Von Pinseln und Punkten … und Mandalas

Der Schulranzen meiner Kinder war immer ein ganz besonderer Ort. Er konnte Geheimnisse verbergen, Gegenstände komplett verschwinden lassen oder Sammlungen von Dingen beherbergen, die nun wirklich kein Mensch braucht. Abgesehen von den jahrelang nutzlos hin und her geschleppten Büchern, konnte er aber eins besonders gut sammeln: Halb fertige, lieblos ausgemalte Mandalas.

Hin und wieder räumten wir diese Schulranzen gemeinsam aus um zu verhindern, dass meine kleinen Mädchen unter dem Gewicht zusammenbrechen. Das war besonders nach den Ferien ein festes Ritual. So manches Schulbrot – von vor den Ferien – kam wieder zum Vorschein. Dabei ist mir ganz besonders ein Schuljahr in Erinnerung geblieben. Meine Tochter wünschte sich einen größeren Schulranzen aus Platzproblemen. Also räumten wir wieder erst einmal aus, um die Notwendigkeit zu prüfen. Ich zog gefühlt 100.000 halb fertige Mandala-Ausmalblätter aus der Tasche. Auf meine Frage hin und weil ich wusste, dass Malen nicht gerade eine Lieblingstätigkeit der jungen Dame war, bekam ich die Erklärung, dass sie im Matheunterricht, immer wenn sie früher als die anderen fertig ist, Mandalas malen sollte. Mehrfache Gespräche mit der Lehrerin änderten nichts.

Mein Verhältnis zu Mandalas war nachhaltig und auf viele Jahre gestört. Ich sah meine Tochter den kreativen Tod sterben und trotz aller Argumente bekam sie weiter Mandala-Ausmalblätter, statt zusätzliche Mathematikaufgaben im Mathematikunterricht. Aus dem Kind ist trotzdem etwas geworden – nein, keine Malerin. Die ganze Geschichte hätte ich sehr wahrscheinlich völlig vergessen, wenn nicht vor ein paar Jahren Ausmalbücher für Erwachsene sehr modern geworden wären. Ich schaute mir diese Bücher an, kaufte sogar ein paar, weil mich die Muster doch interessierten. Ich trat in Facebook zwei Gruppen bei, die sich nur mit Ausmalbüchern beschäftigten und beobachtete fasziniert, was sich dort tat. … Wie erkläre ich das jetzt ohne jemanden auf die Füße zu treten? Vielleicht so: Die Bilder, die dort gezeigt wurden, waren teilweise wahre Ausmal-Meisterwerke. Manche Ausmaler beherrschen die Kunst, bzw. das Handwerk mit Stiften Flächen gleichmäßig oder gegebenenfalls verlaufend auszumalen wirklich trefflich. Manche nicht so sehr, aber auch hier macht Übung tatsächlich den Meister. Anerkennend sah ich, dass sie es versuchten und übten. Oft musste ich lächeln, weil die Ausmalbilder tatsächlich wie kleine Picasso‘s beschrieben wurden und der Stolz der Besitzer spürbar war. Einzig, was sich mir nicht erschloss war, wie auch schon früher bei meiner Tochter: Was ist die kreative Leistung an Ausmalbildern. Ich las viel über Mandalas, aber wirklich überzeugendes in Hinblick auf die Kreativität fand ich wenig. Viel über die Geschichte der Mandalas und deren Symbolik. Ich hatte viel Nachzudenken.

Es dauerte noch eine Zeit bis ich es, zumindest teilweise, verstehen konnte und das kam so: 2016 hatten wir unser Haus komplett saniert, um- und angebaut. Dadurch kam ich zu einem Zimmer in dem ein kleiner Arbeitsplatz ohne irgendetwas Digitalem steht. Der ist nur dem Malen, Basteln oder Werkeln vorbehalten. Kopf an Kopf steht der Arbeitsplatz für den Computer und so konnte ich von nun an, je nach Lust, die Seiten wechseln. Ich hatte mich drei Jahre lang in meiner Freizeit vornehmlich mit dem Bloggen beschäftigt, merkte aber dass ich etwas Neues brauchte. Eines Tages sah ich in Instagram ein persisches Mandala. Das war so wunderschön, dass ich es mir speicherte und immer wieder anschaute. Irgendwann fasste ich den Mut und dachte, dass ich das auch hinbekommen könnte. Ich legte Leinwand, Zirkel, Lineal und Stifte bereit und fing an, mein eigenes Mandala vorzuzeichnen. Nachdem das geschafft war, begann die Arbeit mit dem Pinsel. Ich entdeckte wieder, was ich viele Jahre nicht getan und vermisst hatte. Ich malte, versank in den Prozess und fand die Ruhe in mir selber. Diese Ruhe, könnte ich mir vorstellen, ist das, was ein Ausmaler, abgesehen davon etwas Schönes zu erschaffen, beim Ausmalen findet.

Es entstanden einige Bilder und irgendwann mit meiner Kollgin die Idee, sie alle einmal auszustellen, was ich auch im April machen werde. Schön, wenn man einen Arbeitgeber mit einem schönen Nachbarschaftscafé hat, wo so etwas möglich ist. Dann musste ich sozusagen malen, denn ein paar Bilder sollten schon zu sehen werden. Aber es blieb nicht bei den Mandalas. Irgendwann entdeckte ich die Punkte – das „dot painting“. Wunderschöne Bilder, bzw. Mandalas, die nur aus verschieden großen Punkten zusammengestellt waren. Ich recherchierte eine Weile, wie die Künstler das machten und fand schließlich in Australien einen Versandt für das richtige Werkzeug. Der Zoll übergab es mir erst gegen eine kleine Gebühr, aber dann war ich auch hier nicht mehr zu halten und malte Punkte ohne Ende. Und auch hier wieder macht die Übung den Meister. Nicht alles gelang, aber es wurde besser. Auch hier fand ich eine Facebookgruppe: „Traumhaftes Dot Painting – Austausch und Inspirationen“ von Anika Brust. Anders als in anderen, mir bekannten Facebookgruppen, fiel mir hier der ausgesprochen nette Umgangston auf. Jeder, ob Anfänger oder Profil erhält die gleiche Wertschätzung, geduldige Tipps oder freundliche Antworten. Für mich eine große Motivation weiterhin einen Punkt neben den anderen zu setzen.

Meine Schwester fragte mich vor nicht allzulanger Zeit, wohin ich mit meiner Malerei will. Eine sehr gute Frage, über die ich immer wieder nachdenke. Ich werde kein großer Künstler mehr werden. Dafür habe ich zu viele andere Dinge, die ich auch gerne mache. Ich möchte Bilder malen, die mir gefallen, in deren Entstehung ich Entspannung finde und freue mich natürlich, wenn ich Anerkennung von anderen erhalte. Was ich will, ist ganz besonders der Prozess, der zwischen mir, dem Pinsel und der Leinwand stattfindet. Das Versinken in das Tun, das Ausblenden meiner Umgebung, die Suche nach neuen Möglichkeiten der Gestaltung. Die Ruhe, die ich finde, wenn ich mich mit Farben beschäftige und das alles fern ab von allem Digitalen, was mich sonst umgibt.

Um mit den Mandalas im Schulranzen abzuschließen: Ich bleibe dabei, dass Mandalas als Beschäftigungsmittel in der Schule nichts zu suchen haben. In der Form fördern sie außer gelangweilten Kindern nichts. Anders wäre es, sie im Kunstunterricht einzusetzen und Kinder ihre eigenen Muster malen zu lassen, deren Herkunft und Symbolik zu klären. Ausmalbücher sehe ich mittlerweile etwas anders. Menschen, die nicht zeichnen können und dennoch malen möchten, finden hier ihre Passion und Entspannung. Auch zur Förderung der Feinmotorik sind die Ausmalbilder oder Mandalas sicher förderlich. Eine eigene Richtung sind noch die gepunkteten Steine, unter denen es ebenfalls wahre Könner gibt. Unter den Mandala-Malern, ob mit Pinsel oder Punkten, gibt es ebenfalls große Künstler, die ich sehr bewundere, die aber alle ihre Bilder selber entwerfen und wunderbare Einblicke in die Welt der Fantasie geben.

Ich habe meine Malerei wiedergefunden, die in den letzten Jahren sehr vernachlässigt war. In der Zeit standen die Kinder an erster Stelle. So intensiv, wie im letzten Jahr werde ich allerdings nicht mehr malen, denn eins fehlt mir doch: Trotz aller Malerei hab ich den Kopf nicht abgestellt. Es gibt viele Themen, die mich bewegen und über die ich schreiben möchte. Also werde ich versuchen eine gute Mischung aus dem Malen und der Blog-Welt hinzubekommen, die sich in meine sonstige Privat- und Arbeitswelt einreihen muss. Trotzdem sind die Bilder nicht mehr von mir zu lösen. Ein paar zeige ich euch hier. Ich habe den Blog etwas umgebaut. Das Inhaltsverzeichnis und Impressum aktualisiert. Eine neue Seite „Meine Bildermappe“ ist hinzugekommen. So kann ich jetzt hin und wieder mit Texten oder Bildern von mir hören zu lassen. Jedes Ding hat seine Zeit und jetzt packt mich wieder die frühere Neugier auf die befreundeten und neue Blogs … man liest sich. Liebe Grüße!

Es sind die Begegnungen mit Menschen, …

Ich sitze an meinem Computer und betrachte die Fotos, die beim diesjährigen Kunstmarkt der Generationen entstanden sind. Von 529 Fotos habe ich 102 Bilder ausgesucht, die exemplarisch den Tag, die Stimmung und die Menschen zeigen sollen. Die Bilder sind fertig bearbeitet und nun überlege ich, was ich dazu schreiben soll. Es war der vierte Kunstmarkt, den wir veranstalteten und ich frage mich, was mir dieses Mal besonders gut gefallen hat. Ein Zitat von Guy de Maupassant bringt es auf den Punkt: „Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen.“ Eben diese Begegnungen mit Menschen sind das Hauptmotiv, das uns als sozialer Träger immer wieder motiviert, diesen Tag zu organisieren. Wir möchten ein Forum zu schaffen, in dem sich Kunstschaffende, deren Interessenten und Besucher, junge und ältere Menschen begegnen und über die Kunst einen Anlass für einen gemeinsamen Tag haben.

Natürlich liegt in Vorfeld etwas Spannung in der Luft, wenn wir den Kunstmarkt organisieren. Auch wenn wir routiniert vorgehen, können wir nicht alles beeinflussen, was einen erfolgreichen Tag ausmacht. Die Wettervorhersage haben wir beispielsweise sehr früh im Blick und verfolgen aufmerksam was uns eventuell bevorsteht. Das sah in diesem Jahr recht gut aus – bedeckt und etwa 23 Grad. Im letzten Jahr waren wir glücklich, dass uns bei der Hitze niemand ohnmächtig wurde. Um 6.04 Uhr am Morgen postete mein Kollege ein Bild in seinen Facebookprofil, das den Schlosspark Lichterfelde zeigt. „Die Stände für den Kunstmarkt stehen“ schrieb er dazu und alle betroffenen KollegInnen konnten schon einmal einen erleichterten Säufer loswerden. Ab dann lief alles wie einstudiert ab. Zwischen 9.00 und 11.00 Uhr bauten wir Bänke, Tische und Stände auf, die KünstlerInnen trafen ein, meldeten sich an, spendierten ihren Kuchen und richteten ihre Stände ein. Schon bei der Begrüßung von bekannten und neuen KünstlerInnen sowie unserer treuen ehrenamtlichen HelferInnen, war die freundliche Stimmung zu spüren. Um 12.00 Uhr stand der 4. Kunstmarkt der Generationen seinem Publikum offen.

Die Schirmherrin des Kunstmarktes, Bezirksbürgermeisterin Kerstin Richter-Kotowski, bedenkt ebenfalls in ihrer Begrüßungsrede, dass dieser Kunstmarkt schon alle Wetterkapriolen erlebt hat. Dazu wedelt sie leicht mit dem Fächer, den wir ihr vorsorglich und aus letztjähriger Erfahrung vor der Rede geschenkt hatten. Sie lobt die stimmungsvolle Atmosphäre des Parks, der wie geschaffen für einen schönen Kunstmarkt ist, lädt zum Verweilen und Kaufen des abwechslungsreichen Angebots der KünstlerInnen ein, nicht ohne allen Ehrenamtlichen zu danken, die mit uns diesen besonderen Tag möglich machen. Ab dann bestimmt das bunte Treiben den Schlosspark und natürlich freuten wir uns als Veranstalter, dass offensichtlich viele Menschen unserer Einladung gefolgt waren.

Der Rundgang an den Ständen hatte für jeden etwas zu bieten. Viele KünstlerInnen sind treue TeilnehmerInnen des Marktes und neue TeilnehmerInnen ergänzten das bunte Angebot. Etwa ein Viertel der Stände bot darstellende Kunst in verschiedensten Variationen an. Aquarell, Acryl, Encaustic, Fotografie, Öl, Illustrationen und anderes war zu finden, was eine lebhafte Bildwelt zeigte. Die anderen Stände waren den KunsthandwerkerInnen vorbehalten, die durch die Vielfalt der Techniken, Werkstoffen und Art staunen ließen. Holz, Glas. Leder, Papier, Scherenschnitt, Pappmaché, Filz, Seide, Stoff, Keramik, Wachs, Recyclekunst, Kork, Perlen, Leder … kaum ein Werkstoff, der nicht vertreten war. Schmuck in allen Formen von Nespressokapseln bis Gold- und Silberschmuck. Bei dem Angebot musste man den Geldbeutel schon besonders gut festhalten. Trotzdem kam immer wieder jemand auf die Terrasse um Freunden zu zeigen, was er oder sie gerade schönes erstanden hatte. Für die KünstlerInnen ist der Verkauf Lob und Geschäft zugleich. Besonders wichtig ist jedoch das Gespräch mit den BesucherInnen der Stände. Was kommt an, was gefällt, wo kann man an sich arbeiten. Und wie bei jedem von uns, wird die Anerkennung zur Motivation weiterzumachen. Das Publikum profitiert nicht nur vom Erwerb schöner Dinge, sondern auch von der Anregung eigener Kreativität. Manche KünstlerInnen bieten die Möglichkeit einen Kurs oder Workshop zu besuchen und Künstlergruppen laden zum Mitmachen ein.

Wer eine Pause vom Marktgeschehen brauchte, fand einen Platz im Garten des Gutshauses Lichterfelde. Tische und Bänke luden zu Kaffee und Kuchen oder einer leckeren Bratwurst ein. Der Kuchen wurde, wie in jedem Jahr, von den KünstlerInnen gespendet, dessen Erlös der Kinder- und Jugendarbeit des Stadtteilzentrums Steglitz e.V. zugedacht war. Besonders in diesem Bereich gilt ein besonderer Dank den ehrenamtlichen HelferInnen, die jedes Jahr ohne eigenen Nutzen ihre Hilfe anbieten. Dieser Helferkreis hat schon etwas sehr Familiäres, weil jeder weiß, wo er anpacken, helfen und unterstützen muss. Respekt den Herren am Grill, die auch nach Stunden mit einem netten Spruch und Lächeln die Bratwurst verkauften, den Damen, die immer für ausreichend Kaffee sorgten, die Sauberkeit der Örtlichkeiten im Blick hielten oder Kunstmarkttaler tauschten.

Wer genug von Kunst und Kuchen hatte, fand auf der Wiese ein schönes Programm. Zuerst zeigte die Kreistanzgruppe aus dem Gutshaus ihre Freude an traditionellen internationalen Kreistänzen und vermittelte Spaß an der Musik und an der Bewegung. Zu anderen Klängen und anderen Rhythmen machten ihnen das die Tanzgruppen aus dem KiJuNa nach. Seit vielen Jahren übt Anija mit den Kindern Choreografien ein, die besondere Beachtung bei solchen Gelegenheiten finden. Wer die Kinder über die Jahre kennt, stellt leicht fest, dass aus ehemals kleinen Mädchen nun junge Damen geworden sind und durch neue kleine Mädchen unterstützt werden. Giovanna hat uns im vergangenen Jahr schon mit ihren orientalischen Tänzen fasziniert, was ihr auch diesmal mit Leichtigkeit gelang. Ihre anmutigen Bewegungen zum Tanz mit oder ohne Reif lassen so manchen träumen und genießen. Beim letzten Programmpunkt „Biodanza mit Martina“, gebe ich offen zu, war ich im Vorfeld etwas skeptisch, weil ich es nicht kannte. Biodanza kann man in etwa mit „Tanz des Lebens“ übersetzen und setzt sich aus Musik, Bewegung und Begegnung zusammen. Martina und Natascha warben beim Publikum mitzumachen und als sich eine kleine Gruppe zusammengefunden hatte, begannen die Kreistänze mit viel Schwung und freien Bewegungen. Faszinierend hierbei war die Zusammensetzung der Tanzenden. Mütter mit sehr kleinen Kindern, eine Frau mit ihrer Mutter, die an den Gehwagen gebunden war, Frauen aus Afghanistan – bunter hätte das Bild nicht sein können. Die Freude an der Bewegung reichte bis in die letzte Ecke des Schlossparks und der Spaß an der Begegnung steckte an.

Es sind die Begegnungen mit Menschen, die diesen 4. Kunstmarkt der Generationen wieder einmal zu einem besonderen Erlebnis gemacht haben. Begegnungen mit KünstlerInnen, die uns sehr wertschätzende Rückmeldungen gaben. Begegnungen mit BesucherInnen, die sich offensichtlich wohl fühlten. Kinder, die überall dazwischen tobten, Erwachsene, die gute Gespräche führten, Freunde und Bekannte, die uns mit einem herzlichen Hallo und Lächeln motivierten. Begegnungen, die uns beschenkten und bestärkten auch im nächsten Jahr wieder einen Kunstmarkt der Generationen zu veranstalten. Und eine schöne Nachricht zum Schluss: Durch Spenden und den Erlös des Kunstmarktes der Generationen wird es möglich, dass sich die Kinder im KiJuNa – Kinder-, Jugend- und Nachbarschaftszentrum, demnächst in einer großen Vogelnestschaukel entspannen können.

Wir freuen uns auf die Begegnung mit Ihnen bei 5. Kunstmarkt der Generationen am 23. Juni 2018.