Schreiben gegen Rechts – die Blogparade FÜR Toleranz + Vielfalt

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Die Zusammenfassung

Angefangen hat alles aus Ärger und Angst. Ärger über Nachrichten aus der aktuellen Tagespolitik, über Intoleranz, über politische Strömungen, die dem Gedanken unseres Grundgesetzes zuwider laufen und über das historische Vergessen in unserer Geschichte. Angst vor Entwicklungen, die wir nicht mehr aufhalten können, wenn wir nicht rechtzeitig einschreiten. Angst vor offensichtlich immer stärker werdenden rechten Tendenzen in unserem Land. Angst vor Extremismus völlig gleich aus welcher Richtung. Es waren andere Nachrichten, die ich lesen und andere Stimmen, die ich hören wollte. Besonders aber wollte ich nicht, dass wieder einmal zu viele still sind und so unabsichtlich Tendenzen fördern, die niemandem in diesem Land gut tun können. Ich wollte etwas tun und nicht still sein – so entstand die Idee der „Blogparade gegen Rechts“. Ende Februar schrieb ich meinen Aufruf, veröffentlichte ihn in meinem Blog und bangte anfänglich, ob das wohl etwas werden würde. Es wurde … wurde so viel, wie ich es kaum für möglich gehalten hätte. Es versetzt mich jetzt in die Lage, ein wunderbares Statement gegen Rechts, FÜR Toleranz, für eine offene, freie und multikulturelle Gesellschaft, in der Zusammenfassung von 81 Blogbeiträgen vorzustellen.

Was hier zusammen gekommen ist, sind nicht nur 81. Beiträge, es ist auch ein ganzer Monat mit der Auseinandersetzung mit dem Thema. Jeder Beitrag ist auf seine Weise einzigartig. Manche gehen in ähnliche Richtungen und doch bringt jeder eigene Aspekte ein, beleuchtet das Thema von einer anderen Seite oder stellt es auf ganz eigene Weise dar. Jeder Beitrag ist ein Gewinn für denjenigen, der sich kritisch mit den Tendenzen im Land auseinandersetzen will. Es sind sachliche Beiträge, Gedichte, Geschichten, persönliche Erlebnisse oder Beispiele aus Projekten und Hilfeangebote u. v. m. Jeder Beitrag ist ein Bekenntnis, warum wir ein bestimmtes Kapitel unserer Geschichte nicht wiederholen wollen. In seiner Sprache ist jeder anders – manche ganz klar, manche frech, manche deutlich, mache sarkastisch und manche eher versöhnlich. Jeder so, wie er es will, jeder Beitrag steht für sich.

Zu jedem Beitrag und auch dazwischen, schrieben Leser ihre Kommentare. Mal lieb und freundlich, mal kritisch … immer – und das rechne ich allen Lesern hoch an – in angemessenem Ton! Ich habe alles freigeschaltet, was geschrieben wurde. Aus Erfahrung behalte ich mir vor, neue Kommentatoren erstmalig freizuschalten. Kritik bekam ich ebenfalls, die es zu bedenken gab: Warum nur gegen Rechts zum Beispiel. Ganz einfach, weil die Rechten zur Zeit das Bild bestimmen. Grundsätzlich bin ich gegen alles, was extremistisch, undifferenziert und menschenverachtend ist. Warum „Gegen“ und nicht „Für“? Diesbezüglich verweise ich auf den letzten Satz des Aufrufs „Ich würde mich unheimlich freuen, wenn ihr dazu beitragt, dass ein Teil meiner Angst in Stärke und Gewissheit gewandelt wird, dass jeder etwas – nach seinen Mitteln und Möglichkeiten – FÜR unseren offene, freie Gesellschaft tut.“ Auch glaube ich, dass der Aufruf bei weitem nicht die gleiche Aufmerksamkeit bekommen hätte, hätte ich ihn „Für Toleranz und Vielfalt!“ genannt – so traurig das auch sein mag.

Es wurde recht schnell klar, dass eine einfache Auflistung oder Linkliste aller Beiträge der Sache nicht mehr gerecht werden würde. So überlegte ich lange über die Form der Darstellung. Ich denke, ich hätte ein einfaches Pdf mit allen Beiträgen gemacht, aber manchmal ergeben sich Dinge, die sich zeitlich in die Hände spielen. Durch meine Arbeit ergab sich die Notwendigkeit, dass ich mich mit einem neuen Format der Veröffentlichung von Texten auseinander setze, weil die Zeitung, die ich seit Jahren machte, eine neue Form brauchte. So hatte ich mit der Blogparade das ideale Übungsobjekt und kann ein eBook anbieten, das jeder bequem an Smartphone, Tablet oder am Computer lesen kann. Ich betrachte es nicht als Buch (dafür gibt es Fachleute) und die professionellen Autoren unter euch mögen mir gnädig sein. Es ist für mich die bequeme Möglichkeit, alle wunderbaren Beiträge einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Ich betrachte es auch nicht als „meins“ – es gehört allen teilnehmenden Bloggern gemeinsam. Und ich betrachte es auch nicht als fertig. Zwar habe ich versucht alle Formatierungen der ursprünglichen Beiträge weitestgehend zu übernehmen, alle gesetzten Links zu beachten und Bilder, sofern möglich, einzubinden, aber sicherlich ist mir das ein oder andere durchgerutscht. Die reinen Texte sind 1:1 aus den verlinken Quellen kopiert. Wer also etwas entdeckt, was geändert werden sollte, möge Bescheid geben, sofern er gar nicht damit leben kann. Einzig die immer wiederkehrende Verlinkung auf die Blogparade habe ich weggelassen. Gestalten kann man in einem eBook nur bedingt. Ich habe mich etwas daran versucht, indem ich den Anfang jedes Kapitels in Formatierung der Schrift und durch Bilder gleich aussehen lies.

„Nicht fertig“ bedeutet für mich auch, dass ich die Parade nicht als beendet betrachte. Ein paar Beiträge fehlen dabei. Ein Blog war vollständig gelöscht, ein Link funktionierte nicht mehr, ein paar tweets lassen sich nicht zurück verfolgen. Letztlich waren auch noch ein paar Beiträge angekündigt. Nun, wir kennen alle den Alltag, der unsere Pläne durcheinander bringt … ich weiß nicht, ob es verwegen ist, aber bis zu 100 Beiträgen würde ich das eBook erweitern. 19 Kapitel einfügen (das habe ich jetzt gelernt) ist technisch gut machbar. Ich lasse es also offen, ob der ein oder andere noch einen Beitrag hinzufügen möchte.

Die Bearbeitung der einzelnen Beiträge, war für mich noch einmal eine intensive inhaltlich Auseinandersetzung. Ich bin nicht in der Lage zu sagen, welcher mir am besten gefällt. Jeder Beitrag hat etwas für sich. Aus dem Kopf heraus kenne ich den kürzesten, den längsten, den witzigsten, den erschütternsten, den frechsten Beitrag … auf der Höhe der Beiträge, die bewundernswert sind, stehen alle 80 Beiträge gleich … der 81. ist mein eigener, den nehme ich aus. 😉 Absolut begeistert bin ich von den vielen unterschiedlichen Denkansätzen, die hier zusammen kommen. Ich werde sie noch einmal lesen, mir in Ruhe die zugehörigen Verlinkungen ansehen, überdenken, was ich erfahre, dazu lernen und verwerten. Dafür bin ich dankbar!

Dankbar bin ich allen die teilgenommen haben – haben sie mich doch in dem bestätigt, was ich erfahren wollte. Es gibt sie – die Stimmen da draußen, die durchaus etwas dagegen zu setzen und zu sagen haben. Ein Teil meiner Angst ist Stärke und Gewissheit geworden: Nicht alleine zu sein mit meiner Hoffnung, dass eine tolerante Gesellschaft möglich ist, wenn wir nicht müde werden uns dafür einzusetzen und darum kämpfen. Wenn wir mit Wort und Tat Vorbilder werden und daran glauben, dass jeder – wirklich jeder – bei uns seinen Platz hat. Wenn wir uns für Empathie unseren Mitmenschen gegenüber einsetzen und sie ausleben, ganz gleich woher sie kommen, was sie glauben oder welchen kulturellen Hintergrund sie haben. Wenn wir aushalten können, dass es Andersdenkende immer geben wird, für Gespräche mit ihnen offen bleiben und Meinungsvielfalt aktiv leben. Wenn wir Differenzierung von Sachverhalten nicht verlernen. Aber dennoch den Andersdenkenden, empathielosen Mitbürgern, nicht das Feld überlassen.

Ein Dankeschön gilt meinem Mann, meiner Mutter und meinem Chef. Sie stehen immer zu Gesprächen bereit, wenn mich Zweifel plagen oder ich mir in manchen Punkten nicht sicher bin und andere Meinungen brauche. Ein besonderes Dankeschön gilt Günther Kloppert, meinem „alten“ Schulfreund. Er ist kein Blogger – er fotografiert leidenschaftlich und hat viele Bilder für dieses eBook zur Verfügung gestellt. Das ist seine Form des Statements. Alle anderen Bilder stammen aus der freien Pixabay-Auswahl, auch dafür – danke!

Zwei oder dreimal habe ich in einem Kommentar und Beitrag die Frage gelesen, was es bringt, solch eine Blogparade zu veranstalten, was wir dadurch verändern und welche Auswirkungen es hat. Das ist für mich gleichbedeutend mit: „Wir haben ein Problem, aber es lässt sich sowieso nicht lösen, also versuchen wir es erst gar nicht!“ Ich denke, jeder kleinste Versuch, sich für Toleranz und Vielfalt einzusetzen, jedes kleine Lächeln auf der Straße einem Fremden gegenüber, jedes gute Wort an einen Hilfesuchenden, jedes geschriebene oder gesagte Wort für diese gute Sache bewegt und fördert. Jeder von uns ist ein Vorbild in Denken und Handeln – welches Vorbild wir sein möchten, haben wir selber in der Hand. Wir können, jeder einzelne von uns, die Gegenwart und Zukunft positiv und optimistisch gestalten – dieses eBook und sein Statement ist ein Beispiel dafür!

 

Und nun zur Datei:

Das Bild anklicken um das eBook oder
darunter den Link anklicken um alternativ das Pdf herunter zu laden.
(Nur zur Sicherheit sei erwähnt, dass es natürlich kostenfrei ist).

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Blogparade Schreiben gegen Rechts – das Pdf

Ich wünsche allen Lesern der Publikation spannende Lektüre, gute Ein- und Ansichten und freue mich über Rückmeldungen.

… und wenn es euch gefällt – dann bringt es unter die Leute! 🙂

Herzliche Grüße

Anna Schmidt

Heinrich saß auf der Bank …

©_kichigin19_Fotolia.com

 

… und grübelte über alles mögliche nach. Eigentlich grübelte er gar nicht – er muffelte vor sich hin. Gleich von morgens an war die schlechte Laune sein Begleiter, was sich im Laufe des Tages auch nicht ändern sollte. Nach der Arbeit holte er sich auf dem Nachhauseweg einen Kaffee und setzte sich auf die Bank. Vielleicht kam ja so ein Hauch guter Laune vorbei.

Vor ihm liefen die Leute emsig beschäftigt von einem Geschäft in das andere. Nach jedem Geschäft mit mehr Tüten bepackt. Männer, die eher wie Lastenheber wirkten. Frauen, denen die Angst ins Gesicht geschrieben stand, nicht alles zu bekommen. Kinder, die lieber woanders wären, als hier aufzupassen, dass sie nicht überrannt werden. Viele Leute, alle mit sich selbst beschäftigt. Keiner, der einen Blick dafür hatte, dass überall schöne Weihnachtsdeko hing. Und Heinrich konnte nicht mitmachen … das ärgerte ihn am meisten.

Er hatte sich seinen Weihnachtswunsch schon erfüllt. Heinrich wollte einen riesengroßen Fernseher haben. Den hat er sich seit sieben Monaten zusammen gespart. Jetzt mit dem letzten Gehalt hatte er das Geld zusammen und nach dem Kauf soviel übrig, dass er noch so gerade über den Monat kam. Mehr aber auch nicht. Hätte er doch einen Monat gewartet. Das war der Grund für seinen Ärger. Jetzt hatte er das Riesending zuhause stehen, aber nix mehr übrig für die Fahrkarte zu Muttern oder für irgendwelche anderen Annehmlichkeiten, die man sich zu Weihnachten gönnt. Frohes Fest aber auch.

Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete er einen Stadtstreicher, der immer näher in seine Richtung kam. „Bitte nicht hierher, nicht hier auf die Bank,“ dachte Heinrich. Er wollte doch alleine sein. Alleine mit seinem lauwarmen Kaffee. Aber denkste. Natürlich kam der Mann immer näher und fragte mit einem freundlichen Lächeln, ob hier noch frei sei. War’s ja wohl offensichtlich und Heinrich hatte zwar schlechte Laune, aber unhöflich war er nicht. „Ich bin Kalle!“ sagte der Stadtstreicher. „Heinrich“ stellte er sich vor und dachte nur, dass er sich bloß nicht unterhalten wollte. „Schlechte Laune, wie?“ fragte Kalle. Heinrichs Stirnfalte zog sich verdächtig zusammen: „Wie willste das denn wissen?“ „Na, ich hab den Blick, weißte. Den bekommt man hier unter den Leuten! Das lernt man. Das muss man lernen,“ sagte Kalle und freute sich über seine Erkenntnis. Heinrich fühlte sich ertappt.

Kalle breitete sich auf der Bank aus. Der hatte ja eine ganze Menge Gepäck. Tüte hierher, Tasche da rüber, Tüte auf die andere Tüte und so dauerte es eine Weile, bis Kalle alles so hingepackt hatte, dass er gemütlich sitzen konnte. „Muss alles seine Ordnung haben, weißte!“ sagte er mit einem Zwinkern zu Heinrich. „Und jetzt erzähl mal, Junge.“ … Heinrich drehte ganz langsam den Kopf zu Kalle … wie, um Himmels willen, kam der alte Mann darauf, dass er ihm jetzt was erzählen wollte. Als er Kalle frontal ins Gesicht schaute, sagt der nur: „Dir ist doch ne Laus über die Leber gelaufen … lass sie raus, dann wird’s leichter!“ und strahlte den Jüngeren entwaffnend an. Heinrich schüttelte langsam den Kopf, aber innerlich musste er grinsen. Der Alte war schon irgendwie locker drauf. Ein großer Seufzer kam von ganz alleine aus ihm heraus und ohne, dass er es eigentlich wollte, erzählte Heinrich von seinem Groll.

„So, ein Fernseher also. Ein riesengroßer Fernseher. Junge, hol uns mal einen warmen Kaffee und dann unterhalten wir uns mal über Fernseher.“ Kalle saß auf der Bank, in seine Taschen und Tüten eingepackt, wie der Großvater, der gleich eine spannende Geschichte erzählen wollte. Heinrich brachte nur ein leises „Ok!“ heraus und kurze Zeit später hatten beide das wärmende Getränk in der Hand. Jetzt war Heinrich gespannt, was Kalle für Weisheiten über Fernseher von sich geben würde. Langsam machte ihm die Geschichte Spaß.

„Also, dein Fernseher. Da hast du dir ja was Tolles geleistet. Und was hast du jetzt davon? Alles was der kann, hast du hier draußen auch. Und trotzdem bist du hier frei. Kannst hingehen, wohin du willst und dir immer wieder neue `Programme´ aussuchen … ohne dass es irgendwas kostet.“ behauptete Kalle und machte eine gönnerhafte Bewegung mit der Hand. „Hä, wieso das denn?“ fragte Heinrich, „Wo hab ich hier Sport, Spielfilm, Politik, Unterhaltung, Musik … ?“ Kalle fing schon wieder an sein entwaffnendes Lächeln aufzusetzen. „Na, überleg doch mal. Um Sport zu gucken, gehe ich nachmittags auf den Bolzplatz. Wenn die Jungs mit der Schule fertig sind, wollen die sich bewegen. Da gibt’s die spannendsten Spiele. Ein bisschen dramatischer wird’s dann vor dem Gericht. Da kannste manchmal sogar Tränen sehen. Oder du suchst dir einen guten Platz vor einem Kaffee in dem sich Paare treffen … da spürst du die Herzchen förmlich in der Luft. Politik gucke ich vor der Polizeiwache oder vorm Rathaus. Mit ein bisschen Fantasie kann ich mir die interessantesten Geschichten zusammenreimen, von denen ich in der Zeitung gelesen habe. Unterhaltung hab ich überall – dafür brauche ich nicht so eine Kiste, die mich festnagelt. Fehlt noch Musik. Also dafür muss man eigentlich nur wissen, wo die Musikschule ist oder das Blasorchester jede Woche übt.“ „Und wo guckst du Kochsendungen?“ warf Heinrich ein. „Oh, die hab ich über die ganze Stadt verteilt. Glaub mir, wenn man frei ist, so wie ich, dann weiß man schon, wo die besten Köche sind. Das sind die mit Herz. Die, die etwas übrig haben.“ Heinrich guckte verlegen in seinen Kaffeebecher. Da war ja schon was dran, was der da von sich gab.

„Nicht schlecht, Kalle!“ gab er nach einer Weile zu. „darüber muss ich mir mal Gedanken machen. Unter Leute gehen, willste mir bestimmt damit sagen. Mich mit einfachen Sachen begnügen. Im Kleinen suchen, womit ich zufrieden sein kann.“ Kalle hielt ihm als Antwort nur seinen leeren Kaffeebecher hin. „Für noch’n Kaffee, gibt’s noch ein paar Lebensweisheiten.“ Jetzt musste Heinrich lachen. „Nee, Kalle, jetzt schalten wir mal das Programm um. Ich hab Hunger und für ne Doppelte Portion Currywurst und Pommes reicht mein Geld allmal noch.“ Kurze Zeit später war die Bank leer. Etwas weiter liefen zwei Männer mit vielen Taschen und Tüten, die rege diskutierten und anfingen die Welt zu verbessern. Der Hauch guter Laune war ja doch an der Bank vorbeigekommen.