressemappen vorbereitet. Einladungen an Politik, Presse und AnwohnerInnen formuliert, verschickt und verteilt. Alle freiwilligen HelferInnen für den Tag waren eingeteilt, gebrieft und standen pünktlich bereit und auch das Wetter war mit strahlendem Sonnenschein mit von der Partie. Um 10.30 Uhr standen die MitarbeiterInnen von der MILaa gGmbH und dem Stadtteilzentrum Steglitz e.V. auf dem Gelände, dass in den Monaten vorher bebaut und eingerichtet wurde. An dem Tag wurde offiziell der symbolische Schlüssel übergeben, damit die ersten neuen BewohnerInnen bald einziehen können. Das sechste neu gebaute Containerdorf für Flüchtlinge in Berlin war fertig. Auf den Einladungen stand „Tag der offenen Tür!“

Zwei Termine standen im Zeitplan. Am Vormittag der Termin für Politik und Presse und am Nachmittag für alle umliegenden AnwohnerInnen. Sie sollten sich alles anschauen und ein Bild von der Anlage machen können, besonders aber Fragen stellen, Bedenken äußern und Unsicherheiten sollten ausgeräumt werden. Schon im Dezember 2014 hatte das Stadtteilzentrum zu zwei Anwohner-Veranstaltungen eingeladen und dabei festgestellt, dass Information und Transparenz ein guter Weg sind, eine neue Wohnanlage für Flüchtlinge in der Nachbarschaft zu integrieren. So standen wir wieder bereit an unseren Informationsständen. Die Liste der offiziellen VertreterInnen konnte sich sehen lassen: Giesela Netzeband – Geschäftsführerin der MILaa gGmbH, Wolfgang Keller – der neue Einrichtungsleiter, Veronika Mampel – Koordination Flüchtlingsarbeit des Stadtteilzentrum Steglitz e.V., Thomas Mampel – Geschäftsführer des Stadtteilzentrum Steglitz e.V., Jan Dreher – kaufmännischer Vorstand der Ev. Diakonieverein Berlin-Zehlendorf e.V., Detlef Cwojdzinski – Leiter der Task Force, Lageso, Regina Kneiding – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, Margitta Gonther – Projektleiterin, Herstellerfirma ALGECO, Petra Berndt – Dipl.-Ing. Architektin, Task Force, Lageso und Norbert Kopp – Bezirksbürgermeister Steglitz-Zehlendorf standen für die Eröffnung und Fragen der Presse bereit. Es waren herzliche Worte, bei denen allen Sprechern die Erleichterung anzumerken war, dass es hier an diesem Standort nun losgehen konnte. Unter welchem Gedanken, das Haus stehen soll, sprach Gisela Netzeband für alle Anwesenden aus „Hier ist ein Haus mit Seele entstanden!“

Künftig werden hier bis zu 300 Flüchtlinge leben, die einen besonders schutzbedürftigen und traumatisierten Status haben. In welcher Zusammensetzung, ob Familien, alleinstehende Eltern oder Einzelpersonen, wird sich erst mit der Zeit zeigen. Die MILaa gGmbH ist die Betreiberin der Anlage, eine 100 prozentige Tochtergesellschaft der Ev. Diakonie Berlin-Zehlendorf e.V.. Der soziale Partner ist das Stadtteilzentrum Steglitz e.V., das vorrangig die Koordination der ehrenamtlichen Arbeit, die Willkommenskultur, Vernetzung im Stadtteil und der Integration in bestehende Strukturen zur Aufgabe hat. Für beide Träger eine Herausforderung, der sie optimistisch entgegen sehen, haben beide fundierte, langjährige Erfahrungen in allen angesprochenen Bereichen. In diesem Sinne werden sie eng kooperieren, die „Seele“ des Hauses pflegen und die Menschen, die Hilfe benötigen, bestmöglich begleiten.

Der offizielle Teil war abgeschlossen, einzelne Gespräche ergaben sich und die HelferInnen hatten sich gedanklich auf eine Pause eingestellt. Es kam ganz anders … einzelne BesucherInnen kamen statt um 15.00 Uhr, wie erwartet, schon am späten Vormittag. Bei Einzelnen blieb es nicht, denn es wurden immer mehr. Ursprünglich war geplant, diesen Tag den AnwohnerInnen vorzubehalten. Jetzt wurde klar, dass durch die Medien die Einladung für offiziell erklärt worden war. So wurde kurz umdisponiert, die Türen standen offen und die Besucher kamen zahlreich. Wie zahlreich, haben wir zum Glück vorher nicht gewusst. Wir hatten, beeinflusst durch den Nachrichtenfluss der letzten Wochen, gut überlegt, ob es eine offizielle Veranstaltung werden sollte. Die Bedenken, die falschen Gäste zu haben waren groß, weshalb wir die geladene Form vorzogen. Nun war uns die Entscheidung aus der Hand genommen.

Die Stunden bis zum Abschluss der Veranstaltungen werden wir alle nicht mehr vergessen. Etwa eintausend BesucherInnen kamen – interessiert, neugierig und Anteil nehmend. Familien mit Kindern, ältere Paare, junge Leute. Alle vornehmlich mit einer Frage: „Wie können wir helfen!“ – es war einfach überwältigend. Mit wenigen kritischen Ausnahmen, stand insbesondere der Wunsch im Vordergrund zu wissen, wie hier geholfen wird, die Hilfe organisiert wird und wie man sich einbringen kann. Die Liste der an Ehrenamt interessierten füllte sich in Windeseile. Oft kam das Angebot mit Spielzeug zu helfen, einige Ärzte boten sich an, benachbarte Vereine bekundeten Interesse, ein Benefizkonzert wurde angedacht … um nur wenige Beispiele zu nennen. Und schließlich, trotz dessen wir gut vorbereitet waren, ging uns später das Infomaterial zur Neige. Diese positive Resonanz hat uns ungemein gefreut und sie zeigt ganz deutlich, was für eine gute Wahl dieser Standort war. Die Anwohner sind offen, interessiert und bereit ihre neuen Nachbarn zu empfangen.

Die ersten Flüchtlinge sind in diesen Tagen eingezogen. Nun muss geschaut werden, was es für Menschen sind, aus welchen Ländern sie kommen und was sie dringlich benötigen. Sind es mehr Familien mit Kindern, mehr Frauen oder Männer – die Bedürfnisse jeder Gruppe sind anders. Es macht wenig Sinn einfach Spenden vorbei zu bringen, so gut es auch gemeint sein mag. Die Lagerkapazität ist auf der Anlage nicht gegeben. Die Hilfe wird von Veronika Mampel, Koordinatorin der Flüchtlingshilfe, organisiert. Sie hat langjährige Erfahrungen und einen versierten Überblick über Möglichkeiten und Netzwerke sowie die ehrenamtliche Arbeit. Über die Seite http://www.steglitzhilft.de bekommen Sie die aktuellen Informationen über Aktivitäten, Hilfemöglichkeiten und Spendenwünsche. Ein erstes HelferInnentreffen findet am 11.9.2015 im KiJuNa – Kinder-, Jugend- und Nachbarschaftszentrum, Scheelestraße 145, 12209 Berlin statt. Bis dahin bitten wir um etwas Geduld – die Flüchtlingshilfe soll sinnvoll und gezielt beginnen.

steglitzhilft_din-langDer Tag der offenen Tür hat deutlich gezeigt, dass Flüchtlinge in Steglitz-Zehlendorf willkommen sind. Ein wunderbares Gefühl für den Beginn einer Arbeit, die für viele Menschen der Beginn in eine neue Zukunft sein wird.

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Fotos: ALGECO

Leitartikel der Homepage des Stadtteilzentrum Steglitz e.V.
vom 3. September 2015