Knochenbrüche und ausgeschlagene Zähne habe ich erwartet, als meine Tochter mit 5 ½ Jahren zu mir in die Küche kam und erklärte, dass sie von nun an Hockey spielen würde. Das saß! Hatte ich bis dahin die Vorstellung, dass meine Töchter die üblichen „Mädchensportarten“ ausüben würden – Ballett, Tennis, Aerobic, vielleicht Handball oder Volleyball … wurde ich hier von diesem kleinen Bündel recht schnell auf den Boden der Tatsachen geholt.
Ich kannte damals nur Eishockey. Männer in Riesenrüstungen, die selten ein Lächeln zustande brachten, bei dem man keinen Lachkrampf bekam. Das Geräusch von knackenden Knochen und zwischendrin mein kleines Kind. Schreckensbilder vor meinem geistigen Auge und keine Chance – denn das Kind wusste schon immer, was es wollte. Kurze Zeit später zog der erste Hockeyschläger in unser Haus ein. Von nun an sollte das Familienleben von einer Sache bestimmt sein – dem Hockeyfeld.
Es spielt keine Rolle, welche Sportart sich ein Kind aussucht. Wichtig ist, dass es sich eine aussucht. Je nach Neigung eine Mannschaftssportart oder eine Einzelsportart wie Schwimmen, Leichtathletik, Tennis beispielsweise. Der wohl wichtigste Aspekt, warum Kinder Sport machen sollten, ist die körperliche Entwicklung und Fitness. Der Sport als Ausgleich zu oft stundenlangem Sitzen in der Schule. Als Ausgleich zur Ernährung um Übergewichtigkeit auszugleichen oder vorzubeugen. Sport als Förderer der richtigen Haltung und als Vorbeugung um spätere körperliche Fehlstellungen zu vermeiden. Die medizinische Sinnhaftigkeit, dass Kinder wie auch Erwachsene Sport treiben sollten, steht außer Frage. Auch hier zeigt sich der Erfolg meist in dem Satz „Erziehen heißt vorleben!“. Treiben die Eltern Sport, liegt es nahe, dass sich auch der Nachwuchs dafür begeistern lässt.
Neben den körperlichen Vorteilen spielt insbesondere der soziale Aspekt eine wichtige Rolle. Spielt das Kind in einem Team oder einer Mannschaft, lernt es schnell die Bedeutung von Zuverlässigkeit, Kameradschaft, Zusammenhalt kennen. Der viel gerühmte Mannschaftsgeist ist eine große Motivationsquelle, kann begeistern und mitreißen. Zudem werden Durchsetzungs- und Durchhaltevermögen geschult. Das Kind lernt mit Niederlagen zurechtzukommen und dennoch weiter zu machen. Es lernt wie sich konsequentes Training in Erfolg wandeln lässt und idealer Weise erlebt es schöne Siege. Oft stehen Wettbewerbe, Mannschaftsfahrten und Events auf dem Programm. Und nicht zuletzt gründen sich Freundschaften aus einem gemeinsamen Interesse.
Es ist wichtig, dass sich das Kind eine Sportart auswählen kann. Nicht die Eltern sollten beschließen, dass es beispielsweise Fußballspieler wird. Der Papa hat das doch schon so gerne gespielt und sieht den nächsten Franz Beckenbauer im Filius. Nein, das Kind muss Angebote zum Kennenlernen einer Sportart bekommen. Es muss erfahren, ausprobieren dürfen und selber sehen, ob ihm der Sport, die Mitspieler, das Team und der Ort liegt. Dazu gehört natürlich auch, dass Kinder einen Sport ablehnen. Mit Vorwürfen sollte man sich dann zurückhalten. Besser ist es zu ergründen, woran das liegt und das nächste Sportangebot machen.
Hat es schließlich eine Sportart gefunden, die Spaß macht, das Umfeld stimmt und man Trainingstermine einhalten kann, ist das Interesse der Eltern ein nicht zu unterschätzender Faktor. Wenn die Eltern nachfragen, wie es beim Training war, wie die Spiele laufen, ob die notwendige Ausrüstung passt, ist die Motivation weiterzumachen wesentlich höher. Besser ist es natürlich, wenn Eltern mit gehen, zuschauen und sich später über die sportlichen Erfahrungen mit dem Kind austauschen. Vorsicht aber mit ehrgeizigen Plänen. Kaum jemand ist so begabt, dass sich aus Sport eine Profession ergibt und der Lebensunterhalt durch Sport gesichert werden kann. Sport soll in erster Linie Spaß machen und gesundheitlichen Gewinn bringen.
Unsere kleine Hockeyspielerin ist nun erwachsen. Sie spielt immer noch Hockey, hat ihre Schwester von diesem Sport mit begeistert, trainiert kleine HockeyspielerInnen, macht ein soziales Jahr im Hockeyverein und ist DHB-Schiedsrichterin geworden. Ihre FreundInnen sind HockeyspielerInnen und sie plant ein Studium in diesem Bereich. Wir haben unzählige Wochenende auf dem Hockeyfeld verbracht, Nachmittag in Hallen gesessen, Spielpläne studiert und vieles mehr. Der Vater ist ehrenamtlich für den Verein tätig und die Mutter organisiert den logistischen Hintergrund. Der Wille, dass unsere Kinder in einer Sportart Fuß fassen, hat uns als Familie vor allem zwei Dinge gebracht – zwei gesunde Kinder und wunderbare Freundschaften zu anderen Familien.
Ach ja – ein Knochen ist nie gebrochen und die Zähne sitzen auch noch alle am richtigen Platz!
Stadtteilzeitung Steglitz-Zehlendorf, Nr. 177 • Mai 2014
Liebe Anna,
Handball ist auch nicht wirklich ein Sport für Zartbesaitete. Und wer da durch den Kreis rennt, kann sich später auch im wirklichen Leben durchboxen, nicht wahr.
Übrigens kenne ich keinen Sportler, der bei Prüfungen vor lauter Lampenfieber einen totalen Black Out hatte.
Auch heute gehe ich noch ein Mal in der Woche im Vierer den Rhein hoch paddeln. Danach ist der Kopf frei und alles ist gut. Mein Sohn fährt heute auf ein Kanu-Polo-Turnier. Auch die Mädels machen regelmäßig Sport. Sport machen war wahrscheinlich eines meiner wichtigsten Erziehungsziele.
Viele Grüße
von Martina
(auch ein Bundeswehrkind)
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Wenn jemand beim Thema „Sport“ aus Erfahrung spricht, dann wohl du, als aktive Sportlerin und Mutter. Mit dem Handball gebe ich dir recht. Den habe ich wohl unter die Mädchensportarten gepackt, weil ich selber durch den Kreis gelaufen bin … und das Fazit gibt dir ja auch recht. Hab mich erfolgreich durchgeboxt! 😉 Liebe Grüße
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