Wir sind alle kleine Lichter!

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Vor nicht allzu langer Zeit stand im Internet eine Dokumentation mit dem Titel „26 Bilder, durch die Sie ihre Existenz neu bewerten werden!“ Gezeigt wurde im ersten Bild die Erde – der Platz auf dem wir leben. Im zweiten Bild wurde die Richtung der Dokumentation deutlich – alle Planeten im Größenvergleich. Merkur, Mars und Venus sind noch kleiner als die Erde, alle anderen deutlich größer bis hin zum Jupiter, der mehr als 10 x so groß ist. Dann die Sonne, in die der Jupiter wiederum mehr als 10 x hineinpasst. Aber das reichte noch nicht … gezeigt wurde auch, dass Nordamerika auf dem Jupiter eher wie ein Mitesser wirkt oder die Erde zur Sonne nicht mal einem Floh gleich kommt. Wer hier noch nicht genug hatte, machte Bekanntschaft mit VY Canis Majoris, einem Hyperriesen, der als größter schätzbarer Stern gilt. Es ging weiter zur Milchstraße, den Galaxien und dem Orbit. Armes Menschlein … wo steckst du nur im Universum!

Nun könnten wir ja zur berechtigten Annahme kommen, dass wir Menschlein ganz kleine Lichter sind. Der Größenvergleich der Planeten ist eigentlich jedem klar, aber in Bildern so deutlich gemacht, lässt es uns doch winzig klein schrumpfen. Wohin mit unserem Selbstbewusstsein und der Bedeutung unseres täglichen Tuns. Sind wir selbst tatsächlich nur Organismen, die des Überlebenswillen existieren. Sind wir trotz der Winzigkeit der Dreh und Angelpunkt oder die einzige denkende Energieform des Universums? Schwierige Fragen, um die sich Heere von Philosophen und Wissenschaftler schon die Köpfe eingehauen haben. Können wir nicht, werden wir nicht und wollen wir nicht beantworten. Die Antwort könnte schlicht und einfach zeigen, wie unwichtig wir sind.

Beschäftigen wir uns lieber mit der Wiederherstellung unseres Selbstwertgefühls! Auch im Internet gefunden: „Wenn du dich für klein hält, bedenke, was eine Mücke im Schlafzimmer anrichten kann!“ Daraus wir schon eher ein Schuh, der uns passt und gefällt. Eine kleine Mücke kann einen Menschen zur Weißglut treiben und ist sicherlich schon mache Male Ursache für ein zerstörtes Schlafzimmer gewesen. Zur Mücke haben wir jedoch ein schlechtes Verhältnis oder haben Sie schon einmal jemanden erlebt, der ein gutes Wort für diese kleinen Blutsauger hatte.

Nehmen wir lieber den Spruch: „Der ist ein ganz kleines Licht!“ Natürlich wollen wir kein „kleines Licht“ sein. Mit Licht bekommt der Mensch aber schon eine ganz andere Bedeutung. Kaum hat er das Licht der Welt erblickt, mag er sein Licht nicht mehr unter den Scheffel stellen. Das heißt, er erarbeitet sich seinen Platz in der Welt (in seinem kleinen Universum) und je nach Prägung möchte er sich in einem guten Licht darstellen. Wenn er zu der lieben Gattung gehört, möchte er anderen nicht im Licht stehen. Licht hat eine ganz besondere Kraft und Wirkung. Eine kleine Flamme wird leicht gelöscht, hat aber auch die Kraft eine Feuersbrunst zu werden. Ein Glühwürmchen geht in der Dunkelheit unter, eine ganze Bande Glühwürmchen begeistert den Betrachter.

Vergleichen wir den Menschen mit Licht, ist er gar nicht mehr so klein, sofern er sich der Wirkung klar ist, die er haben kann. Mit jeder Geste, jedem Ausdruck, jedem Wort senden wir eine Botschaft nach außen zu den anderen „Lichtern“. Bin ich mir dieser Wirkung bewusst, kann ich sie gezielt einsetzten um mein Umfeld ein bisschen schöner, freundlicher und lebenswerter zu machen. Was haben dann schon drei freundliche „Lichter“ für eine Wirkung oder vier, fünf, sechs … und so geht es immer weiter … viele freundliche Lichter in einem Kiez, einem Bezirk, einer Stadt, einem Bundesland, einem Land, einem Kontinent, unserer Welt. Gäbe es den Mann im Mond hätte auch er sicherlich ein freundliches Lächeln für uns. Das färbt wieder auf die anderen Planeten ab und so geht es immer weiter …

Naiv? Nein, sicherlich nicht … zum Jahresbeginn aber ein Grund sich selber einmal zu hinterfragen. Wir sind im Vergleich mit dem Universum nicht wahrnehmbar. Wahrnehmbar aber für jeden, mit dem wir in Kontakt treten. Alles was wir tun und sagen hat eine Wirkung auf einen anderen, wirft ein Licht auf einen anderen. Selbst unser Denken beeinflusst unser Handeln. Alles was wir von uns geben gleicht einer Visitenkarte. Überlegen wir uns einmal, wie diese Karte aussehen soll. Wie möchten wir von anderen gesehen werden, was soll den anderen in Erinnerung bleiben, mit welchem Ausdruck möchten wir ihnen wieder begegnen. Wie möchten wir behandelt werden. Was erwarten wir, wenn wir auf einen anderen treffen. In welchem Licht möchten wir unsere Welt sehen?

Besonders bedenkenswert dabei, dass weißes Licht eine Mischung aus allen Spektralfarben ist. Fehlt eine Nuance ist es schon nicht mehr weiß. Wir brauchen alle Farbbereiche um annähernd weißes Licht zu erreichen. Der Mensch als Licht braucht also alle Farben um tatsächlich als Ganzes hell zu leuchten … das ist doch eine schöne Vorstellung? Eine bunte Welt in der alle Farben und Lichter ihre Wirkung haben dürfen und gemeinsam leuchten und strahlen. Alle Menschen, gleich welcher Hautfarbe, Nationalität, Herkunft, Religion, Neigung, … alle dürfen in ihrem Licht glänzen! In wie vielen Millionen Lichtjahren wären wir dann noch zu sehen?

Alles Gute zum neuen Jahr
… seinen Sie sich ihrer Wirkung bewusst
… in einem neuen, buntem Licht!

Hinter den Fenstern

Fenster

Im Dunkeln laufe ich gerne durch die Straßen. Besonders gerne, wenn es ruhig ist und noch lieber, wenn das Wetter schon ahnen lässt, dass es Frühling wird. Ich schaue mir gerne die beleuchteten Fenster an und stelle mir vor, was für Menschen dahinter wohnen könnten.

Es gibt so unterschiedliche Fenster. Manche sind hell erleuchtet, mit sittsamen Vorhängen geschmückt, große Leuchter hängen an der Decke. Dort stelle ich mir meistens ein Ehepaar in bestem Alter und geregelten Verhältnissen vor. Eher nichts besonderes, nichts Aufregendes. Manche Fenster sind so mit Blumen vollgestellt, dass dort bestimmt Menschen wohnen, die einen kleinen Schrebergarten haben. Oder ältere Menschen, die etwas brauchen um sich zu kümmern. Andere Fenster wieder lassen einen Blick auf viele Bücherwände zu. Dort wohnen sicherlich sehr kluge Leute. Hin und wieder entdecke ich Fenster, die irgendeinen Hochbau im Raum vermuten lassen. Dort stelle ich mir Familien vor, die nicht so viel Platz und mehrere Kinder haben. Manche Fenster haben das ganze Jahr über Lichterketten im Rahmen. Manche verraten den Fußball-Fanclub und einige verstecken sich hinter Wintergärten.

Es gibt aber auch oft Fenster, die kalt aussehen. Die Beleuchtung ist abweisend und nichts lässt darauf schließen, wer sich dahinter verbergen könnte. Manche haben gar keine Vorhänge oder halb herunter gelassene Jalousien, nichts deutet auf irgendetwas Individuelles hin. Bei solchen Fenstern habe ich keine Vorstellung, wer sich dahinter verbergen könnte. Aber ich denke oft, dass es wohl keine glücklichen Menschen sind, einsame oder auch kranke. So sehr manche Fenster träumen lassen, so sehr weisen andere Fenster den Betrachter ab.

Ich finde, die Fenster kann man mit den Menschen in dieser Stadt vergleichen. Es gibt so unglaublich viele. Und so unterschiedliche – Fenster und Menschen. Mehrere Millionen Menschen. Eine Zahl, die mir oft Angst macht. Die mir deutlich macht, dass ich nur einer von unglaublich vielen bin. Wenn ich die Zahl höre, frage ich mich oft, mit welchem Recht ich mich für einzigartig halte. Warum ich denke, mich gibt´s nur einmal. Warum ich erwarte von anderen gesehen und wahrgenommen zu werden. Warum ich meinen Lebensraum fordere und schütze. Ich überlege dann oft, wie andere mein „Fenster“ wahrnehmen, dass ich nach außen zu zeigen bereit bin.

Die Fenster gehören zur Fassade ebenso wie beim Menschen die Augen. Ich kann sie nach außen schmücken oder eben auch nicht. Wenn ich aber hinein schauen lasse, bestimme ich selber. Das hängt immer von außen ab – wie schön ist es außen, damit ich wie weit das Fenster oder den Blick hinein öffnen kann. Gilt auch für beide – Fenster wie Menschen.

Manch einer mag mich jetzt für neugierig halten, weil ich Fenster im Dunkeln anschaue. Nein, bin ich nicht. Ich interessiere mich für das, was um mich herum passiert, wer neben mir steht, wem ich begegne, wie er aussieht, was für einen Blick er mir gestattet. Denn so unterschiedlich wie die Fenster sind auch die Menschen hier, trotz der vielen Millionen. Ich wünschte, dass es ganz viele „Fenstergucker“ bei uns gibt. Menschen, die sich für die anderen Menschen interessieren. Versuchen in sie hinein zu blicken, versuchen sie zu verstehen.

Menschen sollten immer versuchen „Fenster“ zu öffnen.

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